Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

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unangenehm. Ohne größeres Gepäck, mit pein- 
lich genauer Benutzung der Ebbezeiten, bei Vor- 
legen von Proviant und Wasser kann man na- 
türlich auch diese Tour glatt erledigen. Ich ging 
von Meob mit zwei Pferden und einem zuver- 
lässigen Hottentotten, der sich bewährt hatte, an 
die Reise. Nach Osterklipp hatte ich Hafer ge- 
legt, auch für Wasser (Kondensator) sorgen lassen. 
Leider hatte ich nicht vorsorgen können, von 
Sylvia-HLügel eventuell ins Innere zu gehen, 
denn gerade dieser Punkt bot mir ungemein über- 
raschendes und hat mich geologisch reichlich für 
die Unannehmlichkeiten der Reise entschädigt. 
Von Osterklipp ab mußte ich leider meine Reise 
nach Lüderitzbucht beschleunigen, da die beiden 
Pferde anfingen, bedenklich schlapp zu werden. 
Sechs Wochen nur Hafer, der überdies beim 
Landen durch Seewasser gelitten hatte, jede Nacht 
Nebel, der sogar durch den Schlafsack dringt, eine 
Kälte, welche die Tiere ganz klamm und krumm 
zieht — das alles arbeitet die armen Kreaturen 
mächtig herunter. 
Vor Sylvia-Hügel, ungefähr bei Schwarze- 
Kuppe (auch Noas-Kuppe genannt), beginnt die 
sehr abwechselnde Fundamental-Gneisformation 
den eintönigen kristallinen Schiefern Platz zu 
machen, die mit dentlichem Nord-Süd-Streichen 
und wechselndem flacherem oder steilerem Einfallen 
nach Westen die Fundamental-Gneise ganz deut- 
lich überlagern. 
Letztere scheinen nach den kärglichen Beob- 
achtungen, die man machen kann, sich an das 
Conception-Meob--Granitmassiv anzuschließen, eine 
Beobachtung, die hervorragend mit meinen Beob- 
achtungen am östlichen Namibrande Überein- 
suammt. 
Der Strand wird auf dieser Strecke vielfach 
von nordsüdlich verlaufenden Diabasgängen ge- 
bildet, die sich unter dem Einfluß der Brandung 
in ein ganz übles Haufwerk abgerundeter aalglatter 
Kopfklippen zersetzt haben, über dem der Meeres- 
schaum oft meterhoch liegt. Da die Brandung 
vielfach direkt auch kleine, bis ein Meter breite 
und drei bis vier Meter tiefe Schluchten 
ins Gestein bis an die steilen Dünen ge- 
fressen hat und der Weg am Fuß der 
Tünen selbst nicht passierbar ist, so kann man sich 
bisweilen nur unter großer Anstrengung mit den 
zitternden und nervösen Tieren vorwärts arbeiten. 
Ganz auffallend ist die zuweilen enorme Steil- 
heit der Dünen: Bei sehr tiefen Ebben wird eine 
Tüne bis ans Wasser vorgebaut; die Flut reißt 
dann immer mehr vom Fuße ab, bis schließlich 
nach der Springflut eine völlig senkrechte Mauer 
stehen bleibt, die sich natürlich dann durch Nach- 
stürzen der Sandmassen etwas verflacht. Ich 
selbst passierte eine zur Zeit hundertfünfzig Meter 
  
lange, zehn Meter hohe, völlig senkrechte Dünen- 
wand, deren abrieselnde Sandmassen das Passieren 
in nächster Nähe direkt lebensgefährlich machten. 
Über diesen kristallinen Schiefern, die übrigens 
meistenteils in Gestalt von Quarziten, quarzitischen 
Schiefern usw. zutage treten, erhebt sich nun 
der Sylvia-Hügel in seiner blendenden Weiße bis 
zu einer Höhe von einigen achthundertfünfzig 
Fuß (nach meinem nicht ganz zuverlässigen 
Aneroid). Am Fuße dieses imposanten Hügel- 
massivs findet man ein ausgezeichnetes Wasser, 
die Wasserstelle wird bei Hochflut vom Meere 
überspült. Wir haben es mit Johannesburger 
Dolomit zu tun, mit einem ganz flach bzw. 
wellenförmig nach Norden gelagerten System von 
Kalken, Dolomiten (in allen Farben, lila, blau, 
weiß), Marmoren und kalkigen Schiefern. Die 
Schichten sind, wie zu erwarten, ungemein silizi- 
fiziert und entsprechen in jeder Weise den Kalken, 
Dolomiten usw. des Naukluftsystems. Wie wir 
also im Süden, bei Pomona, über unserer alten 
archäischen Formation die Tafelberge, eine in 
puncto Alter dubiöse sedimentäre Ablagerung 
haben (wahrscheinliches Alter black-Reef), tritt uns 
bei Sylvia-Hügel eine geologisch fixierte Formation 
entgegen, die eventuell bis in die Länge von 
Naukluft zu verfolgen ist. 
Der Dolomit ist die Wasserformation in Süd- 
afrika, die das große Johannesburg mit seinen 
Minen mit unerschöpflichem Wasser versorgt, 
das trotz der Überflutung bei Hochwasser nur 
leicht salzigen Geschmack zeigt. In dieser, bezüg- 
lich Atmosphärilien ungemein aufnahmefähigen, 
kalkigen Formation finden wir daher einen relativ 
üppigen, jedenfalls sehr erfrischenden Wuchs von 
allerhand grünen Buschsorten, die wunderbarerweise 
auf der Höhe des Plateaus dem rasenden Südwest- 
orkan trotzen. Die Formation bedeckt nach Süden 
zu in immer abnehmender Mächtigkeit die kristal- 
linen Schiefer, welche dann schließlich nördlich 
Spencer-Bai dem alten intrusiven Granit Platz 
machen. Es steht zu erwarten, daß südlich 
Sylvia-Hügel, insbesondere bei Osterklipp noch 
Quellwasser gefunden wird, wenn Wasser auch 
nach Süden zu immer spärlicher auftreten dürfte, 
da die Dolomitformation im Maße ihrer nach 
Süden zu abnehmenden Mächtigkeit auch die 
Aufnahmefähigkeit für atmosphärilische Wasser 
einbüßt. Nördlich Spencer-Bai setzen wieder 
Fundamental-Gneise mit intrusivem Granit ein, 
die das Gelände bis Lüderitzbucht bilden. 
* Sollte wirklich an dem sog. „Hottentotten- 
paradies“ etwas sein — ich persönlich halte die 
Geschichte für ein recht albernes Märchen eines 
phantasievollen Reisenden — so würde es wohl 
östlich von Sylvia-Hügel in diesem Dolomit- 
system zu finden sein. Bei dem reichlichen Gehalt
	        
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