Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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Der Verkehr an ausländischen Schiffen betrug 
im Jahre 1906: 374 Dampfer mit 936 675 Tons 
und 63 Segler mit 27 158 Tons. 
Der Import ausländischer Waren belief sich im 
gleichen Jahre auf 37 178 000 Milreis, der Export 
inländischer auf 20 150 000 Milreis. 
Die hauptsächlich ausgeführten Waren sind: 
Baumwolle füretwa 8 Millionen Milreis 
Zucker . 5 - - 
Carneubawachs . - 22,5 - - 
Häute . 7 * 1,6 -v" - 
Baumwollsamen= 007 - - 
Rizinussamen 20,5 - - 
Die Hauptprodukte im Staate Pernambuco: 
Baumwolle, Zucker und Branntwein sollen 
nunmehr beschrieben und dabei soll auf gleiche 
Produktionen in anderen Staaten Brasiliens Rück— 
sicht genommen werden. 
Baumwolle. 
Der Baumwollbau Brasiliens erstreckt sich vom 
Staate Maranhäo bis südlich nach Sao Paulo. Er 
hat trotz der verschiedensten Anregungen keine den 
dortigen Boden= und Klimaverhältnissen entsprechende 
Steigerung erfahren. Die Hauptproduktion befindet 
sich in den Staaten Pernambuco, Parahyba, Ceará 
und Alagoas. Wie bei allen anderen landwirtschaft- 
lichen Kulturen wird auch bei dem Anbau der 
Baumwolle der Boden nicht den neueren Erfahrungen 
entsprechend bearbeitet und gedüngt. Trotzdem ist 
aber der Ertrag, sobald nur genügend Feuchtigkeit 
vorhanden ist oder Regenfall eintritt, recht zufrieden- 
stellend. Die hauptsächlich angebauten amerikanischen 
Sorten sind unter dem Namen Sertäo Premiero, 
Limiero Premiero und Limiero Orva dort bekannt. 
In neuester Zeit hat man auch mit der australischen 
Caravonica-Baumwolle Versuche gemacht. Die 
Limiero Premiero wird in vier bis fünf Monaten, 
die Limiero Orva in sechs und die Sertäo in zwölf 
Monaten reif. 
In den meisten Staaten wird der Baumwollbau 
im kleinen betrieben, die Arbeit von den Familien- 
mitgliedern besorgt, derart, daß zwischen der Baum- 
wolle Nahrungsmittel, wie Mandioka, Mais, 
Bohnen usw. angebaut werden. Besonders geschieht 
dies in Gegenden, die, wie z. B. der Staat Ceará, 
nicht immer auf genügenden Regenfall rechnen können 
und deshalb unter Mißernten leiden. In solchen 
Fällen pflegt dann wenigstens die eine oder andere 
Aussaat einen Ertrag zu geben und die Pflanzer 
vor der größten Not zu schützen. Viel weniger 
findet man Reinkulturen von Baumwolle oder aus- 
gedehnte Pflanzungen. 
Die in vier bis fünf Monaten reifen Sorten 
beginnen gewöhnlich 120 bis 160 Tage nach dem 
Pflanzen zu blühen, je nach Klima und Boden- 
beschaffenheit reifen die Kapseln in weiteren vier 
  
bis sechs Wochen. Sobald die reife Kapsel sich 
öffnet und Baumwolle herausquillt, ist die Zeit für 
die Ernte gekommen. Diese findet während drei 
Monaten in drei Pflückzeiten statt. Zuerst reifen 
gewöhnlich die am unteren Teil der Pflanze befind- 
lichen Kapseln, dann die mittleren und schließlich die 
an der Spitze befindlichen. Die erste Ernte von 
dem unteren Teil der Pflanze ist die ertragreichste. 
Die beste Tageszeit für das Pflücken ist die von 
der neunten Morgenstunde ab, wenn die Sonne 
den Tau und die Feuchtigkeit der Nacht von der 
Baumwolle getrocknet hat. Die Ernte wird haupt- 
sächlich von weiblichen Arbeitskräften und Knaben 
besorgt. Diese sind mit einem Sack ausgerüstet, der 
an dem Körper befestigt ist und so beide Hände 
zum Pflücken frei läßt. Die Arbeitszeit beträgt ge- 
wöhnlich 7 ½ Stunden, und zwar von 9 bis 12 Uhr 
und von 1⅛ bis 6 Uhr. Während dieser Zeit 
kann eine Person zwischen 20 und 25 kg Baum- 
wolle pflücken. Die Baumwolle wird mit den 
Kernen aus der Kapsel herausgenommen, wobei 
darauf geachtet werden muß, daß nichts an den 
Kapselwandungen hängen bleibt. Meistens wird 
alle gepflückte Baumwolle in den gleichen Sack ge- 
tan, obgleich eine Sortierung nach Qualitäten schon 
während des Pflückens sehr vorteilhaft wäre, denn 
vielfach haften an der gepflückten Baumwolle noch 
kleine Kapselteile, oder sie ist nicht vollständig trocken, 
manchmal auch nicht ganz reif. Die hieraus sich 
ergebenden verschiedenen Qualitäten sind später sehr 
viel schwieriger zu trennen. Wenn die Errntezeit 
nicht sehr trocken ist, muß die Baumwolle nach 
dem Pflücken noch in die Sonne gelegt werden, 
um vollständig zu trocknen oder nachzureifen. 
In jedem Baumwollbezirke befinden sich ge- 
wöhnlich eine oder mehrere Kommunen oder Städte, 
wo die Aufkäufer wohnen, die den kleinen Pro- 
duzenten ihre Baumwolle abnehmen. Die Aufkäufer 
haben auch meistens ein Warenlager und versorgen 
die Produzenten mit den nötigen Waren. Häufig 
werden die Waren auf Kredit gegeben mit der Ver- 
pflichtung, das Konto bei der Ernte durch Baum- 
wolle wieder auszugleichen. 
Der Ertrag der Baumwolle schwankt in den 
verschiedenen Staaten Brasiliens je nach der Qua- 
lität des Bodens und nach dem Regenfall. Man 
rechnet auf den Hektar in Pernambuco 1000 kg, 
in Bahia 800 bis 1200 kg und in Sio Paulo 
1500 bis 1800 kg Rohbaumwolle. Die Kultur- 
kosten schwanken je nach der Bearbeitung pro Hektar 
zwischen 120 und 110 Milreis. In Limiero, einem 
der Hauptbaumwollbezirke von Pernambuco, wurden 
1907 pro Kilogramm Nohbaumwolle 250 Reis 
gezahlt. Der Hektar, nur mit Baumwolle bebaut, 
brachte somit einen Reinertrag von etwa 100 bis 
120 Milreis. · 
Die gemischte Pflanzung in der Nähe von 
Limiero stellte sich etwa wie folgt: Es wurden 
auf 100 Braga = 2 Alqueira oder 5 ha ausgesät:
	        
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