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Naribis, was „Muscheln“ bedeuten soll, die in
großer Zahl vorhanden waren. Die Muscheln
sind eßbar; wir kochten sie uns mit Pfeffer und
Zwiebeln. Das Gericht schmeckte wie unsere
„Pfahlmuscheln“. Nach dem Halt wurde zunächst
ein großes Wasserloch gegraben, in dem sich bald
schönes Süßwasser in unausschöpfbarer Menge
ansammelte. Da es inzwischen warm wurde,
war Franziskusbucht bald zum Badeort um-
gewandelt. Franziskusbucht dürfte übrigens in-
folge felsigen Grundes und starker Brandung ein
schlechter Hafen für Schiffe sein.
Von hier wollte Oberleutnant Trenk nach
Norden vorstoßen und dann die Namib in öst-
licher Richtung durchqueren, um dabei, wenn
möglich, das „Buschmannparadies“ zu finden.
Der Marsch vom 15. zum 16. August wurde
der anstrengendste und gefährlichste der ganzen
Reise. Ununterbrochen wurde bis zum Mittag
geritten. Da trafen wir 48 km nördlich Naribis
auf mehrere Wasserstellen. Die Dünen waren
zuletzt immer mehr vom Strande zurückgetreten,
Brakbusch überzog den hügeligen Strand und
große, mit hohem Schilf bewachsene Flächen
dehnten sich vor uns aus. Eine Polizeipatronille
aus Spencerbucht und andere Reiter (Prospektoren),
die wir trafen, erklärten uns, daß wir uns in
Höhe der Hollands-Vogel-Inseln befänden, und
daß die erste Wasserstelle Reuttersbrunnen ge-
tauft worden sei; etwas nördlich lägen aber noch
bessere Wasserstellen, dort würden wir auch weiße
Diamantensucher und Buschleute antreffen. Dahin
ritten wir noch und hielten an einem Wasserloch
mitten in schöner Kamelweide. Die hier ansässigen
Buschleute nannten diese Wasserstellen Meob.
Das war ja das Paradies, wohin uns der ge-
storbene Au-Gaib führen wollte. Ein Paradies
im Eingeborenen-Sinne konnte man diese Gegend
schon nennen: Weide, Wasser, sicherlich viel Wild,
ein Meeresstrand mit eßbaren Muscheln! Hier
kann sich auch ein Weißer wohlfühlen.
Meob soll „Schilfquelle“ bedeuten. Ober-
leutnant Trenk beschloß, bis zum 18. August in
Meob zu rasten. Der Alteste auf der in Meob
gelegenen kleinen Buschmannswerft nannte sich
Au-Habib; ihm ging es recht gut, seitdem er
sich Diamantenexpeditionen nützlich machen konnte.
Wohl flunkerte er uns etwas von Wasserstellen
vor, die östlich Meob in der Namib liegen und
von kriegerisch gesinnten Hottentotten bewohnt
sein sollten; er selbst Zollte aber nicht dagewesen
sein und auch den Weg zu diesen Wasserstellen
nicht kennen.
Von Meob bis Conceptionbucht führt ein
durch viele Spuren deutlich erkennbarer Weg
wenige Kilometer östlich der Küste an einer Salz-
pfanne von großer nördlicher Ausdehnung ent-
lang. Die Entfernung Meob — Conceptionbucht
beträgt 71 km. Wir bogen am 19. August nach
Osten zu in die Dünen ab. Damit begann der
Rückmarsch durch die Namib in Höhe des
24. Grades südlicher Breite. Diese Durchquerung
der Namib nach dem Innern bis zur Wasserstelle
Ababis nahm sechs Tage in Anspruch.
Am 24. August kamen wir aus den Dünen
heraus und befanden uns vor dem Naublluft-
Gebirge in Höhe der Wasserstelle Tsams. Tags
darauf waren wir in Ababis, am 28. kehrte
ich nach Maltahöhe zurück.
Der Teil der Namib, der zwischen dem 24.
und 26. Grad südlicher Breite liegt und in der
Hauptsache zum Distrikt Maltahöhe gehört, ist
heute keine terra incognita mehr. Wichtiges
Kartenmaterial ist gesammelt worden. Die Leistungs-
fähigkeit der Kamele in schwerem Dünengelände
hat die Probe bestanden. Anstrengend war die
Expedition für ihre Teilnehmer, aber lehrreich
und von Erfolg gekrönt.
II.
Die Gewohnheiten und Rechtsanschauungen der
Namib-Buschleute.
Zwischen dem 14. und 16. Längengrad sowie
dem 24. und 26. Grad südlicher Breite, westlich
von den Nankluft= und Zarris-Bergen und in
diesen Bergen selbst, wohnen Buschleute mit
Namen Ganin und Géinin. Ihre Kopfzahl
wurde noch vor der im ersten Teil geschilderten
Expedition auf 400 geschätzt; es dürften aber
tatsächlich nur 100 Köpfe sein. Die Buschleute
sind kleine, sehnige, breitschulterige Menschen von
dunkelgelber, ins Kupferrot überspielenden Haut-
farbe. Ihre Nahrung besteht in erbeutetem
Fleisch, das Gemsböcke und andere Antilopen
sowie Hasen und Schakale liefern; Feldkost, in
Beeren, gurkenartigen Früchten und Wurzeln be-
stehend, bilden die Zutat. Früher trugen Männer
und Weiber der Buschleute Umhänge aus zu-
sammengenähten Fellen; jetzt beobachtet man
diese Tracht nur noch bei einzelnen Frauen.
Die Mehrzahl ist fast unbekleidet und trägt nur
einen Hüftschutz aus Fellen. An den Füßen
tragen die erwachsenen Buschleute Sandalen aus
Gemsbockfell. Der Buschmann baut sich zur
Unterkunft nur einen Windschutz aus Fellen,
Buschwerk oder Binsen; bei Kälte und Regen
zieht er sich in natürliche Felshöhlen zurück.
Die Buschleute wohnen nur in geringer Zahl
zusammen; der Werftälteste hat das Amt eines
Schiedsrichters inne. Religiöse Vorstellungen sind
so gut wie unbekannt. Früher hatten die Busch-