Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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reits Rückzahlungen stattgefunden haben, ist nicht 
ersichtlich. Anscheinend ist dies in erheblichem 
Maße bisher nicht geschehen. 
b) Die Ansiedlungsbeihilfen sind in 10 gleichen 
Jahresraten, vom Ablauf des 6. Jahres beginnend, 
zurückzkuzahlen. Sie sind in den Jahren 1904 bis 
1906 ausgegeben, sind also von 1910 bis 1912 
ab zu tilgen. Der Gesamtbetrag beläuft sich auf 
1 874 953 J¼7, es sind demgemäß von 1912 ab 
insgesamt 187 495 /¼ jährlich hierfür aufzubringen. 
J0) Die sonstigen Hypotheken dürften, wie oben 
ausgeführt, lediglich Sicherungshypotheken sein 
und einer regelmäßigen Amortisationspflicht nicht 
unterliegen. 
Ein klarer Einblick in die Amortisationsver- 
hältnisse läßt sich hiernach nicht gewinnen. 
Berücksichtigt man aber, daß nach dem über- 
einstimmenden Urteile aller Kenner des Landes 
das System der Ansiedlungsbeihilfen sich nicht be- 
währt zu haben scheint, weil die Ansiedler mangels 
geeigneter Kontrolle die empfangenen Gelder nicht 
in zweckentsprechender Weise verwenden, zumeist 
gar nicht in ihr Besitztum investiert haben sollen, 
so erscheint es wohl begreiflich, daß die drohende 
Rückzahlungspflicht die Farmer um so mehr 
ängstigt, als eine höhere Rentabilität des Gutes 
ihr nicht gegenübersteht. Ebenso begreiflich ist es, 
daß kurze Befristung der privaten Hypotheken das 
Damoklesschwert der Geldverlegenheit ständig über 
dem Haupte des Farmers schweben läßt. 
Hierzu kommt, daß, wie die eingehenden und 
dankenswerten Mitteilungen des Herrn Referenten 
überzeugend dartun, auch in fast allen ausländischen 
Kolonien die Erfahrung gelehrt hat, daß derartige 
Kolonisationskredite von wesentlich längerer Dauer 
sein müssen. Besonders lehrreich ist in dieser Be- 
ziehung die aus der Anlage 1 des Referats er- 
sichtliche Entwicklung des Hypothekarkredits in 
Transvaal. Auch dort hat man sich genötigt ge- 
sehen, die anfänglich kürzeren Tilgungsfristen zu 
verlängern. Es wird sich meines Erachtens 
empfehlen, den dort adoptierten Modus auch bei 
den Londverkäufen in Südwestafrika anzuwenden 
und unter den dort eingeführten Kontrollen und 
unter Einführung einer niedrigen Verzinsung die 
Rückzahlung erst nach 5= bis 6 jährigem Zeit- 
ablauf beginnen und von dort ab sich in 25= bis 
30 jährigem Zeitraum vollenden zu lassen. Ich 
möchte ferner empfehlen, nicht nur für die Zu- 
kunft so zu verfahren, sondern auch die noch be- 
stehenden Restkaufgelder= und Ansiedlungsbeihilfen- 
Hypotheken in dieser Weise umzuwandeln. 
Hierdurch würde dem gegenwärtigen und zu- 
künftigen Farmer diejenige Erleichterung in den 
Tilgungsbedingungen, die sich erfahrungsmäßig 
einerseits als notwendig, anderseits als für ihn 
auch erträglich erwiesen hat, gegeben, und das 
  
ganze Problem der Reform des südwestafrikanischen 
Bodenkredits reduziert sich alsdann — soweit der 
Grundkredit dabei in Betracht kommt — auf die 
Frage, wie kann die Umwandlung der restlichen 
3200000 „ kurzfristigen Hypothekarkredits in 
langfristigen herbeigeführt werden? Bei der Er- 
örterung dieser Frage wird man nicht außer acht 
lassen dürfen, daß die 3 200 O000 zwar noch 
innerhalb der oben erwähnten Beleihungsgrenze 
von 58 bzw. 47% des Verkaufswertes liegen, 
daß sie aber den wirklichen Anschaffungswert voll 
und ganz übersteigen, denn der Anschaffungswert 
ergibt sich aus den Restkaufgeldern des Fiskus 
zuzüglich eines der 10 %oigen Anzahlung von 
etwa 300 000 entsprechenden Zuschlages mit 
nur rund 300 000 .7“. 
Die Lösung dieses Problems ist auf den ver- 
schiedensten Wegen versucht worden. Die einen 
halten eine für den Farmer befriedigende Lösung 
nur auf gemeinnütziger Basis für möglich, andere 
glauben, daß auch eine Erwerbsgesellschaft zur 
Lösung dieser Aufgabe wohl imstande ist, wieder 
andere suchen das Heil auf dem Wege einer 
Kombination zwischen einem gemeinnützigen und 
einem Erwerbsinstitute. Der Herr Referent hat 
Ihnen auf S. 139 ff. die verschiedenen nach dieser 
Richtung gegebenen Auregungen zusammengestellt. 
Bevor ich in eine Würdigung dieser Anregungen 
eintrete, möchte ich jedoch die Frage einer Er- 
örterung unterziehen, ob in Südwestafrika die 
allgemeinen Bedingungen für die Ausgestaltung 
des Realkredits in irgendeiner Form überhaupt 
gegeben sind. Voraussetzung eines jeden Real- 
kredits ist das Vorhandensein eines jederzeit 
realisierbaren Objekts. Kann man eine südwest- 
afrikanische Farm als ein solches jederzeit realisier- 
bares Objekt ansehen? Diese Frage wird, soweit 
ich sehen kann, von allen denjenigen, die zu dieser 
Frage das Wort ergriffen haben, ausdrücklich oder 
stillschweigend bejaht. Mir fehlt die nötige Kennt- 
nis des Landes, um hier ein eigenes Urteil fällen 
zu können; ich kann aber nicht umhin, hervor- 
zuheben, daß mir doch ernste Zweifel gekommen 
sind, ob diese Frage wirklich ohne weiteres bejaht 
werden kann. Abgesehen davon, daß viele der 
Landeskundigen gerade in dieser Hinsicht schon 
eine Unterscheidung zwischen Wasserfarmen und 
anderen Farmen machen, gibt auch die uns unter 
Anlage 4 überreichte Statistik der Zwangsver- 
steigerungen zu Zweifeln Anlaß. 
Nach dieser Aufstellung wurden in den Jahren 
1906 bis 1910 Anträge auf Zwangsversteigerung 
gestellt bei 63 Farmen und 2 Kleinsiedlungen. 
Hiervon kamen zur Versteigerung 17 Farmen 
und 1 Kleinsiedlung. Es wurden vom Glänbiger 
erstanden 8 Farmen, von Dritten ersteigert 
9 Farmen und 1 Kleinsiedlung. Die Anträge
	        
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