Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

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mit England. Der Verkehr mit den anderen Ländern 
dagegen ist teilweise erheblich zurückgegangen, nament- 
lich der Verkehr mit den afrikanischen Nachbargebieten. 
Diese Verschiebung ist zum Teil zurückzuführen auf 
die Auflösung der Zollunion mit dem QOuittadistrikt 
der englischen Goldküstenkolonie; die Aufrichtung einer 
Zollgrenze am Volta hat bewirkt, daß manche Waren, 
die bisher vom QOuittabezirk aus eingeführt bzw. 
dorthin ausgeführt werden konnten, ihren Weg nun- 
mehr über Lome nehmen. Dies kommt auch in der 
Statistlk des Warenverkehrs nach Einfuhr= bzw. 
Ausfuhrgrenzstrecken deutlich zum Ausdruck, die eine 
Zunahme des Verkehrs über die Küstengrenze von 
1 236 334 Mk. und eine Abnahme des Verkehrs 
über die westliche Landgrenze um 784 872 Mk. 
ausweist. 
  
Deuktsch-Hüdwelkafrika. 
Der Derevo= und Dottentotten= Ausstand. 
274. 
28. Juni. 
Amtlich wird gemeldet: 
Die Hottentotten waren vor der verfolgenden 
Abteilung des Oberstleutnants v. Estorff in die 
Oranjeberge nordwestlich Violsdrist zurückgegangen. 
Von dort zogen sie in nordöstlicher Richtung an 
Auros vorbel, überfielen eine Postpatrouille und 
stahlen bei Warmbad und Gabis eine Anzahl Rinder 
und Maultiere. Oberleutnant v. Stockl mit 70 Mann 
aus Warmbad und Major Rentel mit einer Kom- 
pagnie, zwei Geschützen der Besatzung Kalkfontein 
marschierten dem Feinde entgegen, der nach mehr- 
stündigem Kampfe wieder in südwestlicher Richtung 
zurückgeworfen wurde. Major Sieberg eilte mit 
zwei Kompagnien, zwei Maschinengewehren, einem 
Geschütz, auf den Kanonendonner losmarschierend, 
heran. Er fand bei Erreichung des Gefechtsfeldes 
den Feind schon im Rückzuge begriffen, hartnäckig 
von Rentel verfolgt. Slieberg setzte diese Verfolgung 
sfort. Es fielen im ganzen fünf Reiter, drei sind 
verwundet, einer wird vermißt. In den Kleinen 
Karasbergen überfiel die Patroullle Genschow eine 
Werst. Sie fand dabei ein Kleidungs= und Nahrungs- 
mittellager, das vernichtet wurde. 
Der Gefangenenbestand ist seit Anfang Februar 
um 4000 gestlegen und beträgt jetzt 17,000 Köpfe. 
Die Telegraphenlinie Omaruru—Otjiwarongo— 
Outjo—Waterberg ist sertiggestellt. 
  
Deutsch-NUeu-Guinea. 
Baining, Land und Leute.) 
(Schluß.) 
IX. Charakteristik der Baininger. 
Vom Lande Baining, das wir als ein an Natur- 
schönheiten und an Fruchtbarkelt ausgezeichnetes Ge- 
Sgl. D. Kol. Bl. 1906 S. 280, 313, 346, 440. 
  
blet kennen gelernt haben, wenden wir uns zu seinen 
Bewohnern. Woher stammt der Balninger? Ist 
er der Ureinwohner des Landes oder wurde er erst 
im Laufe der Zeiten von Nachbarstämmen in die 
Berge zurückgedrängt? Eine bestimmte, unanfecht- 
bare Antwort läßt sich auf diese Fragen nicht geben, 
Wir sind auf bloße Vermutungen angewiesen. Die 
völlige Verschledenheit in seinem Außeren sowie seiner 
Sprache von allen seinen Nachbarstämmen, auch auf 
den angrenzenden Inseln, berechtigt uns zur Annahme, 
daß der Baininger schon seit sehr langer Zeit auf 
seinen Bergen ansässig ist, vlelleicht schon, bevor der 
ganze nordöstliche Tell der Gazelle durch vulkanische 
Hebung des Meerbodens entstanden war. In seiner 
Pbysiognomie ähnelt er dem Australier und gewissen 
Negertypen in Afrika mehr, als dem Melanesier 
und Polynesier. Wann er seine heutige Heimat 
v * genommen, bleibt uns wohl ein ewiges 
ätse 
Der Baininger, ebenso wie so vlele andere 
Stämme der Südsee, hat weder Geschichte noch 
Überlieferungen. Die großen Ereignisse, in die er 
verwickelt war, Freud und Leld, das er erlebt, hat 
er ebenso schnell vergessen, als es sich bei ihm ein- 
gestellt hat. Der Charakter des einzelnen, wie er 
später geschildert wird, mag uns gar vieles erklären, 
was sonst ein Rätsel zu sein scheint. Ein Volk, 
das tausend Jahre auf einer Scholle sitzt und nichts 
von seinen Vorfahren zu berichten weiß, gibt uns 
keine hohe Idee von seinem Geistesleben. Die Ge- 
schichte unserer gesitteten Länder zeigt uns einen 
steten Wechsel des Menschen „vom Schlechten zum 
Guten, vom Guten zum Vortrefflichen, vom Vor- 
trefflichen zum Schlechteren und Schlechten“. — 
Nicht so hier! Ewiger Stillstand und Todl Erst 
jetzt in unseren Tagen wacht das Volk in Berührung 
mut der christlichen Kultur aus seinem langen Schlafe 
auf und erfährt von dem, was ihm so lange ver- 
borgen, ja dessen es sich überhaupt nicht bewußt 
war, vom Ursprung des Menschen, was er ist und 
was er sein soll. 
Der Baininger nennt sich a chächracha (Plural: 
D chächat) im Gegensatz zu seinen Nachbarstämmen, 
den a lba. Eine allgemeine Bezeichnung für sein 
Land kennt er nicht; er hat es aber in verschiedene 
Gaue eingeteilt, von denen ihm natürlich nur die- 
jenigen bekannt sind, die in seinem Gesichtskreis 
liegen. So z. B. unterscheiden wir in Nord= und 
  
West-Baining: die Puktas, die Kara, die Loan, die 
Lassul, die Takes, die Chumkina u. a- m., und in 
Ost-Baining die Wir, die Bämen u. s. f. Diese Ge- 
biete grenzen entweder aneinander oder sind durch 
Täler, Flüsse oder unbewohnte Strecken voneinander 
getrennt. Die Grenznachbarn der Baininger: die 
Uferleute, die Taulil, die Nakanai und Sulka be- 
zeichnen den Baininger mit verschiedenen Benennungen, 
wie a baining (wahrscheinlich Buschgänger), a ma- 
tainingit (Körbchenflechter), a kaktai oder a pale-
	        
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