Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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sie auch sonst auf allen Gebieten des kauf- 
männischen Lebens als Konkurrentin der anderen 
Banken auftritt und an die Kunden direkt die- 
selben Sätze macht, die sie den Banken machen 
würde, so haben auch diese keine Veranlassung, 
sich an die Nationalbank als Zentralinstitut zu 
halten. Es gibt dort also weder den Re-Escompte, 
noch den Lombard, wie er bei den europäischen 
Notenbanken vorhanden ist, so daß eben die 
Banken fast ganz allein auf Europa angewiesen sind. 
Wenn demnach in einem Zeitpunkt wie dem 
gegenwärtigen, in welchem die politischen Ver- 
hältnisse im nahen und fernen Orient und in 
Europa die europäischen Großbanken zwingen, 
den Kredit einzuschränken, derartige Kredit- 
reduzierungen vorgenommen werden, so muß dies 
einen gewaltigen Rückstoß auf ein Land wie 
Agypten ausüben, wo nicht nur diese politischen 
Faktoren ins wirtschaftliche Kalkül gezogen werden 
müssen, sondern wo auch die noch nicht ver- 
narbten Wunden einer sehr schweren Krisis vor- 
handen sind. 
In der Tat wurde das Verlangen nach Ein- 
schränkung der Geschäfte von allen Banken un- 
gemein scharf geäußert. Die Folge davon ist, 
daß die Gelder, welche sonst zu Beginn der 
Ernte in den Monaten Oktober und November 
reichlich ins Innere des Landes gehen konnten, 
um Baumwolle zu kaufen und sie auf den Markt 
zu bringen, nur in sehr spärlichem Maße fließen. 
Der Bauer hat daher den größten Teil seiner 
Ernte noch nicht verkauft, kann infolgedessen nur 
schwer seine Steuern und seine Schulden be- 
zahlen, und diese Kette der Krediteinschränkungen 
wirkt fort, von dem Bauer und Baumwollhändler 
auf den Importeur, der natürlich gezwungen ist, 
sein Geschäft mit einem Schlage wesentlich ein- 
zuschränken. 
Diese gewaltsame Reduzierung der Kredit- 
verhältnisse ist es daher, die die heutige Krisis, 
in Wahrheit eine Kreditkrise, ve ranlaßt haben. 
Bei normalen Zeiten hätte eine solche nicht ein- 
treten dürfen, denn die Spekulation hat seit 1907 
fast ganz aufgehört. 
Was Agypten jetzt nottäte, wäre eine ruhige 
Weiterentwicklung seiner Kreditverhältnisse. Vor 
allem liegt es nicht im Interesse weder der 
ägyptischen noch der europäischen Banken, die an 
der Entwicklung des Landes beteiligt sind, durch 
überstürzte Kreditkündigungen die Lage noch mehr 
zu verschärfen. 
Natürlich müssen die Vorkommnisse ihre Wir- 
kung auch auf den Import ausüben. Es steht 
zu fürchten, daß namentlich im nächsten Frühjahr 
und Sommer, wenn die Goldvorräte aus der 
jetzigen Ernte aufgezehrt sind, bei dem Ausfall 
von 7 Millionen Pfund knappe Geldverhältnisse 
eintreten und daß dann die Zahlungen mancher 
Firmen gestundet- werden müssen. 
Baumwollernte der Vereinigten Staaten 
von Kmerika 1911. 
Nach der Schätzung des Ackerbau-Departements 
der Regierung in Washington beläuft sich die 
Baumwollernte der Vereinigten Staaten von 
Amerika im Herbste 1911 auf 7 121 713 000 
Pfund (ohne Linters) oder 14 885 000 Ballen 
von 500 Pfund. Auf die Baumwollstaaten ver- 
teilt sich die Ernte nach dieser Schätzung, im 
Vergleiche zum Vorjahr und zum Durchschnitt 
der fünf früheren Jahre, wie folgt: 
Ernte in Ballen von 500 Pfund 
  
  
Staat 1911 1910 Durchschnitt 
Schätzung Zensus 1905/09 (Zensus) 
Virginien 23 000 14 815 12 084 
Nord-Carolina 935 000 706 142 610 268 
Süd-Carolina 1 480 O00 1 163 501 1 068 802 
Georgia . 2 560 000 1 767202 1 765 231 
Florida . 73000 58 949 58 127 
Alabama. 1 600 000 1 194 250 1 196 571 
Mississippri 1 195 000 1262 680 1 387 331 
Louisiana 395 000 245 648 580 047 
Teras 4 280 000 3 049 409 3 070 723 
Arkansas. 915 000 821 233 816.280 
Tennessee 120 000 331 947 290 205 
Missouri 83 000 59 633 48 076 
Oklahoma 915000 923 063 734 604 
Kalisornien. 11 000 5 9806 
Andere Staaten 4 158 2202 
14 885 000 11 608 616 11 640 551 
Die Schätzung des Ackerbau-Departements 
blieb in früheren Jahren regelmäßig hinter dem 
wirklichen Ertrage der Ernte nicht unwesentlich 
zurück. (Nach Bradstreet’s.) 
Baumwollanbau in Britisch-Indien. 
Während der letzten Jahre sind so häufig 
Projekte für die Anpflanzung besserer Baumwoll- 
arten in Indien bekannt geworden, die aber 
später stets im Sande verliefen, daß man unwill- 
kürlich auch die neuesten Mitteilungen, die bekannt 
werden, und nach denen größere Distrikte mit 
„Upland American“ bepflanzt werden sollen, ein 
wenig skeptisch aufnehmen muß. 
Von der indischen Regierung und auch von 
den Bauern sind bereits verschiedene Versuche 
gemacht worden, um den Anbau der langfaserigen 
Baumwolle zu heben, aber sonderbarerweise 
hat es bisher in Indien stets an den Käufern, 
oder vielleicht besser gesagt, an den Verschiffern 
der langstapeligen Faser gefehlt.
	        
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