Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

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Deckung hatte, vollständig aufgerieben worden. 
Ein unbesonnener Schuß von seiten der Ein- 
geborenen oder meiner Soldaten hätte der Kolonne 
sehr gefährlich werden können. Ich trug keine 
Waffen, um den Leuten meine friedlichen Absichten 
darzutun. Der größte Teil der Leute war mit 
guten Zündhütchengewehren, der Rest mit Stein- 
schloßgewehren bewaffnet. An ein Beschlagnehmen 
der Zündhütchengewehre konnte ich bei meiner 
geringen Macht natürlich nicht denken. 
Durch die feindliche Haltung der Njassa-Leute 
ließ ich mich aber nicht abhalten, meinen Marsch 
in der geplanten Weise fortzusetzen. 
Am 1. Juli morgens wurde der Weitermarsch 
angetreten. Da in diesem Gebiete gar kein Ver- 
kehr herrscht, waren die Wege so verwachsen, daß 
ein Weiterfinden ohne Führer unmöglich gewesen 
wäre. Auf mein Verlangen nach einem Führer 
stellten sich eigentümlicherweise der angebliche 
Häuptling und der Mann zur Verfügung, der 
mir Tags zuvor beim Betreten des zweiten Ortes 
das Gewehr entgegengehalten hatte. Ich wurde 
mißtrauisch, ich glaubte, daß man mich nach einem 
Hinterhalte verschleppen wollte. Denn die Ort- 
schaft Njassa ist sehr groß, es sollen gegen drei- 
ßig Dörfer sein. 
Auf meinem Marsche kam ich noch durch eine 
Anzahl Orte von Niassa und erreichte dann die 
Landschaft Ekowong (ebenfalls Essamangun), wo 
ich gegen Mittag im Häuptlingsdorfe Lager bezog. 
Alle Männer und Jungen trugen Gewehre, die 
aber bei meinem Erscheinen nach und nach ver- 
steckt wurden. Die Haltung der Leute war nicht 
feindlich, aber im höchsten Grade frech. So sagte 
z. B. der Häuptling: So ein paar Soldaten wie 
ich hätte, wären nichts, soviel hätte im spanischen 
Gebiete jeder Kaufmann, und es liege nur an 
ihmn, ob ich durch sein Gebiet käme oder nicht. 
Geld als Bezahlung für Verpflegung wurde ein- 
fach zurückgewiesen. Schwierigkeiten für den 
Weitermarsch wurden mir nicht gemacht, und so 
erreichte ich, die Ortschaft Ngom passierend, am 
3. Juli Nguambang. Dies war mein west- 
lichster Punkt. 
Von hier wandte ich mich nordöstlich, Essa- 
mangun und andere Ntum-Ortschaften durchziehend, 
und kam am 6. Juli an den Ntem bei der Ort- 
schaft Njabesan. 
Nach dem gewonnenen Einblick ist der große 
Kampobogen, vor allem aber die Südgrenze sehr 
stark bevölkert, jedoch fühlen sich die Bewohner 
von Ngoa bis Nguambang zu Spanien gehörig, 
was sie auch offen aussprechen; die Station 
Kampo kennen sie nur dem Namen nach, denn 
alle Eingeborenen gehen zur Erledigung ihrer 
Handelsgeschäfte nach Bata. Zu berücksichtigen 
ist nämlich, daß der Hauptteil ihrer Stammes- 
  
genossen, und der Oberhäuptling der Essamangun 
im spanischen Gebiet ansässig sind. 
Die Essamangun sind ebenfalls Ntum -Leute, 
liegen aber mit ihren ganzen Bruderstämmen 
und den Mwei in Fehde. Denn wo ich hin- 
gekommen bin und gefragt habe: auf die Essa- 
mangun war man nirgends gut zu sprechen. Bei 
allen Erzählungen wurden fast immer die Zeichen 
des Kopfabschneidens gemacht. Kein Ntum und 
Mwei ist zu bewegen, durch dieses Gebiet zu 
gehen, er käme auch gar nicht durch. Die Essa- 
mangun sind ein ausgesprochenes Raubgesindel. 
Kommt eine Kolonne, mit der sie glauben fertig 
zu werden, so wird sie einfach angegriffen und 
ausgeraubt; wer nicht hat entfliehen können, wird 
umgebracht. 
Am 6. Juli überschritt ich den Ntem bei 
Njabesan. Mit dem Überschreiten des Ntem ver- 
ließ ich zugleich das Ntum-Gebiet, denn Njabesan, 
am rechten Ufer liegend, ist eine Mwei-Ortschaft. 
Am 7. Juli erreichte ich Nemajong, wo ich 
bereits am 1. Juni war, als ich von Bindem 
aus durchs Mwei-Gebiet marschierte. 
Von Nemajong ging ich südöstlich und kam, 
den Nso-Fluß überschreitend, wieder in Ntum- 
Gebiet. Nach dreitägigem Marsche erreichte ich 
die Straße Kampo — Nemajong (hier ist das 
Nemajong am Mwila-Fluß gemeint), bog aber 
einen Tagemarsch vor Nemajong in die nach 
Süden führende Straße Bindem — Abumasok— 
Akonanji ein, da ich den für die Errichtung 
der Station in Betracht kommenden Ort Abumasok 
in Augenschein nehmen mußte. Bei meiner An- 
wesenheit am 25. Juni in dem seit etwa zwei 
Jahren verlassenen Orte Belun war es aus 
Mangel an Fahrgelegenheit über den gegen 
200 m breiten Ntem nicht möglich gewesen, Abu- 
masok zu besichtigen. Abumasok kann wegen seiner 
tiefen Lage und des nur sehr schwachen Verkehrs 
wohl kaum als Stationsplatz in Frage kommen. 
Von Abumasok marschierte ich über Misele in 
zwei Tagen nach Ambam, wo ich am 18. Juli 
wieder eintraf, und womit der Hauptteil der Ntum- 
Reise seinen Abschluß gefunden hat. 
Das von mir bereiste Ntum-Gebiet ist durchweg 
Waldland mit mittleren Bodenerhebungen. Ur- 
wald in primärer Form tritt fast nur noch an 
nicht gut zugänglichen Stellen, wie Sümpfen, 
Flußufern und Höhen hervor. Sonst trifft man 
nur Buschland an, in dem schnellwachsende Holz- 
arten dominieren. 
Dieses Buschland zeugt davon, daß das ganze 
Gebiet früher noch viel stärker bevölkert gewesen 
ist als heute. Nach den Berichten der Ein- 
geborenen hat früher eine Abwanderung nach
	        
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