Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

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Übrigens find in Boma, Matadi, Thysville, Leo- 
poldville und Brazzaville Eismaschinen vorhanden. 
Von Thysville geht die Bahn — mit wun- 
derbarer Aussicht — in großen Windungen ab- 
wärts. Das Bild ändert sich nunmehr völlig. 
Statt trockener, oft steriler Bergrücken durchquert 
die Bahn große Wiesenflächen mit Sümpfen; die 
Berge sind mit Hochstämmen und Lianen be- 
waldet. An den meisten Haltestellen sind Mango- 
bäume in großer Zahl angepflanzt. Die ganze 
Strecke, welche die Bahn durcheilt, ist beinahe 
unbewohnt; nirgends erblickt das Auge mensch- 
liche Niederlassungen oder Anlagen, die solche 
andeuten. 
An der Bahn werden manchmal einige Hütten 
sichtbar; sie gehören Bahnarbeitern. Erst im 
letzten Viertel sieht man Dörfer mit Strohhütten. 
Während der zweiten Hälfte der Bahnfahrt 
bemerkte ich mehrere Glossinen im Zuge. Sie 
scheinen sich, wie die Stubenfliege, der Bewegung 
des Zuges angepaßt zu haben. Eines der Tiere 
stach trotz des starken Luftzuges einen Bremser in 
die Wange und wurde voll Blut gesogen getötet; 
es war eine Glossina palpalis. 
In Kinshassa fand ich Unterkunft bei der 
Compagnie internationale des Transports du 
Stanley Pool (Citasc). Kinshassa besteht aus 
dem Gebäudekomplex der Kompagnie „Citas“ 
und einem Eingeborenendorf der Bangallas. Da 
die Umgebung von Kinshassa nicht saniert ist, 
und es an einer Biegung des Kongo unter riesigen 
Bäumen verborgen liegt, ist es nicht zu ver- 
wundern, daß bei Windstille eine Wolke von 
Moskitos darüber schwebt. Der Infektion ist 
um so mehr Tür und Tor geöffnet, als ein Ein- 
geborenendorf sich unmittelbar an die Europäer- 
niederlassung anschließt. Meist handelt es sich 
um eine große Culexart, die durch Oberkleider 
und Unterzeug sticht und so zur unerträglichen 
Plage wird. 
Eine andere sehr empfindliche Belästigung 
bildet eine große Art von Simulien, die Badenden 
und Fußgängern ungemein zusetzen. Ahnliche 
„Sandfliegen“ habe ich am Sanaga beobachtet. 
Die Jaunde nennen sie „Obik“, d. h. Menschen- 
blutsauger. Diese Simulien erzeugen einen Stich, 
der nach Verlauf mehrerer Stunden einen außer- 
ordentlichen, tagelang andauernden Juckreiz aus- 
löst. Unter dem Mikroskop sieht man diese etwa 
hirsekorngroßen Simulien mit mächtigem Stech- 
apparat ausgerüstet. 
Im Westen von Kinshassa liegt Dolo, eine 
versuche mit Glossinen usw. zu machen. 
  
große Gemüsegärtnerei, welche Leopoldville mit 
Gemüsen versorgt. Die Bewässerung wird sehr 
gut durch Pumpwerk vom Kongo her vermittelt. 
Eine Schlachtviehzucht befindet sich dabei. Morgens 
und abends wird je ein Rind geschlachtet (Leo- 
poldville hat etwa zweihundert Weiße). Die 
Rinder gehören teils der großen langgehörnten, 
teils der kleinen Rasse an, wie ich sie in Loangho 
gesehen habe. Erstere stellt ein Kreuzungsprodukt 
mit portugiesischen Rindern dar. Das Vieh wird 
auch zum Zug, zum Lastentragen und als Reit- 
tier angelernt. Vor Jahren herrschte eine Tsetse- 
epidemie unter den Rindern. Die kranken Tiere 
wurden separiert und geschlachtet; seitdem ist eine 
solche Erkrankung nicht wieder vorgekommen. 
Eine Masse Zecken und vor allem große Läuse 
in den Augenbrauen der Rinder wurden von mir 
bemerkt; trotzdem ist das Vieh in leidlich gutem 
Ernährungszustand. 
Am 25. August fuhr ich mit dem kleinen 
Dampfer „Simon“ der „Citas" nach dem gegen- 
überliegenden Brazzaville. Dort werden im Institut 
Pasteur die Schlafkranken unter Leitung zweier 
Kolonialtruppenärzte ambulant behandelt. Das 
Institut enthält sehr hübsche Einrichtungen, Mi- 
kroskopierzimmer mit mehreren Tischen, Räume 
für Tierversuche und Isolierkammern, um Stech- 
Einer 
der Arzte äußerte sich nicht sehr günstig über die 
Atoxyltherapie und die eventuell vorkommenden 
Heilungen. 
Brazzaville ist außerordentlich saniert und 
durch die besondere Fürsorge des Gouvernements 
zu einer mustergültig angelegten Stadt geworden. 
Große Buschstrecken sind niedergelegt und Sümpfe 
ausgetrockhnet. Seitdem ist, im Gegensatz zum 
gegenüberliegenden Kinshassa, die Moskitoplage 
verschwunden. Imponierend ist die große zemen- 
tierte Markthalle mit Wasserspülung, wo die 
Produkte der wohlgeregelten Flußfischerei und der 
Gemüsegärten verkauft werden. Unterkunfts- 
häuser für durchreisende Beamte sind in Bau. 
Auf den schönen breiten Straßen spielt sich be- 
sonders gegen Abend ein lebhafter Verkehr der 
europäischen Bevölkerung zu Wagen und zu Pferd 
ab; auch die ostasiatischen Rikschas fehlen nicht. 
Ein solide gebautes Klubhaus in schöner Lage 
am Strande des Kongo fördert die Geselligkeit. 
Auch in Brazzaville ist die Wohnungsfrage glücklich 
gelöst. Die farbige Bevölkerung ist durchaus aus 
der Wohnungszone der Weißen verbannt. 
(Schluß folgt.)
	        
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