Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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jährlichen Ausgaben eines Zöglings für seinen 
Aufenthalt in der Anstalt niemals die Gesamt- 
summe der oben angeführten Beträge. Diese Kosten 
werden nämlich vom Schüler dank einem sinn- 
reichen und für jedes ähnliche Institut nachahmens- 
werten System nur zum Teil in bar, im übrigen 
durch seine Arbeit aufgebracht, die sich aus dem 
folgenden ergibt. — 
Als die Basis des ganzen Ausbildungsganges 
ist von den an der Anstalt abgehaltenen Kursen 
der sog. „academic course“ anzusehen; sämtliche 
Studierende müssen ihm, sei es als Besucher der 
„day school“, sei es als solcher der „night school“, 
angehören. 
Wie überhaupt die amerikanischen „Colleges“ 
ihre Hauptaufgabe darin sehen, ihren Angehörigen 
eine gute Allgemeinbildung zu gewähren als Er- 
gänzung der Schulbildung ohne sofortige In- 
angriffnahme eines Fachstudiums, so versucht auch 
Hampton zunächst seinen Zöglingen eine ihren 
besonderen Lebensverhältnissen entsprechende All- 
gemeinbildung zu geben. Dies geschieht vor- 
nehmlich in der „day school“, deren Aufgabe es 
ist, dieienigen Zöglinge heranzubilden, die sich in 
der Hauptsache theoretischen Studien widmen 
wollen, gewöhnlich in der Absicht, später an der 
Anstalt selbst oder ähnlichen Instituten Lehrer zu 
werden. Der Kursus ist ein vierjähriger; die 
Studierenden zerfallen dementsprechend in vier 
Klassen: „Junior hear“, „Junior middle hear“, 
„Senior middle hear“ und „Senior hear“. Dieser 
Kursus ist der kostspieligste; allein dem Prinzip 
größtmöglichster Billigkeit folgend, sind die Lehr- 
pläne so eingerichtet, daß an ein bis zwei Tagen 
in der Woche den Schülern Arbeit um Lohn er- 
möglicht wird. Was sie auf diese Weise sich ver- 
dienen, wird ihnen an Kostgeld abgerechnet. Für 
den Neger und Angehörigen der niederen Volks- 
schichten darf das zu erreichende Ziel nicht zu 
hoch gesteckt werden; der Begriff der Allgemein- 
bildung kann nicht der gleiche sein wie an einer 
Hochschule. Daher enthält auch der Studienplan 
sämtlicher Klassen der „day school“ neben den 
üblichen Realfächern das Fach „Manual training“: 
Das Bekanntmachen mit den notwendigsten Hand- 
werksarbeiten für die Jünglinge und den wich- 
tigsten Haushaltungszweigen für die Mädchen. 
Außerdem werden sämtliche Zöglinge in die Grund- 
lagen der Landwirtschaft im zweiten und dritten 
Jahre eingeführt. Individueller Vorliebe wird 
nach Möglichkeit Rechnung getragen, so namentlich 
im letzten Jahre für diejenigen, die sich zum Lehrer- 
beruf ausbilden lassen wollen. 
In die „night school“ (Abendschule) lassen 
sich alle diejenigen Studenten einschreiben, die 
von Anfang an ein Fachstudium (Landwirtschaft 
  
oder ein Gewerbe) ergreifen oder der Anstalt zu- 
nächst als sogenannter „work student"“ angehören. 
Hier rückt also die theoretische Ausbildung an die 
zweite Stelle. Mit Ausnahme des „Manual 
training“ werden in der „night school“ sämtliche 
Fächer der „day school“ gelehrt; sie zerfällt in 
die gleichen Klassen, nur mit der Maßgabe, daß 
die Bewältigung des gleichen Pensums in der 
„night school“ doppelt so viel Zeit wie in der 
„day school“ beansprucht. 
Der landwirtschaftliche Studiengang 
umfaßt zwei Kurse. Zum Eintritt in den ersten 
ist die Beendigung des ersten „Junior hears"“ in 
der „night school“ oder der ersten Hälfte des 
„Junior hears“ in der „day school“ erforderlich. 
Der ganze erste Kursus dauert drei Jahre. Der 
Übergang von einem Jahrgang in den nächsten 
ist in gleicher Weise von den Fortschritten in der 
„night school“ wie in der Fachschule abhängig. 
Neben dem theoretischen Unterricht findet eine 
gründliche Ausbildung der Schüler in den Farm- 
und Meiereiarbeiten sowie den einschlägigen Hand- 
werksarbeiten staft. Der zweite landwirtschaftliche 
Kursus von einjähriger Dauer umfaßt vor allen 
Dingen genauere theoretische Ausbildung (Chemie 
usw.) und ist nur den Fortgeschritteneren, welche 
den ersten Kursus erfolgreich absolviert haben, offen. 
Durch produktive Arbeit kann der Zögling des 
„agricultural course“ die Kosten seiner Ausbil- 
dung auf 35 bis 50 8 im Jahre herabdrücken 
(statt 100 8). 
Wie der landwirtschaftliche Kurfus, sind auch 
die gewerblichen Kurse nur den Jünglingen 
zugänglich. Sie umfassen dreizehn verschiedene 
Berufszweige. Mit Ausnahme der Berufe des 
Maschinisten, Druckers und Kunsttischlers, wo die 
erfolgreiche Vollendung des ganzen „Junior hear“ 
Eintrittsvorbedingung ist, genügt die gleiche Vor- 
bildung wie für den landwirtschaftlichen Kursus. 
Die Dauer der Ausbildung ist auf 28 Monate 
berechnet bei achtstündigem (im Sommer neun- 
stündigem) Arbeitstage in der Fachschule. Abge- 
sehen von der durch hervorragende maschinelle 
Hilfsmittel unterstützten technischen Ausbildung 
erhält der Schüler auch hier Gelegenheit, durch 
produktive Arbeit zu verdienen. Wie den 3ög- 
lingen der „day school“ wird außerdem hier 
gewöhnlich ein wöchentlicher Arbeitstag den 
Studenten zugebilligt, an dem sie um Lohn 
außerhalb der Fachschule arbeiten können, da sie 
namentlich im ersten Jahre noch wenig innerhalb 
ihres Fachstudiums produktiv leisten können. Die 
Zahl der Schüler in diesen Kursen ist naturgemäß 
beschränkt. Durch die Einrichtung der „works 
students“ ist jedoch selbst bei Uberfüllung die 
Aufnahme in die Anstalt möglich gemacht.
	        
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