Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

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8. für den Fall, daß die Arbeiter ihren Wohn- 
orl verlassen müssen und nicht wünschen, von ihren 
Familien begleitet zu werden, ihnen einen Teil 
ihres Lohnes, der nach den Lokalbestimmungen 
jestzusetzen ist, vorzuschießen, 
9. den für Arbeiteranwerbung erlassenen all- 
gemeinen Bestimmungen nachzukommen, 
10. die Arbeiter nicht ohne Einwilligung der 
Verwaltungsbehörde anderen, sei es entgeltlich 
oder unentgeltlich, zu überlassen. 
Arbeitgeber, denen zur zwangsweisen Arbeit 
überlassene Arbeiter entlaufen, sind verpflichtet, 
der Verwaltungsbehörde des Ortes, von dem sie 
emlaufen sind, hiervon sofort Kenntnis zu geben. 
Falls eine solche Meldung ohne ausreichenden 
Grund unterlassen wird und die entlaufenen Ar- 
beiler bei einem anderen, der sie nicht requiriert 
hal, bei der Arbeit angetroffen werden, werden sic, 
als von ihm abgetreten, angesehen. Die Um- 
gehung obigen Verbots wird dann mit Gefängnis 
bis zu sechs Monaten und einer Geldstrafe bis zu 
4110 . bestraft. Falls die Meldung dazu diente, 
auf betrügerische Weise die Abtretung zu ver- 
heimlichen, wird der Abtretende mit dem Hoöchst- 
maß der Strafe belegt. Diese Strafen werden 
indessen nur von den ordentlichen Gerichten ver- 
hüängt. Den Dienstherren von zwangsweise zur 
Abbeit he rangezogenen Arbeitern stehen dieselben 
Befugnisse zu wie den früher erwähnten Arbeit- 
gebern von Kontraktarbeitern. Ebenso haben die 
Terrikorialrichter die entsprechende Jurisdiktion 
über das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und 
Arbeitern und umgekehrt, jedoch mit der Erwei- 
lerung, daß bei Vergehen von Arbeitern die Straf- 
besugnis auf Zwangsarbeit bis zu 300 Tagen aus- 
gedehnt ist. 
Die Löhne für zwangsweise Arbeiter werden 
durch bestimmte, öffentlich bekanntgegebene Tarife, 
welche an jedem Ort dem Durchschnittslohn für 
ähnliche Dienste entsprechen sollen, festgesetzt. Pri- 
vatpersonen haben für diese Arbeiter eine der 
Dienstzeit entsprechende mäßige Gebühr zu zahlen. 
Haben wir bisher die Zwangsarbeit als einen 
Ausfluß der Bestimmungen gegen diejenigen Ein- 
geborenen betrachtet, welche sich ihrer Arbeitsver- 
bflichtung entzogen haben, so gilt dieselbe auf der 
anderen Seite auch als Strafart neben anderen 
Strafarten des Strafgesetzbuches. Die Zwangs- 
arbeit als Strafe für Vergehen besteht 
darin, daß der Strafgefangene unter besonderer 
Aussicht der Polizei gegen einen bestimmten Lohn 
arbeitet; diese Strafe darf nicht geringer als 
15 Tage sein und ein Jahr nicht überschreiten. 
Die Tagc, an denen aus irgend einem Grunde von 
dem Strafgefangenen nicht gearbeitet wird, kom- 
men für die Abbüßung der Strafe nicht in Be- 
tracht. 
  
Die Strafe auf Zwangsarbeit kann sowohl von 
den ordentlichen Gerichten als vom Territorial- 
richter verhängt werden. Die zur Zwangsarbeit 
verurteilten Eingeborenen werden der Verwal- 
tungsbehörde überwiesen, welche dafür verant- 
wortlich ist, daß sie nicht der Arbeit entlaufen. 
Die Strafgefangenen sollen, soweit als möglich, 
die Zwangsarbeit in dem Distrikte, in welchem das 
Gericht bzw. die verurteilende Behörde den Sitz 
hat, leisten. 
Zur Zwangsarbeit verurteilte Eingeborene, 
welche sich hartnäckig der Arbeit widersetzen, sowie 
wiedereingesangene Deserteure werden dem Gou- 
verneur des Territoriums zur Verfügung gestellt. 
Dieser ist berechtigt, sie dem Territorial- 
korps einzureihen und sie unter besondere Auf- 
sicht, welche ein abermaliges Entlaufen unmöglich 
macht, zu beschäftigen. In besonderen Fällen 
können sie dem Generalgouverneur von Mozam- 
bique zur weiteren Bestimmung übersandt werden. 
Strafgefangene müssen von der Mozambique-Ge- 
sellschaft freie Station und einen Lohn in bar er- 
halten, welcher einem Drittel des Lohnes ent- 
spricht, den die zur zwangsweisen Arbeit heran- 
gezogenen Arbeiter bekommen. 
Die zur Zwangsarbeit verurteilten Strafge- 
fangenen können, wenn die Mozambique-Gesell- 
schaft sie zu beschäftigen nicht in der Lage ist, auch 
Privatpersonen auf Requisition als Arbeiter zu- 
gewiesen werden. Hierbei finden dieselben Be- 
stimmungen wie bei Bestellung von zwangsweise 
zur Arbeit herangezogenen Arbeitern Anwendung, 
nur mit der Maßgabe, daß die Arbeitgeber sie 
außerhalb der Arbeitsstelle und auf Grund be- 
sonderer Vereinbarungen mit der Behörde in den 
öffentlichen Gefängnissen unterbringen können. 
Diese privaten Arbeitgeber, welche zur Zwangs- 
arbeit verurteilte Sträflinge beschäftigen, müssen 
sich der Behörde gegenüber verpflichten, die Ar- 
beiter nach Ablauf der Dienstzeit zurückzubefördern 
und eventuell für jeden nicht verstorbenen 140 .4 
zu zahlen. 
Die im vorangegangenen behandelten Bestim- 
mungen und Gesetze über die Arbeit der Einge- 
borenen werden im einzelnen noch durch eine 
Reihe von Polizeiverordnungeun, die vom 
Gouverneur zu verschiedenen Zeiten erlassen worden 
sind, ergänzt. So eristiert z. B. eine Polizeiver= 
ordnung für die Stadt Beira vom Jahre 1896, 
welche Bestimmungen über die Niederlassung der 
Eingeborenen enthält. Im allgemeinen dürfen 
sich Eingeborene nicht in der Hauptstadt Beira 
niederlassen, dagegen wird hiervon eine Ausnahme 
gemacht, wenn Eingeborene vor dem Polizeikom= 
missar die Absicht aussprechen, Arbeit zu suchen, 
Gewerbetreibende jeder Art, Eingeborene, die 
landwirtschaftliche Produkte des Landes zur Stadt
	        
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