Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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dies ein durch tropisch-üppige Vegetation des 
Unterholzes verwilderter, von einer Anzahl größerer 
Bäche durchschnittener Olpalmenwald, in welchem 
Hütten von Eingeborenen stehen. Die feuchte 
Waldluft scheint der Glossina palpalis, wie ähn- 
liches auch aus den westafrikanischen Urwäldern 
berichtet wird, besonders zu behagen, so daß sie 
hier nicht wie am Victoriasee sich an offenes 
Wasser bindet. Die Verseuchung der Einwohner des 
Mtara-Waldesistsehr stark. Stabsarzt Penschke hat 
darüber folgende Zahlen zusammengestellt. Bewohnt 
sind noch 400, ausgestorben 204 Hütten. Insgesamt 
find 550 Personen gestorben; von den noch 
lebenden sind 890 gesund, 400 krank. Bei 
meiner Anwesenheit war die Kigali-Straße etwa 
150 Meter breit im Mtara-Wald freigeschlagen, 
die Straße ging in weiten Schlängelungen durch 
die gerade freigeschlagene Fläche, Unterholz war 
bereits wieder üppig nachgewachsen (Abb. 8). Auf 
dem Wege fanden wir keine Fliegen, aus dem nicht 
freigeschlagenen Walde brachten die Fliegenfänger 
zwei Palpales. Die Kommission unter Führung 
von Oberstabsarzt Ollwig, welche kurz vor mir 
den Wald besichtigt hatte, hat folgende Maß- 
nahmen vorgeschlagen: 1. Nochmalige Nachholzung 
mit Verbreiterung auf 200 Meter und Gerade- 
legung der Straße; 2. Entfernung der Einwohner 
aus dem Walde. (Es kommen noch etwa 80 
Familien in Betracht); 3. Sperrung des Waldes 
jedoch Freigabe der Kigali-Straße. Dem Besitzer 
des Waldes werden für die Zeit der Sperrung 
100 Rupie jährliche Entschädigung, jeder Familie 
bei Verlegung 10 Rupie bezahlt. Es ist zu 
hoffen, daß in einigen Jahren bei strenger 
Sperrüng des Waldes die darin vorhandenen 
Glossinen aus Nahrungsmangel wesentlich an Zahl 
abgenommen und daß die noch vorhandenen an 
Infektiosität eingebüßt haben. Dann wird man 
daran gehen können, den Wald zu sanieren, und 
zwar in der Weise, daß man das Unterholz ent- 
fernt und den Wald lichtet, aber die besten Palmen 
stehen läßt. In einem gut gehaltenen Olpalmen- 
wald werden sich Glossinen nicht halten können, 
sondern nur in einem verwilderten. 
Sanierungsarbeiten, wie das Freischlagen der 
Kigali-Straße im Mtara-Wald, bringen erhöhte 
gesundheitliche Gefahren für die Arbeiter mit sich, 
was auch dann nicht ganz unbedenklich ist, wenn 
diese Arbeiter nur den Anwohnern entnommen 
find. Ich habe daher Stabsarzt Dr. Penschke 
den Schutz der Arbeiter durch weiße Kleidung 
empfohlen, eine Maßregel, für die schon früher 
Dr. Kandt eingetreten ist. Auch an einer anderen, 
südlicher am Tanganika gelegenen, ähnlich ge- 
fährdeten Abholzungsstelle habe ich diesen Vor- 
schlag wiederholt. Einen absoluten Schutz vor 
Fliegenstichen wird man durch Bekleidung der 
werden. 
  
Arbeiter allerdings nicht erzielen, aber schon eine 
Verminderung der Gefahr rechtfertigt den Versuch. 
Am Tanganikasee habe ich auch den Russissi 
von seiner Mündung aus mit dem Boot befahren. 
Die Flußufer sind nahe der Mündung mit Schilf 
bewachsen, Glossinen in nicht sehr großer Zahl 
verfolgten das Boot, ich konnte dreier habhaft 
Bei der untersten Fähre hört das 
Schilf auf und es beginnt eine bis ans Flußufer 
reichende Grasweide. Auf Abbildung 9 ist bei 
den Bäumen die unterste Fähre über den Russissi 
zu sehen. Ich glaube, daß die Reinigung der 
Russissi-Mündung möglich ist und durchgeführt 
werden sollte, zumal da am Nordufer des Tan- 
ganikasees stets sehr viele Fischerboote verkehren 
und eine Kontrolle, daß diese Boote nicht in die 
zahlreichen Mündungen einfahren, kaum möglich 
sein dürfte. 
Auf der Fahrt von Usumbura nach Udjidji 
besuchte ich zunächst die am nördlichsten gelegene 
Schlafkrankenbehandlungsstelle Migera, wo ein 
Sanitätsunteroffizier stationiert war. Er hatte 
etwa 150 Kranke an vier Tagen im Monat mit 
Atoxyl einzuspritzen; seine Hauptaufgabe bestand 
aber in Abholzungen im Bereich seines bis 
Usumbura reichenden Wirkungskreises. Das See- 
ufer war überall schon früher saniert, dagegen 
mußte die Palpalis noch in den zahlreichen Fluß- 
tälern vertilgt werden. Die beiden Usumbura 
benachbarten Flußläufe waren noch nicht abge- 
holzt, sie sollten aber noch vor Beginn der Regen- 
zeit fertiggestellt werden; dagegen war von da 
südwärts schon eine Reihe von Bächen und 
Flüssen mit durchschnittlich etwa 300 Arbeitern 
durch Abholzungen von der Glossina palpalis 
befreit. 
In dem sdüdlich sich anschließenden Schlaf- 
krankenlager Urambi (Oberarzt Eckard) besich- 
tigte ich einen abgeholzten Flußlauf (Abb. 10). Die 
Abholzungen der Flüsse werden, nach gründlichem 
Absuchen nach Glossinen, etwa eine halbe Stunde 
oberhalb der obersten Stelle, an welcher Glossinen 
noch gefunden worden sind, begonnen und von 
da nach unten bis zur Mündung in den Tan- 
ganika durchgeführt. Abgeholzt wird hauptsäch- 
lich das niedrige Gebüsch, große Bäume bleiben 
stehen, von Olpalmen werden nur die unteren 
herabhängenden verdorrten Wedel entfernt, ebenso 
werden Bananenpflanzungen nur durch Ent- 
fernung der abgedorrten Blätter gelichtet. Die 
abgeschnittenen Pflanzenteile werden zu Haufen 
gestapelt und wenn sie durch die Sonne getrocknet 
sind, in Brand gesteckt. Sehr wichtig ist, daß bei 
diesen Abholzungen die Anpflanzungen der Ein- 
geborenen in der Regel nicht beschädigt zu werden 
brauchen; nur einmal hat Oberarzt Eckard beob- 
achtet, daß in einer sehr hoch und üppig ge-
	        
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