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tragsangelegenheit ist von der Budgetkommission nicht
gefaßt worden. Im übrigen hat sich die Mehr-
beit des Reichstages auf den Boden gestellt, daß ein
Vertrag zu schließen sei, und daß die hierfür von der
Budgetkommission einstimmig niedergelegten Wünsche
auch im wesentlichen bei dem neuen Vertragsentwurf
erfüllt seien. Dagegen hat niemand im Reichstage
auch nur die moralische Verantwortung für die Führung
eines Prozesses mit der Kolonialgesellschaft übernehmen
wollen, wie der Staatssekretär in der Sitzung vom
4. Mai d. J. ausdrücklich festgestellt hat. Derjenige
Abgeordnete, welcher den Vertrag am schärfsten be-
kämpfte, hat sich hinsichtlich der Verantwortung für die
Führung eines Progesses dahin geäußert, daß das nicht
seine Sache sei, und daß darüber das Reichskolonialamt
zu befinden habe. Also auch dieser Abgeordnete hat
gegenüber dem Gutachten der Reichsjustizverwaltung
es nicht über sich vermocht, das Reichskolonialamt auf
den Weg des Prozesses hinzuweisen.
Es erhebt sich schließlich die Frage, ob dem Schutz-
gebiete durch die eingangs erwähnte Resolution des
Landesrats gedient ist. Eine solche Resolution gehört
zweifellos nicht zu seiner Kompetenz, und sie wäre
besser privaten Vereinigungen überlassen geblieben;
auch läßt sie die unentbehrliche Objektivität vermissen.
Der Landesrat ist ein beratendes Organ der Verwaltung.
Setzt er sich durch eine solche Resolution in offenen
Gegensatz zur Verwaltung, so wird er schwerlich ver-
langen können, daß die Verwaltung ihm mit Vertrauen
entgegenkommt.
Kamerun und die deutsche Sprache.
Eine Berliner Wochenschrift hatte jüngst den
Brief eines farbigen Oberhändlers aus dem Schutz-
gebiet Kamerun mitgeteilt, in dem über die
Bevorzugung der englischen Sprache auf
Kosten der deutschen in dieser Kolonie Klage
geführt wurde. Hierzu erhält die „Welt-
Korrespondenz“ von einer mit den Kameruner
Verhältnissen genau vertrauten Seite folgende
Zuschrift:
„. Selbstverständlich sei es sein Wunsch, daß
unsere deutsche Muttersprache dermaleinst allgemeine
Umgangssprache in Kamerun werde und das entsetzliche
Kanderwelsch des Pigeon-Englisch aus der Kolonie ver-
schwinde; zur Zeit aber wolle es die bittere Not-
wendigkeit noch anders."“
Mit diesen Worten eines Offiziers der Schutz-
truppe Kamerun, dem auf Grund einer mißverstan-
denen oder entstellten Außerung der Vorwurf mangelnden
Heimatstolzes gemacht worden war, hat der Herr
Staatssekretär des Reichs-Kolonialamts in
der Reichstagssitzung vom 17. März d. Is. die tat-
sächliche Auffassung unserer Kameruner Offiziere und
Beamten gekennzeichnet und damit die Legende zer-
streut, als werde an maßgebenden Stellen die deutsche
Sprache in unserer aussichtsreichen Kolonie am gui-
neischen Golf zugunsten der englischen stiefmütterlich
behandelt. Wenn die nachstehenden Ausführungen zur
Klärung beitragen sollen, möge von vornherein der
dringende Wunsch betont werden, mit allen verfügbaren
Mitteln und an allen, auch den nichtamtlichen Stellen,
der Verbreitung unserer Muttersprache in den
afrikanischen Besitzungen vorzuarbeiten und die
Wege zu ebnen. Denn sie hat dort noch heute mit
ungewöhnlichen Schwierigkeiten zu kämpfen.
