Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

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1½ m hohen Farren und Schilf und ganz ver- 
einzelten Raphia bestanden und den Spuren nach 
von zahlreichen Elephanken und Büffeln bewohnt 
waren. Vom 11. bis 16. Januar 1902 mußte ich 
in Amwum still liegen, da ich mir einige Tage 
vorher beim Durchschreiten eines Sumpfes an einem 
unter Wasser befindlichen Ast den rechten Fuß verletzt 
und dieser sich so verschlechtert hatte, daß ich marsch- 
unfähig wurde, eine einigermaßen auf Genauigkeit 
Anspruch machende Routenaufnahme von der Hänge- 
matte aus sich aber als unmöglich erwies. Am 
18. Januar kam ich dann nach Usullabot und mußte 
hier nach Süden abbiegen, da nach Ost Alles un- 
bewohnt ist; am 20., 21. und 27. Januar habe 
ich noch je mehrere Stunden weit nach Ost er- 
kundet, doch nie Wege oder Spuren von bewohnter 
Gegend gefunden. 
Am 30. Januar traf ich nach Durchschreitung 
einer etwa 20 km breiten unbewohnten Strecke in 
Suankö ein, wo sich ein Posten der Gesellschaft 
Südkamerun befindet und zufällig auch ein deutscher 
Agent anwesend war. Endlich bekam ich Fühlung 
mit den von der Südostecke aus vordringenden 
Deutschen, und der Marsch neigte sich seinem Ende 
zu. Es folgte nunmehr die etwa 90 km breite, 
sogenannte „tote Zone“, und am 5. Februar er- 
reichte ich etwa in ihrer Mitte in Dorgo von Neuem 
den Djah, wo die Gesellschaft Südkamerun einen 
Posten von 4 bis 5 Farbigen unterhält. Hier 
mußte ich liegen bleiben, da es zu Lande keinen 
Weg geben sollte, und auf Boote oder vielleicht den 
Dampfer warten. Leider war auf dem Posten kein 
Kanu oder Aehnliches vorhanden, und ich fand 
meine von Suankö an die Ngokostation vorausge- 
schickten Boten noch hier vor, die ich nun im Falt- 
boot stromab sandte. Die nächsten Tage ließ ich 
am Ufer entlang anfangen, Weg zu schlagen, falls 
ich gezwungen sein sollte, doch zu marschiren, und 
sorgte durch Jagd auf die zahlreich vorhandenen 
Flußpferde für die Verpflegung. Am 10. bezw. 
11. Februar trafen, von Hauptmann Engelhardt ge- 
schickt, vier Kanoes ein, und ich brach nunmehr 
stromab auf, indem ich die Kranken und Lasten in 
den Kanus fahren, alles Andere zu Lande mar- 
schiren lißß. Am 14. Februar wurden die ersten 
Dörfer erreicht, der Militärposten Kunakwel, der 
noch im Bau ist, passirt und auf der Faktorei der 
Gesellschaft Südkamerun in Ngoila gelagert. Hier 
traf am Abend von der stromab gelegenen Faktorei 
Bomedali die Nachricht ein, daß am Nachmittag 
ein deutscher Agent und ein farbiger Arbeiter von 
Eingeborenen angeschossen worden seien; ich schickte 
zum Schutz der Faktorei während der Nacht meinen 
Unteroffizier und vier Soldaten dahin ab, doch ist 
außer einigen gegen die Faktorci aus dem Busch 
heraus abgefeuerten Schüssen nichts weiter vorge- 
kommen. Die Dörfer der an den Feindseligkeiten 
betheiligten Eingeborenen waren am nächsten Tag 
beim Durchmarsch der Expedition natürlich leer, 
  
greisen, nichts zur Bestrafung unternommen, nur 
auf der Faktorei einen Posten von einem Unteroffizier 
und acht Mann zurückgelassen. Am 15. Februar 
1902 traf ich endlich im Lager der Grenzexpedition 
und nach mehrtägigem Aufenthalt daselbst am 
21. Februar auf der Ngokostation ein; der durch 
die Witterungsverhältnisse so äußerst anstrengende 
Marsch war friedlich, ohne irgend welchen Verlust 
an Leuten oder Lasten beendigt. 
Die Kenntniß unserer Kolonie ist durch die Expedition 
wieder um ein Bedeutendes bereichert worden; das 
ganze neuerschlossene Gebiet zeigt sich plötzlich ent- 
gegen den früheren Nachrichten bis auf die kurze, 
bei Benutzung des Wasserweges von Dongo an 
etwa 4 bis 6tägige Strecke von Long nach Kunakwel, 
als gut bewohnt und angebaut, reich an Elfenbein 
und noch ganz bedeutend reicher an Kautschuk. 
Auch glaube ich, daß die Mwaistämme ein ganz gutes 
Trägermaterlal abgeben werden, da die Beschaffung 
von Ersatz für erkrankte Träger dort nie auf 
Schwierigkeiten stieß und ein Mann, der sich frei- 
willig als Träger anbot, die Expedition bis hierher 
mitgemacht hat. Die Bevölkerung war zwar überall 
einer so bedeutenden militärischen Macht von 
29 Polizeisoldaten gegenüber friedlich, doch dürfte 
es angezeigt sein, in einigen Gegenden bald wieder 
Soldaten zu zeigen, um den ersten Eindruck nicht 
zu rasch vergessen zu lassen; besonders da eben jetzt 
mehrere Handelskarawanen der Gesellschaft Süd- 
kamerun dahin vordringen und dort Posten er- 
richten wollen, und, wie der Fall von Bomedali 
zeigt, selbst so nahe der Ngokostation die Einge- 
borenen doch die Macht des Gouvernements und 
den Schutz, den dasselbe allen Europäern gewährt, 
noch nicht recht kennen. Verpflegungsschwierigkeiten, 
vor denen ich vor dem Abmarsch viel gewarnt 
wurde, traten nirgends auf, und ich hätte den von 
jeden Mann der Expedition mitgeführten eisernen 
Bestand von 5 Pfund Reis nicht gebraucht, wenn 
ich von Dongo aus sosort zu Wasser weiter gekonnt 
hätte. Die Ngokostation wird künftig durch unser 
eigenes Gebiet ebenso rasch und, wenn erst die 
Wege etwas hergerichtet sind, noch rascher als über 
den Kongo zu erreichen sein; jedenfalls jetzt schon 
bei Vermeidung der Umwege und Aufenthalte bei 
einem ersten, der Erkundung dienenden Marsche 
bequem in zwei Monaten für belastete Träger; 
sodann aber auch bedeutend billiger, da der Trans- 
port einer Last von 25 kg allein den Kongo herauf 
fast das Doppelte des Trägertransportes kostet, 
wobei ich die verhältnißmäßig hohen Sätze von 
10 Mk. für Lohn und 5 Mk. für Verpflegung pro 
Monat annehme. Ich selbst habe für Verpflegung, 
Führer und ähnliche Ausgaben nur etwa 400 Mk. 
verbraucht, was pro Kopf und Monat etwa 
1 Mk. 50 Pf. beträgt; allerdings habe ich die 
fast überall freiwillig und in ausreichender Menge 
angebrachten Lebensmittel nur mit der ungefähren 
Hälfte des Werthes bezahlt, wobei ich von der 
doch habe ich, um der Ngokostation nicht vorzu- 
Ansicht ausging, daß einestheils in von Europäern 
ging
	        
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