Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

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Naribis, was „Muscheln“ bedeuten soll, die in 
großer Zahl vorhanden waren. Die Muscheln 
sind eßbar; wir kochten sie uns mit Pfeffer und 
Zwiebeln. Das Gericht schmeckte wie unsere 
„Pfahlmuscheln“. Nach dem Halt wurde zunächst 
ein großes Wasserloch gegraben, in dem sich bald 
schönes Süßwasser in unausschöpfbarer Menge 
ansammelte. Da es inzwischen warm wurde, 
war Franziskusbucht bald zum Badeort um- 
gewandelt. Franziskusbucht dürfte übrigens in- 
folge felsigen Grundes und starker Brandung ein 
schlechter Hafen für Schiffe sein. 
Von hier wollte Oberleutnant Trenk nach 
Norden vorstoßen und dann die Namib in öst- 
licher Richtung durchqueren, um dabei, wenn 
möglich, das „Buschmannparadies“ zu finden. 
Der Marsch vom 15. zum 16. August wurde 
der anstrengendste und gefährlichste der ganzen 
Reise. Ununterbrochen wurde bis zum Mittag 
geritten. Da trafen wir 48 km nördlich Naribis 
auf mehrere Wasserstellen. Die Dünen waren 
zuletzt immer mehr vom Strande zurückgetreten, 
Brakbusch überzog den hügeligen Strand und 
große, mit hohem Schilf bewachsene Flächen 
dehnten sich vor uns aus. Eine Polizeipatronille 
aus Spencerbucht und andere Reiter (Prospektoren), 
die wir trafen, erklärten uns, daß wir uns in 
Höhe der Hollands-Vogel-Inseln befänden, und 
daß die erste Wasserstelle Reuttersbrunnen ge- 
tauft worden sei; etwas nördlich lägen aber noch 
bessere Wasserstellen, dort würden wir auch weiße 
Diamantensucher und Buschleute antreffen. Dahin 
ritten wir noch und hielten an einem Wasserloch 
mitten in schöner Kamelweide. Die hier ansässigen 
Buschleute nannten diese Wasserstellen Meob. 
Das war ja das Paradies, wohin uns der ge- 
storbene Au-Gaib führen wollte. Ein Paradies 
im Eingeborenen-Sinne konnte man diese Gegend 
schon nennen: Weide, Wasser, sicherlich viel Wild, 
ein Meeresstrand mit eßbaren Muscheln! Hier 
kann sich auch ein Weißer wohlfühlen. 
Meob soll „Schilfquelle“ bedeuten. Ober- 
leutnant Trenk beschloß, bis zum 18. August in 
Meob zu rasten. Der Alteste auf der in Meob 
gelegenen kleinen Buschmannswerft nannte sich 
Au-Habib; ihm ging es recht gut, seitdem er 
sich Diamantenexpeditionen nützlich machen konnte. 
Wohl flunkerte er uns etwas von Wasserstellen 
vor, die östlich Meob in der Namib liegen und 
von kriegerisch gesinnten Hottentotten bewohnt 
sein sollten; er selbst Zollte aber nicht dagewesen 
sein und auch den Weg zu diesen Wasserstellen 
nicht kennen. 
Von Meob bis Conceptionbucht führt ein 
durch viele Spuren deutlich erkennbarer Weg 
wenige Kilometer östlich der Küste an einer Salz- 
  
pfanne von großer nördlicher Ausdehnung ent- 
lang. Die Entfernung Meob — Conceptionbucht 
beträgt 71 km. Wir bogen am 19. August nach 
Osten zu in die Dünen ab. Damit begann der 
Rückmarsch durch die Namib in Höhe des 
24. Grades südlicher Breite. Diese Durchquerung 
der Namib nach dem Innern bis zur Wasserstelle 
Ababis nahm sechs Tage in Anspruch. 
Am 24. August kamen wir aus den Dünen 
heraus und befanden uns vor dem Naublluft- 
Gebirge in Höhe der Wasserstelle Tsams. Tags 
darauf waren wir in Ababis, am 28. kehrte 
ich nach Maltahöhe zurück. 
Der Teil der Namib, der zwischen dem 24. 
und 26. Grad südlicher Breite liegt und in der 
Hauptsache zum Distrikt Maltahöhe gehört, ist 
heute keine terra incognita mehr. Wichtiges 
Kartenmaterial ist gesammelt worden. Die Leistungs- 
fähigkeit der Kamele in schwerem Dünengelände 
hat die Probe bestanden. Anstrengend war die 
Expedition für ihre Teilnehmer, aber lehrreich 
und von Erfolg gekrönt. 
II. 
Die Gewohnheiten und Rechtsanschauungen der 
Namib-Buschleute. 
Zwischen dem 14. und 16. Längengrad sowie 
dem 24. und 26. Grad südlicher Breite, westlich 
von den Nankluft= und Zarris-Bergen und in 
diesen Bergen selbst, wohnen Buschleute mit 
Namen Ganin und Géinin. Ihre Kopfzahl 
wurde noch vor der im ersten Teil geschilderten 
Expedition auf 400 geschätzt; es dürften aber 
tatsächlich nur 100 Köpfe sein. Die Buschleute 
sind kleine, sehnige, breitschulterige Menschen von 
dunkelgelber, ins Kupferrot überspielenden Haut- 
farbe. Ihre Nahrung besteht in erbeutetem 
Fleisch, das Gemsböcke und andere Antilopen 
sowie Hasen und Schakale liefern; Feldkost, in 
Beeren, gurkenartigen Früchten und Wurzeln be- 
stehend, bilden die Zutat. Früher trugen Männer 
und Weiber der Buschleute Umhänge aus zu- 
sammengenähten Fellen; jetzt beobachtet man 
diese Tracht nur noch bei einzelnen Frauen. 
Die Mehrzahl ist fast unbekleidet und trägt nur 
einen Hüftschutz aus Fellen. An den Füßen 
tragen die erwachsenen Buschleute Sandalen aus 
Gemsbockfell. Der Buschmann baut sich zur 
Unterkunft nur einen Windschutz aus Fellen, 
Buschwerk oder Binsen; bei Kälte und Regen 
zieht er sich in natürliche Felshöhlen zurück. 
Die Buschleute wohnen nur in geringer Zahl 
zusammen; der Werftälteste hat das Amt eines 
Schiedsrichters inne. Religiöse Vorstellungen sind 
so gut wie unbekannt. Früher hatten die Busch-
	        
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