Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

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nur solchen eingeräumt wird, die Eingeborene 
mit Unterstützung und in Übereinstimmung mit 
der Behörde angenommen haben. 
Allen übrigen Arbeitgebern stehen nur die, 
durch die portugiesischen Zivilgesetze eingeräumten 
Rechte den Arbeitern gegenüber zu. 
Die Arbeiterfrage wird aber nicht nur im Ver- 
waltungswege geordnet, sondern sie ist vor allem 
anch der zivilrechtlichen und strafrechtlichen Re- 
gelung unterworfen. Dieselbe triktt schon bei der 
Auslegung des Arbeitsvertrages in Aktion. 
Hier gilt nun folgendes: Die Territo- 
rialrichter haben Jurisdiltion und 
Strafbefugnis im mündlichen summa- 
rischen Verfahren auf Grund des Dekrets vom 
23. Dezember 1897 in bezug auf folgende Pflicht- 
versäumnisse auf seiten der Arbeitgeber und Ar- 
beiter. Ihnen steht von Amts wegen das Ein- 
schreiten bezüglich der Vertragserfüllung, soweit 
die Verträge von ihnen beglaubigt sind, zu: 
1. auf seiten des Arbeitgebers: 
u| bei Nichtbezahlung der den Arbeitern zu- 
stehenden Löhne, 
b) Festhalten der Arbeiter über ihre Vertrags- 
zeit hinaus oder im Falle der Arbeiter zur 
Kündigung rechtlich befugt ist, 
Jc) Mißhandlung, wenn auch hierdurch Arbeits- 
unfähigkeit nicht verursacht ist, 
h bei Verstoß gegen die obigen Bestimmungen 
über Festnahme von straffälligen Arbeitern, 
Unterlassung der Verpflichtungen bezüglich 
der Bestimmungen über Arbeitsverträge; 
2. auf seiten der Arbeiter: 
a|s bei Flucht ohne gerechtfertigte Ursachen, 
b) Arbeitsverweigerung, 
e) gewohnheitsmäßigem Ungehorsam oder Insub= 
ordination, 
d1) schlechten Sitten oder urverbesserlichen 
Lastern, die Arbeitsunfähigkeit oder Schaden 
für andere verursachen. 
Obige Vergehen werden bei dem Arbeitsgeber 
mit Geldstrafen zwischen 20 und 900 . be- 
straft, zu denen eventuell die Zahlung von Scha- 
denersatz an den klagenden Arbeiter hinzukommt. 
Bei den Arbeitern werden die obigen Vergehen 
mit Gefängnis oder Zwangsarbeit von 15 bis 90 
Tagen bestraft. Überschreiten die Verstöße oder 
Vergehen gegen Arbeiter oder umgekehrt die 
Jurisdiktion der Territorialrichter, so werden sie 
den ordentlichen Gerichten zur Aburteilung über- 
wiesen. 
Gegen die Entscheidungen der Territorial= 
richter ist unter gewissen Voraussetzungen Bern- 
fung an die ordentlichen Gerichte zulässig. (Dekret 
vom 23. Dezember 1807.) 
Die Territorialrichter haben von der Nichter- 
  
füllung von Vertragsverpflichtungen seitens der 
Arbeiter, so weit die Verträge von der Behörde 
nicht beglaubigt sind, ex oklicio nicht Notiz zu 
nehmen. Indessen haben sie im Falle der Zu- 
widerhandlung seitens der Arbeitgeber den Fall 
ex officio zu berücksichtigen und den ordentlichen 
Gerichten zur Aburteilung zu überweisen. 
Desertierte Arbeiter werden gezwungen, in den 
Dienst ihrer Arbeitgeber zurückzukehren; außer 
wenn die Territorialrichter dies nicht für ange- 
zeigt halten. In diesem letzteren Falle wird der 
Arbeiter gezwungen, die rückständige Kontraktzeit 
abzuarbeiten, abgesehen von etwaigen oben vor- 
gesehenen verwirkten Strafen. 
Die Arbeiterausfuhr unter Staats- 
aussicht erfolgt seit 1881 in größerem Umfange. 
Besonders ist das Aufblühen der Minenin= 
dustrie in Rodesien an die Beschaffung schwarzer 
Arbeitskraft geknüpft gewesen, und aus Portugie- 
sisch-Ostafrika allein arbeiteten bereits 1899 nicht 
weniger als 70 000 Eingeborenc in den südafri- 
kanischen Minen. Man wird angesichts des Um- 
standes, daß in der Mozambique-Gesellschaft eng- 
lisches Kapital stark vertreten ist, schließen dürfen, 
daß diese Gesellschaft sich nicht gegen die Auswan- 
derung gesperrt hat. Das ist indessen nicht der 
Fall gewesen. Im Gegenteil liegt es im Interesse 
der Kolonisierung der Kolonie, sich die eingeborene 
Arbeitskraft zu erhalten, besonders wenn der- 
artige Arbeitskraft schon an sich nicht billig ist. 
So hat die Companhia zeitweise sogar scharf gegen 
die Arbeiterausfuhr protestiert, aber die portugie- 
sische Regierung ist aus politischen Motiven auf 
die Wünsche der Companhia nicht immer einge- 
gangen, allerdings verfügte sie schließlich, daß der 
General-Gouverneur der Provinz Mozambique 
nach Anhörung des Gouvernementsrates und auf 
Ersuchen des Gonverneurs der Mozambique-Ge- 
sellschaft oder mit dessen Einwilligung die Aus- 
wanderung von eingeborenen Arbeitern aus dem 
gesamten Territorium oder aus gewissen Distrikten 
zeitweise verbieten kann, wenn politische oder wirt- 
schaftliche Erwägungen dies wünschenswert er- 
scheinen lassen. 
Um dieses Verbot durchführen zu können, wird 
weiterhin bestimmt, daß kein Eingeborener den 
Distrikt, in welchem dieses Verbot gilt, ohne Paß 
verlassen darf. Dieser Paß kann durch die Ver- 
waltungsbehörde nur solchen Eingeborenen aus- 
gestellt werden, welche ein Handwerk oder freie 
Künste ausüben, in öffentlichen Diensten stehen, 
Gewerbe= oder Häuserabgaben leisten, Besitzer 
kaufmännischer Unternehmungen sind oder einen 
triftigen Grund haben, sich au einen anderen Ort 
zu begeben, und deren Abwesenheit eine Zuwider- 
handlung gegen die Arbeiter-Auswanderungsvor- 
schriften nicht bedeutet.
	        
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