Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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Deutsch-Ostafrika. 
Die zentralofrikanische Sxpebitton S. 5. des Perzgogs 
Kdolf Friedrich Ju Oechienburg-Schwerin.“) 
Katana am Südende des Albert-Edward-Sees, 
Ende November 1907. 
Während die anderen Herren der Expedition 
noch mit Erfüllung ihrer Spezialaufgaben in den 
Gebieten des Nord-Kivu und im Vulkangebiet 
beschäftigt waren, marschierten Dr. v. Raven, 
Leutnant v. Wiese und ich nach dem kongolesischen 
Posten Rutschuru voraus, der auf halbem Wege 
etwa zwischen der deutschen Grenze und dem 
Albert-Edward-See liegt. Dort erwartete uns 
der liebenswürdige „Commandant supérieur des 
territoires Russissi-Kivou“, dessen Machtbereich 
sich vom Tanganjika bis Béni erstreckt. In Bo- 
suenda meldete sich der Leutnant Vériter, der 
uns für die kommende Zeit attachiert worden war. 
Bosuenda ist ein hochgelegenes, aus gut 
gebauten Banda bestehendes, einen Tagemarsch 
von Rutschuru entferntes Lager (gite), von dem 
man an klaren Tagen den schimmernden Spiegel 
des Albert-Edward-Sees sehen und die Konturen 
des 150 km fern liegenden Ruwensori-Schnee- 
gebirges unterscheiden kann. Von hier fällt der 
Weg ziemlich steil in die Ebene des Rutschuru- 
slusses ab, was sich in der wachsenden Temperatur 
bemerkbar machte und von uns Kältegewohnten 
— kamen wir doch gerade von der Besteigung 
der Vulkane, auf denen ein eisiger Wind wehte 
— besonders empfunden wurde. 
Am JFuße des Hügels, der den Namen 
Rutschurn trägt, wurde auf einer gangbaren 
Brücke, der einzigen, die ich bis jetzt im Kongo- 
staate sah, der wildrauschende, in schönem Galerie- 
wald dahinfließende Rutschuru überschritten. Ein 
breiter Weg führt von hier zum Posten hinauf, 
an dessen Eingang uns der Commandant 
Supérieur mit den kongolesischen Herren und der 
etwa 150 Mann starken Kompagnie empfing, die 
einen vorzüglichen Eindruck machte. 
Rutschuru besteht aus einem kleinen, fast euro- 
päisch angelegten Fort mit Wall und Graben, dem 
300 m abgelegenen Askaridorf und einer kleineren 
Anzahl strohgedeckter Europäerhäuser. Es ist Sitz 
des „Chef de zone“, Kapitäns Baudelet, und 
des „Chet de secteur“, Leutnants Spiltoir. 
Eine Schilderung der von Deutsch-Ostafrika. 
wesentlich abweichenden Einrichtungen des Kongo- 
staates würde hier naturgemäß zu weit führen. 
Erwähnt möge nur das System der Steuerzahlung 
zoge Aushüe aus den Reiseberichten des Her- 
K cr „ s « « 
mosan äglichen Rundschan .Bygl. „Kol. Bl. 
3. Seitc 111 
  
sein. Ihre Höhe wird vom Chek de secteur 
bestimmt und schwankt zwischen 6 bis 24 Fr. 
Kopfsteuer für das Jahr, während der gewöhn- 
liche Satz 1 Fr. für den Monat = 12 Fr. für 
das Jahr beträgt. Im Nichtzahlungsfalle tritt 
an Stelle der Steuer eine monatliche Leistung 
von vier Arbeitstagen, die aber wiederum mit 
2 Cts. täglich vergütet werden. Die Zahlung 
geschieht in Stoffen oder Perlen; Geld ist völlig 
unbekannt. 
Nach viertägigem Aufenthalt in Rutschuru, der 
uns durch das liebenswürdige Entgegenkommen 
aller dortigen Herren äußerst angenehm gestaltet 
wurde, brachen v. Raven, Wiese und ich in Be- 
gleitung des Leutnants Vériter und einer kleinen 
Eskorte kongolesischer Askari weiter nach Norden 
auf, um die Ebene des Rutschuru bis zum 
Albert-Edward-See nach allen Richtungen 
einer genaueren Erkundung zu unterziehen. Der 
sehr windungs= und wasserreiche Fluß, der mit 
mäßiger Geschwindigkeit dahinfließt, hat eine 
Durchschnittsbreite von etwa 30 m und mündet 
östlich des Unteroffizierpostens Vitschump, in der 
Nähe des Dörschens Katana in den Albert- 
Edward-See. An seinen beiden Seiten zeigt sich 
ein ganz ungewöhnlicher Reichtum an Wild. 
Unsere zoologische Sammlung konnte hier 
außerordentlich komplettiert werden. Da ich 
glaube, daß diese Sendungen die ersten größeren 
aus diesem Gebiete sind, welche dem Berliner 
Zoologischen Museum vorliegen werden, so dürften 
sie einen wesentlichen Beitrag zur Frage der 
Matschieschen, die Formenverschiedenheit in den 
einzelnen Seen= und Flußgebieten betreffenden 
Theorie liefern. Besonders interessieren dürfte 
dieser Vergleich bei einer größeren Anzahl der 
von uns hier erlegten Büffel und bei sechs Löwen. 
Die teilweise recht starken Büffelgehörne zeigen 
einige Ahnlichkeit mit dem Kaffern-Büffel Ost- 
afrikas, sind aber gedrungener in der Form, bei 
mehr nach oben gebogenen Spitzen. Von der 
im Bugoie-Wald vorkommenden Art unterscheiden 
sie sich wesentlich. Während wir diese letztere 
nur im dichtesten Walde an fast unzugänglichen 
Stellen fanden, konnten wir die hiesige Form 
stets im lichten Busch oder auf ganz freier Fläche 
zu allen Tageszeiten beobachten. Ein ganz 
kapitaler alter Einzelgänger hat über der Stirn 
eine Breite von 30 cm bei einer Auslage von 
97 cm. 
Raubzeug ist sehr häufig. Von Holz 
sammelnden Trägern wurden, nicht 300 m vom 
Lager, zwei Mähnenlöwen und zwei Löwinnen 
mit drei größeren Jungen schlafend gemeldet. 
Im ersteren Falle kam ich zu spät, im zweiten 
gelang es mir, eine schwächere Löwin zu erlegen,
	        
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