Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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Sandbank nahe bei Potomo überzusetzen, und der 
unter eigener Gefahr aus dem ihm feindlich ge- 
sinnten Dorfe Loniu ein seetüchtiges Kanu requi- 
rierte, mittels dessen es wenigstens mir und dem 
ersten Offizier des „Seestern“ möglich wurde, 
nach dem bei Pitelu liegenden Schiffe zurück- 
zukehren. 
Am Morgen des 24. April verließ „Seestern“ 
Pitelu und nahm zunächst Kurs nach der Insel 
Paak (St. Gabriel). Die Häuptlinge der beiden 
auf der Insel wohnenden Eingeborenensippen 
waren im Februar d. Is. mit dem Landmesser 
Klink nach Herbertshöhe gekommen und hatten 
um Schutz gegen die Bewohner von Lambutjo 
(Jesus Maria-Insel) gebeten, welche im Besitze 
mehrerer Gewehre waren und mit diesen die Be- 
wohner der benachbarten Inseln ständig in 
Schrecken hielten. Die Häuptlinge hatten sich 
bereit erklärt, bei der Erlangung der Gewehre 
mitzuwirken, und gebeten, sie in Paak abzuholen 
und nach Lambutjo mitzunehmen. 
Als wir in Paak an Land fuhren, kamen 
uns die beiden Häuptlinge Sapon und Simio in 
Kanus entgegen, geschmückt mit den Mützen und 
Häuptlingsstöcken, welche sie von mir anläßlich 
ihrer Anwesenheit in Herbertshöhe erhalten hatten. 
Sie hatten, wie ich schon in Pitelu erfuhr, alsbald 
nach ihrer Rückkehr, angetan mit den Zeichen 
ihrer neuen Häuptlingswürde, eine Rundreise bis 
zu den Inseln im Nordwesten der Hauptinsel 
unternommen und überall die Ermahnungen zum 
Frieden, die sie in Herbertshöhe erhalten hatten, 
weiterverbreitet. In Paak selbst hatten sie ihre 
Leute veranlaßt, alle Waffen, insbesondere die 
Obsidianspeere, dem auf der Insel wohnenden 
chinesischen Händler zu verkaufen, da sie jetzt 
friedlich leben wollten. 
Die Dienstgeschäfte in Paak, bestehend in der 
Kontrolle der auf der Hernsheimschen Handels- 
station befindlichen Arbeiter, waren balo erledigt. 
Ich besuchte dann noch die beiden in geringer 
Entfernung voneinander gelegenen Dörfer, deren 
Gesamtbevölkerung nach einer von Landmesser 
Klink im Dezember 1908 vorgenommenen Zählung 
319 betrug. Die Häuptlinge zeigten mir mit 
Stolz die breiten, mit weißem Sand bestreuten 
und mit Abzugsgräben versehenen Wege, die sie 
nach dem Muster der in Herbertshöhe gesehenen 
Straßen angelegt hatten. 
Nach etwa einstündigem Aufenthalt ging ich 
wieder an Bord. Gleichzeitig schifften sich die 
beiden Häuptlinge mit elf ihrer Leute ein. Die 
Häuptlinge hatten ein Kanu in Lambutjo liegen 
und wollten auf diesem nach Paak zurückkehren, 
ihre Begleiter sollten als Ruderer dienen. 
Der „Seestern“ fuhr zurück nach der Haupt- 
insel. Vor dem Dorfe Loniu setzte „Seestern“ 
  
ein Boot ab, welches mich an Land brachte, 
während das Schiff selbst nach Potomo weiter- 
fuhr, um dort den Polizeimeister nebst der Truvve 
an Bord zu nehmen und dann mich wieder 
abzuholen. 
Zwischen den nur wenige Stunden vonein- 
ander entfernt liegenden Ortschaften Lonin und 
Papitalai herrschte ständige Fehde. Die Lonirn- 
Leute waren zwar an Zahl den Bewohnern von 
Papitalai erheblich überlegen, wurden jedoch durch 
ein im Besitze des Häuptlings Pominis befind- 
liches Winschestergewehr im Zaume gehalten. 
Pominis hatte bisher immer gebeten, ihm dieses 
Gewehr nicht abzunehmen, da sein Stamm so#n 
den Loniu-Leuten wehrlos ausgeliefert wäre. Es 
war aus diesem Grunde bisher von der Weg- 
nahme des Gewehrs Abstand genommen worden. 
Auch seit der letzten Anwesenheit des „Seostern- 
waren mehrere Klagen über von Pominis ver- 
übte Uberfälle in Herbertshöhe eingelaufen, ander- 
seits hatte auch dieser sich durch Vermittlung der 
katholischen Mission über Gewalttätigkeiten der 
Lonin-Leute beschwert. 
In der letzten Zeit waren jedoch, wie mir 
schon Pominis erzählt hatte, zwischen ihm und 
dem zweiten Häuptling von Papitalai, Songan, 
Zwistigkeiten ausgebrochen, die zur gegenseitigen 
Zerstörung von Häusern und Kanus führten. die 
Ursache dieser Zwistigkeiten wurde von den beiden 
Parteien verschieden dargestellt. Pominis sah sich 
schließlich veranlaßt, Papitalai zu verlassen, und 
ließ sich mit einigen seiner Anhänger auf der 
Insel Makarenge (Los Negros), deren Bewohner 
ihn ebenfalls als Häuptling anerkannten, nieder, 
während Songan alleiniger Häuptling in Papitalai 
wurde. Songan schloß mit den Loniu-Lemen 
Frieden. Er befand sich gerade in Loniu, als 
ich dort an Land ging. Er und der Häuptling 
Kapal von Loniu erklärten mir, die Fedden 
zwischen den beiden Stämmen hätten nun end- 
gültig aufgehört, beide hätten nur den Wunich, 
auch mit Pominis in Frieden zu leben, und 
wünschten, daß dieser in Makarenge bleibe. Die 
Loniu-Leute hatten die hölzernen Gewedr- 
nachahmungen, die sie früher zur Einschüchterung 
der Papitalai-Leute getragen hatten, bis auf eine 
nicht ungeschickte Nachahmung des Gewebrs 
Modell 88, bei welcher als Lauf ein dünnes 
Bambusrohr diente, verbrannt. Bei dieser Ge- 
legenheit möchte ich bemerken, daß ich auch bet 
dem Hernsheimschen Angestellten in Norn eine 
bis ins kleinste naturgetreu gearbeitete Nach- 
ahmung eines Karabiners gesehen hatte, weiche 
aus einem Dorf im Innern der Hauptinsel stammm 
und jedenfalls dem Besitzer als Schreckminel ge- 
dient hatte.
	        
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