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in Joko gewesen wäre, auf einer von ihnen nach
Norden marschirt, aber Ngambe liegt so weit westlich,
daß der Weg über Banjo eine Zeitersparniß von
acht bis zehn Tagen bedeutete. Allerdings war mir
bekannt, daß sich die Banjobevölkerung der 4. Kom-
pagnie, die dort vor drei Monaten gewesen war,
gegenüber wenig wohlgesinnt gezeigt hatte, aber in-
zwischen war Ngaundere gefallen und Malam Sibern
aus Jola vertrieben, also wohl auch in Banjo das
Selbstvertrauen etwas gesunken.
Am 5. Dezember schickte ich einen Brief mit
zwei Soldaten an den Lamido Omaru nach
Banjo voraus und erreichte mit der Expedition
die große, feste Tikarstadt Bambam, biwakirte am
folgenden Tage nördlich des hier 300 m breiten,
mannstiefen Mbamstromes und wurde am 7. und
8. Dezember in den großen Städten Mbamkin und
Bondam freundlich aufgenommen.
Das Tikarland ist fruchtbar; Waldstrecken wech-
seln mit Flächen hohen Grases; Oelpalmen sind
zahlreich. Die Bevölkerung macht einen fortgeschritte-
neren Eindruck, sämmtliche Leute sind nach Fullahart
bekleidet, wie überhaupt der jahrelange Einfluß dieser
nördlichen Nachbarn überall zu spüren ist. Unter
dem Druck des Fullaheinbruchs haben sich die Tikars
überall in große, seste Plätze zurückgezogen, in denen
sie despotisch regiert werden. Einige Leute, die, als
Arbeiter nach der Küste gestellt, auf den Expeditionen
im Rio del Rey= und Croßgebiet Verwendung fanden,
haben dazu beigetragen, in ihrer Heimath das Ver-
ständniß für die Absichten der Regierung zu fördern.
Ueberall tritt aber auch im Tikargebiet, namentlich
in Ngambe, das Bestreben der Eingeborenen nach
Decentralisation hervor; sie brauchen keine Einfälle
der Fullahs mehr zu fürchten, wollen aber den
Forderungen an Arbeitsleistungen, die ihre Häupt-
linge an sie stellen, nicht nachkommen und versuchen
sich jedem Einfluß durch versteckten Anban in lleinen
Siedelungen zu entziehen. Dies kann nicht zum
Nutzen des Landes und der Regierung sein, und eine
Hauptaufgabe einer Station dürfte dahin gehen, das
Ansehen der Häuptlinge stets so kräftig zu erhalten,
daß ihnen ein Einfluß auf die Gesammtbevölkerung
gewährleistet bleibt.
An Produkten sind Gummi, Palmkerne und Oel
zu gewinnen, die aber nicht über Yaunde, sondern auf
westlichen Straßen der Küste zugeführt werden müßten.
In dem kaum über mannstiefen Mbam schlug
infolge Unvorsichtigkeit der Insassen ein Kanu um,
wobei vier Yaundes ertranken.
In Bandam traf am Abend des 8. Dezember
ein Bote Omarus ein, der von dem Anmarsch der
Erpedition gehört hatte und uns einen freundlichen
Empfang zusichern sollte. Der Königsbote sorgte
von Lugere Kascholla, dem Grenzdorf des Banjo-
reiches an, wo wir am 9. Dezember eintrafen, bis
zur Hauptstadt für die Unterbringung und Verpfle-
gung der Expedition. Lugere Kascholla, das ist Thal
des Obersklaven, wird von Lamido Omaru als
Zwischenstation für die Haussahändler gehalten, die
von hier — namentlich mit Vieh und Zeugen —
westlich nach Batokum ziehen, wo sie mit den Bafuts
zusammentreffen, um die im Süden so geschätzte
Kolanuß (goro) zu kaufen, die in trefflicher Güte
und großen Mengen angeboten wird. Dieser Kola-
handel ist der Hauptlebenszweig von Banjo. Aus-
schließlich dieser Nüsse wegen kommen die großen
Karawanen den mühsamen Weg über den Gendero
nach Süden. Die Händler, die wir am 10. Dezember
in Seriki Boka (auf der Karte Mesalba) trafen, die
gleichfalls nach Westen mit den Mambula-, Grari-,
Tschinka= und Tem-Heiden handeln und hauptsichlich
Kerne und Oel kaufen, kommen dagegen von Ibi
und den vorgeschobenen Benuestationen her. Es sind
meist Lagosleute, die europäische Stoffe und Artikel
einführen. Jedenfalls sind die von den Fullahs
nicht unterworfenen Heidenländer westlich Banio,
die im Konzessionsgebiet der Nordwest = Kamerun-
Gesellschaft liegen, trotz der jahrelangen Ausbeutung
seitens der Royal Niger Company noch immer reich
an Produkten. Mit der englischen Wasserstraße
dürfte sich aber deutscherseits erst konkurriren lassen,
wenn ein direkter, also billiger Abfuhrweg zur Küste
— sei es durch das Bapagebiet, sei es über die alte
Zintgraffstraße Mungo abwärts geschaffen ist.
War die Vegetation schon seit Bandam mit der
Zunahme von Bergformationen immer spärlicher ge-
worden, so hörte von Ribao, wo wir am 11. De-
zember eintrafen, fast jede Bewachsung auf mit Aus-
nahme der Flußthäler; der Boden wurde steinig,
überall waren bedeutende Erhebungen aufgesetzt. In
Ribao hatte Osman, der Vater Lamido Omarus,
der aus Konscha gekommen ist, wie das Herrscher-
geschlecht Tibatis aus Tschamba, das Ngaunderer
aus Tukurua, sein Kriegslager (conserni), als er
die Mambulas und Kotofauas, denen das Land zu
eigen war, unterwarf; hier liegt er auch begraben.
Abgesehen von seiner historischen Vergangenheit, ist
Ribao ebenso wie Tuburua, wo am 12. Dezember
mehrere Banjogroße mit einem Pferd und zwel Kühen
als Willkommengeschenk die Expedition erwarteten,
ein, elender von armen Sklaven bewohnter Platz.
Am 13. Dezember zogen wir in Banjo ein.
Banjo ist die Hauptstadt des gleichnamigen Sultanats,
das sich bis Konscha im Norden erstreckt, im Osten
an Tibati, im Westen an die Heidenländer längs
des Benue grenzt. Der ungefähr 20 jährige Lamido
Omaru hat seit fünf Jahren tuta und rauani
(Fahne und Turban — das Zeichen der Herrscher-
würde) von Jola. Unser Empfang in Banjo war
freundlich, die Unterbringung und Verpflegung der
Expedition während der drei Tage unseres Dortseins
gut. Banjo ist eine große Bauernstadt, die sich aus
vielen einzelnen Gehöften freier Fullahs zusammen-
setzt, von einer Befestigung ist kaum die Rede, und
die nur in losem Zusammenhang gebaute Stadt hat
sich weit über den einstigen Stadtgraben ausgedehnt.
Größere Baulichkeiten finden sich außer dem ver-
hältnißmäßig kleinen Sultansgehöft überhaupt nicht.
Der Markt und der Verkehr in der Stadt sind groß;