Diese sind in der Hauptsache zurückzuführen auf
das Sprachengewirr der zahlreichen Kamerun-
stämme einerseits und anderseits auf das umfang-ä
reiche Bedürfnis von Truppe und Kaufmann-
schaft an ausländischem Personal. Es ist dabei
gleichzeitig daran zu erinnern, daß die Erschließung
des IJunern Kamernns doch erst neueren Datums ist;
üÜber anderthalb Dezennien war dies Schutzgebiet das
Stiefkind unserer afrikanischen Kolonien und seine Ver-
waltung auf einen schmalen Küstenstreifen beschränkt;
erst mit dem Jahre 1900 hat hier eine systematische
Erschliehung des Innern begonnen.
Da machte sich dann sofort der vollständige
Mangel eines einigermaßen vorherrschenden
Landesidioms in der nachteiligsten Weise fühlbar.
Die Eingeborenensprachen der Küstenstämme wurden
im Innern von niemandem verstanden. Dort traten
uns im Süden das Ngumba, Jaunde, Bulu, Bakoko,
Ntum, Voghebelinga, Mpfong, Maka u. a. m. zunächst
als ganz neue und unerforschte Idiome entgegen.
Nördlich des Sanaga war es in den Gebieten Tinto,
Fontem,. Jabassi, Dschang. Ossidinge, Bamenda, Bamum
und Joko nicht viel besser. In Adamang folgte das
Fulbe der Fullahstämme sowie die noch heute nicht
erforschten Sprachen der zahlreichen Heidenstämme:
im Tschadseegebiet trafen wir auf das Kotoko, Arabisch
und die Sprachen der Heidenstämme im Zwischenstrom-
land. Dazu kam schließlich noch das Haussah, als diese
Händler um 1904 allmählich aus den Fullahgebieten
bis zur Küste sich durchgehandelt hatten.
Der einzgige Dialekt aber, den wir auch im Innern
fast überall antrafen, war das an der ganzen Westküste
Afrikas verbreitete Pigeon-Englisch, ein Gemisch
von schlechtestem Portugiesisch und Englisch, das den
Vorzug leichten Erlernens hat.
Die Verbreitung dieses „entsetzlichen Kauder-
welsches“ im Innern war eine gang natürliche Folge
des vordringenden Handels, der ja auch in Kamerun
bekanntlich vor der Verwaltung seinen Zug ins In-
land unternommen hat. Die Handelssprache an der
gangen Küste aber war — und ist auch heutzutage
noch vielfach — damals ausschließlich das Englische
bew. Pigeon-Englisch. Und das war auch wieder ganz
erklärlich; denn zwei der bedeutendsten Firmen an der
Kamernner Küste waren englisch, während die deutschen
schlechterdings darauf angewiesen waren, ihren Bedarf
an Händlerpersonal aus englischen, zu einem geringen
Prozentsatz auch aus franzgösischen Kolonien zu decken.
Mit diesen Händlern aber zog das Pigcon-Englisch
ins Jnnere, und was war bei dem dortigen Sprach-
gewirr natürlicher, als daß auch die eingesessenen Ele-
mente, die sich dem Händlerberuf widmeten, das Idiom
ihrer Lehrer annahmen? Wenn man nun außerdem
noch bedenkt, daß im Südbezirk eine amerikanische
Mission ihre Stationen bereits in das Innere vor-
geschoben hatte, die, wenn auch nicht absichtlich fördernd,
schon durch ihre Anwesenheit eine gewisse Propaganda
für das englische Idiom abgab, so wird man verstehen,
mit welchen Schwierigkeiten die 1900 beginnende Er-
schließung des Innern in sprachlicher Begiehung zu
kämpfen hatte.
Was aber hatten die damaligen Offiziere und
Beamten an Rüstzeug zur Verfügung"? Als die Eng-
länder Nigerien, die Franzosen ihren Kongo erschlossen,
da standen ihnen in anderen Kolonien seit Jahren er-