Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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greifenden Mähnenlöwen auf knapp fünf Schritt 
die Kugel geben konnte, als er den neben mir 
stehenden Askari niedergeschlagen hatte und auf 
ihm lag. Der Askari, ein Massai, kam zwar 
davon, doch hatte sein linker Arm so heftige 
Bißwunden davongetragen, und auch sonst hatten 
die Krallen des Löwen seinen Körper so tief 
gepackt, daß er tagelang an Wundfieber litt und 
zur Hauptkarawane gesandt werden mußte. Zwei 
Tage darauf wurde von Dr. Schubotz ein Rudel 
von sechs Löwen gesichtet und bis in ein dichtes 
Buschwerk in einer Talschlucht verfolgt. Obgleich 
die Raubtiere ihn teilweise in dem sehr hohen 
Grase bis unmittelbar heranließen, ehe sie mit 
elnem grollenden Tone flüchtig wurden, um dann 
bies Spiel aufs neue zu wiederholen, war doch 
ein guter Schuß des Grases wegen nicht möglich. 
Als mit einem Aufgebot von fünfzig Trägern 
dieses Buschwerk am Nachmittag durchgetrieben 
wurde, gelang es mir, zwei Löwen zu erlegen, 
während zwei krankgeschossene leider noch ent- 
kamen; Leutnant Wintjens schoß ebenfalls ein 
starkes weibliches Exemplar. Einen ganz kapi- 
talen, alten schwarzgemähnten Löwen konnte ich 
dann noch zur Strecke bringen, als ich, in der 
Nacht dem Gebrüll nachgehend, ihn im ersten 
Morgengrauen am geschlagenen Wilde überraschte. 
Das häufige Vorkommen dieser Tiergattung, und 
zwar in zwei völlig verschiedenen Arten, einer 
langhaarigen hellen, schlechtgemähnten, und einer 
kurzhaarigen, dunkleren, sehr stark gemähnten, ist 
insofern hier von Interesse, als von fachmännischer 
Seite dies stark bezweifelt oder als höchst un- 
wahrscheinlich bezeichnet worden ist. 
Die Aufrechterhaltung der Verbindungen in 
diesen völlig unbewohnten und unbekannten Ge- 
bieten bot nicht geringe Schwierigkeiten. Die 
Eingeborenen gaben öfter völlig widersprechende 
und erlogene Berichte, so daß die Askari, die 
mit der Beförderung der Briefe beauftragt waren, 
schweren Stand hatten, die Richtung fälschlich 
änderten, die Einzelkarawanen verfehlten und 
daher Konfusionen unangenehmer Art verursachten. 
Während in der ersten Zeit Lichtsignale in Form 
von Leuchtraketen gewechselt werden konnten, 
mußte dieses Hilfsmittel bald der Unübersichtlich- 
keit des Geländes wegen (wellenförmiges Terrain 
mit nach Süden dichter werdendem Buschbestand) 
eingestellt werden. So blieben wir oft längere 
Zeit ohne Nachricht voneinander. 
Leutnant Wintjens, Dr. Schubotz und ich 
marschierten am 14. Juli auf Umwegen durch 
die Steppe wieder nach Südwesten an den Lu- 
bogora, der hier den Namen Lulenge führt, 
zurück, um dann das Lager weiter südlich an den 
Runoni zu verlegen, wo überall durch reichliche 
Geschenke Beziehungen mit den Mtuales Ost- 
  
Ruandas angeknüpft wurden. Denn hier traten 
uns schon die vornehmen, fast zwei Meter hohen 
Gestalten der Watussi entgegen, die, zur Be- 
grüßung kommend oder Verpflegung bringend, 
im Lager erschienen, sich hier den neuen Ein- 
drücken mit unverhohlenem, schlecht verborgenem 
Erstaunen hingaben, und dann, alle eng anein- 
andergedrückt, den Speer aufrecht gestellt, in 
hockender Stellung in die Europäerzelte hinein- 
starrten. 
Hier treunte sich Dr. Schubotz von uns und 
marschierte direkt an das Westende des Mohasi, 
um dort der noch unerforschten Sumpf= und 
Wasserfaung, dem Plankton und der Tiefsee eine 
zeitlang seine besondere Aufmerksamkeit zu widmen. 
Wintiens und ich erreichten am 28. das 
Ostende des Mohasi, zu unserer Überraschung 
einen Tag früher, als erwartet. Leutnant v. 
Wiese hatte hier schon seit längerer Zeit sein 
Standlager dazu benutzt, um interessante ethno- 
graphische Sammlungen anzulegen und Beob- 
achtungen zu machen. So wurde eine größere 
Anzahl Amulette gesammelt und eine Liste aller 
hier vorkommenden Tätowierungen angelegt, die 
wertvolle neue Aufschlüsse bringen wird. 
Die meteorologischen Aufzeichnungen ergaben 
am Ostende der Mohasi recht geringe Tempe- 
raturunterschiede. Die Messungen ergaben als 
Durchschnitt folgende Ablesungen: Früh 6 Uhr: 
17,5 Grad Celsius, nachmittags 2 Uhr: 25,5 Grad 
Celsius, abends 9 Uhr: 19,5 Grad Celsius. Die 
Windstärke ist ebenfalls nur unerheblichen Schwan- 
kungen unterworfen und hat als Durchschnitt, zu 
denselben Zeiten gemessen, ergeben: Früh 6 Uhr: 
Stärke 2, nachmittags 2 Uhr: Stärke 3, abends 
9 Uhr: Stärke 2—3, während nur einmal Wind- 
stärke 5 registriert werden konnte. 
Am Kiwu-See. 
27. August. 
24 Kanus, Einbäume mit vorne weggeschnit- 
tenem Bug und etwas eingezogenem Heck, er- 
warteten uns in Buyonde, als wir mit der 
Karawane den letzten Steilabfall zur Mecklenburg- 
Bucht des Kiwu-Sees (von Dr. Kandt so genannt) 
hinabkletterten. Die Boote waren ans Ischangi 
am Südende des Sees und Kissenyi, unserem 
Zielpunkte am Nordende, hierherbestellt. Von 
Dr. Schubotz und Mildbread, dem Zoologen und 
Botaniker, hatten wir uns bei dem Sultan 
Msinga getrennt, da diese beiden Herren eine 
Entdeckungstour in die Urwaldgebiete zwischen 
der Hauptstadt Niansa dieses Herrschers und 
dem Südende des Sees zu unternehmen beabsich- 
tigten, während Dr. Czekanowski sein reichhaltiges 
ethnographisches Material durch die Unterstützung 
der Mission noch zu vervollständigen gedachte.
	        
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