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rasch ganz von selbst das leitende Prinzip, der
Hauptkolonisationszweck, zu werden, dem sich alle
übrigen erstrebenswerten Ziele unterzuordnen
haben. Und mit Recht. Denn eine erfolgreiche
Ansiedlung pflegt auch die übrigen kolonialen
Zwecke, den Handel mit dem Mutterlande und
die zweckmäßigste Ausnutzung der natürlichen
Landeskräfte zu fördern, während sie anderseits
zur Ausbreitung heimischen Volkstums, heimischer
Sprache und Sitte dient, das neue Land dem
Mutterland auch innerlich dauernd zu eigen
macht und so eine feste Erweiterung der Macht-
bafis des letzteren bedeutet. Alle großen Kolonial-
völker der Vergangenheit und Gegenwart, Phö-
nizier, Griechen, Römer, Spanier, Portugiesen,
Holländer und Engländer haben ihre Weltmacht-
stellung und ihren weltbewegenden Einfluß der
Hauptsache nach auf Siedlungskolonien auf-
gebaut. Das Band, welches einmal gefestigte
Siedlungskolonien mit dem Mutterland verbindet,
ist ein äußerst zähes und kann selbst den staat-
lichen Zusammenhang überdauern. Australien
und Kanada würden selbst im Fall einer po-
litischen Loslösung von England, gleich den Ver-
einigten Staaten, kaum aufhören, Hochburgen
angelsächsischen Geists, englischer Sprache und
Sitte in der Welt zu bleiben.
Erfüllt demnach ein Kolonialland die Be-
dingungen, welche einer dauernden Ansiedlung
des kolonisierenden Volks in größerem, geschlossenem
Umfang und entsprechender Volkszahl wirklich
günstig sind, so ergibt sich schon daraus seine
Einreihung in die vornehmste Klasse kolonialer
Besitzungen.
Als ein Siedlungsland im vorstehenden
Sinne kommt von den deutschen Kolonialbe=
sitzungen aber allein Südwestafrika in Betracht.
Mit Ausnahme allerdings seiner Nordwestecke,
des Ambolandes, dessen Klima der Existenz von
weißen Familien nicht günstig ist, auch schwere
Arbeit von Weißen nicht gestattet. Dieser Teil
des Landes nähert sich in seinem ganzen Charakter
schon den tropischen Gebieten Afrikas und wird
als Pflanzungskolonie vorteilhaft zu entwickeln
sein. In dem ganzen übrigen Gebiet ist das
Klima als für das Gedeihen der weißen Rasse
durchaus günstig zu bezeichnen. Ist aber diese
eine Grundbedingung der Besiedlung vorhanden,
so entsteht die weitere Frage nach den natür-
lichen Wertquellen des Landes, auf welche
mit Arbeit und Kapital eine Entwicklung des-
selben ausgebaut werden kann.
Zunächst die zweifellos sehr reichlich vor-
handenen Erzlager. Trotzdem das gewaltige
Gebiet bisher nur in ganz unzureichendem Maße
an einzelnen Stellen prospektiert worden ist,
liegen bekanntlich bereits eine Reihe wichtiger
geologischer Entdeckungen vor, welche teils (wie
bei den verschiedenen Kupfer-Vorkommen) direkte
Funde von Erzlagern darstellen, teils, wie bei
Diamanten, Gold, Kohle, Zinn, einstweilen erst
auf die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit des
Vorkommens dieser Mineralien in abbauwür-
digen Mengen und Formen hinweisen. Von den
Kupferminen sind als abbauwürdig erwiesen und
bereits in Betrieb befindlich die von Tsumeb und
Guchab im Bezirk Grootfontein. Mit ziemlicher
Sicherheit kann auch die Rentabilität der Otjo-
songati-Minen (Bezirk Windhuk) — wenigstens
für den Kleinbetrieb — angenommen werden.
Für eine Reihe anderer Minen sind bereits Ge-
sellschaften gebildet oder noch in der Bildung
begriffen.
Schwierigkeiten für alle Minenbetriebe bereitet
neben der Verkehrsverbindung — namentlich in
der Mitte und im Süden — die Wasserfrage.
In vielen Fällen wird sie sich allerdings ohne
unverhältnismäßige Unkosten lösen lassen. Von
großer Wichtigkeit ist daneben die Kohlenfrage;
denn die importierte Kohle, welche für jetzt
natürlich allein in Betracht kommt, — z. B. beim
Betrieb der Tsumeb= und Guchab-Mine — ver-
teuert jedes Unternehmen beträchtlich.
Es wäre daher z. Zt. das Auffinden abbau-
würdiger Kohlenlager im Lande bedeutungsvoller
als etwaige weitere Funde anderer Mineralien.
Stellen, wo solche Lager nach der geologischen
Formation verwertet werden können, sind vor-
handen und es ist dringend wichtig, eingehende
Probebohrungen so bald als möglich einzuleiten.
Eine wesentliche Förderüng in der Erforschung
der Erzvorräte des Landes wird durch die Tätig-
keit eines Konsortiums zu erwarten sein, welches
aus Frankfurter Finanzleuten mit einem nam-
haften Kapital neuerdings gebildet, die Einrichtung
eines Laboratoriums in Swakopmund bezweckt,
in dem alle Mineralfunde aus dem Lande fort-
laufend untersucht, nach den Fundstellen ein-
getragen und begutachtet werden sollen.
Neben der Erzindustrie steht als vornehmste
Besiedlungsbasis die Landwirtschaft. Ihre
erste natürliche Grundlage bildet die Weide.
Im Gegensatz zu den relativ geringen Wald-
resten ziehen sich die Weidefelder in einer Aus-
dehnung von insgesamt etwa 55 Millionen
Hektar längs von Süden nach Norden durch das
ganze Schutzgebiet. Sie repräsentieren den Boden
für die extensive Farmwirtschaft und damit die
Grundlage der ersten ländlichen Besiedlung über-
haupt. Die zweckmäßigste Art der Viehwirtschaft
ist je nach der Gegend völlig verschieden.
Im Süden, dem Großnama= und Bastard-
Land, finden sich neben äußerst nahrhaften und
zarten Gräsern in großer Anzahl eine Reihe auch