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Der Zusammenhang des heimischen Kapitals
mit den Kolonien besteht in zweierlei Richtung:
Unsere Kolonien brauchen das heimische Kapital,
und das heimische Kapital, unser Handel und
Industrie, werden von Jahr zu Jahr die Kolonien
weniger entbehren können.
Es war natürlich, daß sich das Kapital in
der ersten Zeit unserer Kolonialwirtschaft von
kolonialen Unternehmungen zurückhielt. Die Un-
sicherheit des Eigentums und des Lebens, die
unsicheren Rechtsverhältnisse, das Fehlen von
Transportwegen, Eisenbahnen usw. war nicht
dazu angetan, das heimische Kapital zu größeren
Unternehmungen in den Kolonien zu verlocken.
Trotzdem wurden bald nach der Besitzergreifung
der Kolonien mit großem Wagemut verhältnis-
mäßig bedeutende Kapitalien angelegt, z. B. im
Kaffeebau in Usambara und in einer Zurcker-
industrie am Rufiyi in Deutsch-Ostafrika. Rück-
schläge und Mißerfolge waren bei diesen Unter-
nehmungen in einem ganz fremden Lande unver-
meidlich. Trotz dieser Mißerfolge wurden die
ersten Pionierarbeiten zur wirtschaftlichen Er-
schließung unserer Kolonien fortgesetzt; Anfang
der neunziger Jahre wurde eine Menge kleinerer
Gesellschaften gegründet. Nach vorübergehender
Stockung ist dann auf das System hingearbeitet
worden, unsere Kolonien finanziell möglichst selb-
ständig zu machen. Das Interesse für die kolo-
niale Arbeit wuchs; durch den Eisenbahnbau sind
große Kapitalien in den Kolonien angelegt worden.
Viele Unternehmungen haben begonnen, Renten
abzuwerfen. An der Börse werden heute Kolonial-
werte in großer Zahl gehandelt. Neue Hilfs-
auellen find durch mineralische Schätze eröffnet,
die Minen sind für das koloniale Wirtschaftsleben
von größter Bedeutung geworden.
In Deutschland werden aus dem Auslande
für etwa zwei Milliarden Mark Rohstoffe einge-
führt. Wir müssen daher danach streben, daß
die Kolonien mehr und mehr eine Produktions=
stätte für Rohstoffe für die heimische Industrie
werden. Der Schwerpunkt der Kolonien liegt
heute weniger darin, daß deutsche Auswanderer
dort Arbeit und Lohn finden, und daß die Kolonien
uns die sogenannten „Kolonialwaren“, wie Zucker,
Kaffee usw., liefern — für letztere bestehen in
fremden Ländern Produktionszentren, welche diese
Produkte billiger liefern können —, das Ziel ist
vielmehr das, Rohstoffe, wie Baumwolle, Hauf,
Olfrüchte, Wolle, Felle und Gerbstoffe, für die
Industrie zu gewinnen. Die Vorbedingungen
hierfür sind in unseren Kolonien gegeben. Es
liegt daher im Interesse der Industrie, die mit
zu den Repräsentanten des heimischen Kapitals
gehört, Bestrebungen der Unternehmer und des
Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees zu unterstützen.
Das deutsche Nationalvermögen erleidet z. B.
durch die Abhängigkeit auf dem Baumwollmarkte
von Amerika große Verluste.
Zur Erreichung des Zieles, Deutschland im
Bezuge seiner Rohstoffse vom Auslande möglichst
unabhängig zu machen, kann das kleine wie das
große Kapital beisteuern. Das kleinere Kapital
darf für größere Plantagenunternehmungen bei
dem vorhandenen Risiko erst nach einer Reihe
von Jahren herangezogen werden. Zur finanziellen
Unterstützung des kleineren Pflanzers in den ersten
Jahren empfiehlt Geheimrat Paasche, in den
Kolonien Landeskultur-Rentenbanken nach
dem Vorbild der Hypothenbank in Kiautschou
zu errichten. .
Das Großkapital muß in ganz anderer Weise
wagemutig vorgehen; in erfreulicher Weise be—
teiligt es sich heute mehr als bisher an kolonialen
Unternehmungen. Daß sich auch fremdes Kapital
in unseren Kolonien betätigt, können wir nicht
hindern; auch unser Kapital arbeitet in beträcht—
licher Höhe im Auslande. Anderseits darf uns
das Eindringen fremden Kapitals nicht beunruhigen,
es bleiben doch Erzeugnisse auf deutscher Scholle,
die auf deutschen Schiffen verfrachtet werden
müssen und eventuell der heimischen Industrie
vorzugsweise zugute kommen. Aufgabe des
Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees muß es sein,
immer mehr durch fleißige Arbeit zu zeigen, daß
und wo in unseren Kolonien die Vorbedingungen
für eine gute Kapitalsanlage vorhanden find,
und dahin zu wirken, daß der Bedarf der hei-
mischen Industrie an den benötigten Rohstoffen
immer mehr in den eigenen Kolonien gedeckt wird.
Im Anschluß an das Referat wurde be-
schlossen, der Frage der Landpolitik und Er-
richtung von Landeskultur-Rentenbanken in den
Kolonien bei der nächsten Tagung des Komitees
näherzutreten.
Wasserwirtschaftliche Untersuchungen für
die Berieselung der Mkattasteppe.
Über den derzeitigen Stand der wasser-
wirtschaftlichen Untersuchungen für die
Berieselung der Mkattasteppe, insbesondere
im Interesse des Baumwollbaues, berichtete
Geheimer Oberbaurat Schmick:
„Nach den bisherigen Untersuchungen des
Ingenieurs Boos kommen für die Bewässerung
der Mkattasteppe im wesentlichen zwei Flüsse in
Betracht, einmal der bei Kilossa aus dem Nord-
Rubeho-Gebirge austretende Mukondokwa und
ferner der nördlich davon aus dem gleichen Ge-
birgszuge kommende Wami, endlich noch dessen
Nebenfluß Kissagata.
Der Mukondokwa bildet unmittelbar unterhalb
Kilossa zuerst den Mkwadanisumpf, aus dem er