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des Landes, da eine richtige Entscheidung über
Rechtsstreitigkeiten als wirksames Erziehungs-
mittel bezüglich der Gewohnheiten der Eingebore-
neu dienen kann. Die Territorialrichter sind an-
gewiesen, jedesmal, wenn sie von einem bevor-
stehenden Prozeß Kenntnis erhalten, soweit als
möglich von dem Kläger genaue Einzelheiten zu
erfragen, damit die Eingeborenen die Überzeu-
gung erhalten, daß der Richter versucht, die wah-
ren Tatsachen zu ergründen. Er soll sich soweit
als möglich bemühen, durch gütiges Zureden die
Streitigkeiten freundschaftlich zu
schlichten unhd, falls dies gelingt, das Resul-
tat schriftlich festlegen, wodurch eine endgültige
Erledigung des Eingeborenenstreits begründet
wird. Sie sind ferner angewiesen, gegen unbe-
rechtigte Klagen und falsche Darstellungen zur
Vermeidung von Ungerechtigkeiten und Mißach-
tung des Gerichtes mit möglichster Strenge vor-
zugehen.
Die portugiesische Regierung hat allergrößten
Wert darauf gelegt, die Sitten und Gewohnheiten
der Eingeborenen den bestehenden Gesetzen ent-
sprechend zu berücksichtigen.
Zu diesem Zweck und zur möglichst weitgehen-
den Vereinfachung und Einheitlichkeit der Ent-
scheidung in Eingeborenenstreitigkeiten im ganzen
Bezirk hat man den Richter dazu veranlaßt, nach
Möglichkeit alles, was Sitten und Ge-
bräuche des Landes betrift, zu ermitteln
und aufzuzeichnen. Dem vorgesetzten Ge-
richt sind in gewissen Zeiträumen Abschriften der
Ermittlungen einzureichen.
Dem Studium und der Sammlung der Ein-
geborenensitten und -gebräuche steht auf der ande-
ren Seite eine Sammlung der, unter Be-
rücksichtigung des Eingeborenenrechts, gefäll-
ten Eutscheidungen gegenüber. Hier-
durch soll die richterliche Behörde in die Lage
versetzt werden, gefällte Entscheidungen zu ken-
nen und eventuell zur Vermeidung von Wieder-
holung desselben Prozesses einzuschreiten, wenn
die unzivilisierten Eingeborenen, ihrer bekannten
Gewohnheit gemäß, die zu ihren Ungunsten be-
reits entschiedenen Rechtsstreitigkeiten vor jedem
neuen richterlichen Beamten wieder vorbringen.
Die Sammlung der Cntscheidungen in Ein-
geborenensachen soll eine Unterlage für die
spätere Gesetzgebung schaffen. Hierdurch sollen
widersprechende Entscheidungen vermieden wer-
den, welche auf die Eingeborenen stets eine
schlechte Wirkung hervorrufen, da diese in solchen
Fallen leicht auf Parteilichkeit der Richter zu
schließen geneigt sind, wodurch das Ansehen und
die Autorität der Behörde leidet.
Der einheitlichen Rechtsprechung in Einge-
borenenangelegenheiten soll auch die Aufstellung
von Statistiken dienen, die auf Grund der
noch zu erwähnenden Register aufzustellen sind.
Man zieht oft zu den Entscheidungen ein-
geborene Häuptlinge oder Unter-
häuptlinge heran, die gewissermaßen als
Sachverständige bezüglich der Eingeborenensitten
und Gewohnheiten ihre Ansichten zu äußern
haben.
Über das Verfahren der Schlichtung von Ein-
geborenenstreitigkeiten bestehen folgende Bestim-
mungen:
Alle Eingeborenenstreitigkeiten
müssen im mündlichen und einfachen Verfah-
ren nach den bestehenden Vorschriften entschie-
den und nach folgendem Muster schriftlich fest-
gelegt werden:
a) mit laufender Nummer, Jahr und Monat,
Dienstbezeichnung des Territorialrichters,
b) Eintragung in das Register,
c) Vor= und Zuname, Wohnort des Klägers
und nähere Angaben zu seiner Identifikation,
d) Vor= und Zuname, Wohnort des Beklag-
ten und nähere Angaben zu seiner Identifkation,
e) Hauptinhalt der Klage,
f) Tatbestand der Beweise, .
g) Entscheidung des Richters unter tunlicher
Voransetzung einer Erwähnung der einschlägigen
Sitten und Gebräuche des Landes.
Die Rechtsentscheidungen werden mit aus—
zugsweiser Inhaltsangabe, Namen der Parteien,
Wohnort, Streitgegenstand und Entscheidung in
ein Register eingetragen. Für alle beteiligten
Parteien wird eine Abschrift der Verhandlung
ausgestellt unter Hinzufügung der ausdrücklichen
Erklärung, daß die darin enthaltene Entscheidung
endgültig erfolgt ist, streng befolgt werden muß
und unter keinen Umständen einem anderen Rich-
ter zur nochmaligen Entscheidung vorgetragen
werden darf. Dies geschieht lediglich, um den
Eingeborenen an die Antorität der gerichtlichen
Entscheidung zu gewöhnen und eine nochmalige
Klage in derselben Angelegenheit vor einem ande-
ren Richter zu vermeiden.
In besonders wichtigen Rechtsstreitigkeiten
sollen die Aussagen der Hauptzeugen, ebenso wie
die Meinung und Stimme etwa anwesender
Häuptlinge auszugsweise sorgfältig schriftlich
niedergelegt werden.
Es gehört zu den Pflichten des Richters, die
Streitigkeiten auf gütlichem Wege zu schlichten,
und sic nur dann zur richterlichen Entscheidung
zu bringen, wenn alle Mittel zur gütlichen Erledi-
gung erschöpft sind.
lier die Zuständigkeit des Eingreifens des
Territorialrichters in die eigentlichen Arbeiter-
angelegenheiten wird an anderer Stelle die Rede
sein.