W 54 20
sie auch sonst auf allen Gebieten des kauf-
männischen Lebens als Konkurrentin der anderen
Banken auftritt und an die Kunden direkt die-
selben Sätze macht, die sie den Banken machen
würde, so haben auch diese keine Veranlassung,
sich an die Nationalbank als Zentralinstitut zu
halten. Es gibt dort also weder den Re-Escompte,
noch den Lombard, wie er bei den europäischen
Notenbanken vorhanden ist, so daß eben die
Banken fast ganz allein auf Europa angewiesen sind.
Wenn demnach in einem Zeitpunkt wie dem
gegenwärtigen, in welchem die politischen Ver-
hältnisse im nahen und fernen Orient und in
Europa die europäischen Großbanken zwingen,
den Kredit einzuschränken, derartige Kredit-
reduzierungen vorgenommen werden, so muß dies
einen gewaltigen Rückstoß auf ein Land wie
Agypten ausüben, wo nicht nur diese politischen
Faktoren ins wirtschaftliche Kalkül gezogen werden
müssen, sondern wo auch die noch nicht ver-
narbten Wunden einer sehr schweren Krisis vor-
handen sind.
In der Tat wurde das Verlangen nach Ein-
schränkung der Geschäfte von allen Banken un-
gemein scharf geäußert. Die Folge davon ist,
daß die Gelder, welche sonst zu Beginn der
Ernte in den Monaten Oktober und November
reichlich ins Innere des Landes gehen konnten,
um Baumwolle zu kaufen und sie auf den Markt
zu bringen, nur in sehr spärlichem Maße fließen.
Der Bauer hat daher den größten Teil seiner
Ernte noch nicht verkauft, kann infolgedessen nur
schwer seine Steuern und seine Schulden be-
zahlen, und diese Kette der Krediteinschränkungen
wirkt fort, von dem Bauer und Baumwollhändler
auf den Importeur, der natürlich gezwungen ist,
sein Geschäft mit einem Schlage wesentlich ein-
zuschränken.
Diese gewaltsame Reduzierung der Kredit-
verhältnisse ist es daher, die die heutige Krisis,
in Wahrheit eine Kreditkrise, ve ranlaßt haben.
Bei normalen Zeiten hätte eine solche nicht ein-
treten dürfen, denn die Spekulation hat seit 1907
fast ganz aufgehört.
Was Agypten jetzt nottäte, wäre eine ruhige
Weiterentwicklung seiner Kreditverhältnisse. Vor
allem liegt es nicht im Interesse weder der
ägyptischen noch der europäischen Banken, die an
der Entwicklung des Landes beteiligt sind, durch
überstürzte Kreditkündigungen die Lage noch mehr
zu verschärfen.
Natürlich müssen die Vorkommnisse ihre Wir-
kung auch auf den Import ausüben. Es steht
zu fürchten, daß namentlich im nächsten Frühjahr
und Sommer, wenn die Goldvorräte aus der
jetzigen Ernte aufgezehrt sind, bei dem Ausfall
von 7 Millionen Pfund knappe Geldverhältnisse
eintreten und daß dann die Zahlungen mancher
Firmen gestundet- werden müssen.
Baumwollernte der Vereinigten Staaten
von Kmerika 1911.
Nach der Schätzung des Ackerbau-Departements
der Regierung in Washington beläuft sich die
Baumwollernte der Vereinigten Staaten von
Amerika im Herbste 1911 auf 7 121 713 000
Pfund (ohne Linters) oder 14 885 000 Ballen
von 500 Pfund. Auf die Baumwollstaaten ver-
teilt sich die Ernte nach dieser Schätzung, im
Vergleiche zum Vorjahr und zum Durchschnitt
der fünf früheren Jahre, wie folgt:
Ernte in Ballen von 500 Pfund
Staat 1911 1910 Durchschnitt
Schätzung Zensus 1905/09 (Zensus)
Virginien 23 000 14 815 12 084
Nord-Carolina 935 000 706 142 610 268
Süd-Carolina 1 480 O00 1 163 501 1 068 802
Georgia . 2 560 000 1 767202 1 765 231
Florida . 73000 58 949 58 127
Alabama. 1 600 000 1 194 250 1 196 571
Mississippri 1 195 000 1262 680 1 387 331
Louisiana 395 000 245 648 580 047
Teras 4 280 000 3 049 409 3 070 723
Arkansas. 915 000 821 233 816.280
Tennessee 120 000 331 947 290 205
Missouri 83 000 59 633 48 076
Oklahoma 915000 923 063 734 604
Kalisornien. 11 000 5 9806
Andere Staaten 4 158 2202
14 885 000 11 608 616 11 640 551
Die Schätzung des Ackerbau-Departements
blieb in früheren Jahren regelmäßig hinter dem
wirklichen Ertrage der Ernte nicht unwesentlich
zurück. (Nach Bradstreet’s.)
Baumwollanbau in Britisch-Indien.
Während der letzten Jahre sind so häufig
Projekte für die Anpflanzung besserer Baumwoll-
arten in Indien bekannt geworden, die aber
später stets im Sande verliefen, daß man unwill-
kürlich auch die neuesten Mitteilungen, die bekannt
werden, und nach denen größere Distrikte mit
„Upland American“ bepflanzt werden sollen, ein
wenig skeptisch aufnehmen muß.
Von der indischen Regierung und auch von
den Bauern sind bereits verschiedene Versuche
gemacht worden, um den Anbau der langfaserigen
Baumwolle zu heben, aber sonderbarerweise
hat es bisher in Indien stets an den Käufern,
oder vielleicht besser gesagt, an den Verschiffern
der langstapeligen Faser gefehlt.