Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

W 265 20 
Verordnung des Reichskanzlers, betr. die strafrechtlichen und Dissiplinarverhältnisse 
der farbigen fungehörigen der Kaiserlichen Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika. 
Vom 14. März 1914. 
niß Auf Grund des § 27 des Gesetzes, betreffend die Kaiserlichen Schutztruppen in den afrika= 
hi chen Schutzgebieten und die Wehrpflicht daselbst, vom 18. Juli 1896 (Reichs-Gesetzbl. S. 653) wird 
erdurch verordnet, was folgt: 
Kbschnitt I. 
Militär-Strafgerichtsordnung. 
sch, 8 1. Das strafgerichtliche Verfahren gegen farbige Angehörige der Schutztruppe richtet 
an- soweit nicht im nachstehenden abweichende Bestimmungen getroffen sind, nach den siungemäß 
anzuwendenden Grundsätzen 
1. der Militärstrafgerichtsordnung vom 1. Dezember 1898 (Reichs-Gesetzbl. S. 1189) 
sowie der Kaiserlichen Verordnung, betreffend das strafgerichtliche Verfahren gegen 
Militärpersonen der Kaiserlichen Schutztruppen, vom 2. November 1909 (eichs- 
Gesetzbl. S. 943); 
2. des Militärstrafgesetzbuchs vom 20. Juni 1872 (Reichs-Gesetzbl. S. 174) und des 
Einführungsgesetzes zu demselben vom 20. Juni 1872 (Reichs-Gesetzbl. S. 173); 
. der Verfügung des Reichskanzlers wegen Ansübung der Strafgerichtsbarkeit und der 
Disziplinargewalt gegenüber Eingeborenen in den deutschen Schutzgebieten von Ost- 
afrika, Kamerun und Togo vom 22. April 1896 (Kol. Bl. S. 241). 
§* 2. Die strafbaren Handlungen sind den Verhältnissen des Schutzgebiets gemäß derartig 
du beurteilen, daß die freieste Auffassung der gesetzlichen Bestimmungen Platz greift. Insbesondere 
wird bei zahlreichen durch das Militärstrafgesetzbuch mit Strafe bedrohten Handlungen eine weit- 
gehende Milde anzuwenden sein, da die strengen, auf den heimischen Voraussetzungen einer entwickelten 
oldatenehre und Untertanentreue beruhenden Bestimmungen des Militärstrafgesetzbuchs auf den 
Farbigen nur sehr bedingt übertragbar sind. 
§* 3. Die zulässigen gerichtlichen Strafen im Sinne dieser Verordnung sind: 
a) Todesstrafe, 
b) Freiheitsstrafe, und zwar: 
1. wenn ihre Dauer mehr als sechs Wochen beträgt, Kettenstrafe, 
2. bei kürzerer Dauer, Arrest, 
3. Prügelstrafe bis zu zweimal 25 Hieben gegen farbige Angehörige ohne Dienstgrad. 
» Bei der Strafausmessung dient als Anhalt, daß acht Monate Kettenstrafe einem Jahre 
Juchthaus, sechs Monate Kettenstrafe einem Jahre Gefängnis, zwei Monate Kettenstrafe sechs Monaten 
Festungshaft und bei Gefängnis bis zu sechs Wochen und bei Haft ein Tag mittlerer Arrest einem 
lage Gefängnis bzw. Haft entsprechen. 
o die allgemeinen Strafgesetze Geldstrafe androhen, tritt an deren Stelle Arrest oder 
W 
Prügelstrafe. 
d § 4. Neben Kettenstrafe kann auf Entfernung aus der Truppe erkannt werden. Neben 
er Arreststrafe kann vom Kommandeur der Schutztruppe die Entfernung vom Dienstgrade ver- 
fügt werden. 
§ 5. Neben Freiheitsstrafe kann auf Prügelstrafe bis zu zweimal 25 Hieben erkannt werden. 
Milit. 8 Unter Offizieren im Sinne dieser Verordnung sind auch Sanitätsoffiziere und obere 
bilitärbeamte, unter Unteroffizieren auch Sanitätsunteroffiziere zu verstehen. 
* § 7. Sobald der nächste mit Disziplinarstrafgewalt ausgestattete Befehlshaber durch eine 
Ozeige oder auf anderem Wege von dem Berdacht einer militärgerichtlich zu verfolgenden strafbaren 
nandlung Kenntnis erhält, so hat er, soweit nötig, durch ein Ermittelungsverfahren den Tatbestand 
estzustellen. Der Befehlshaber hat das Ermittelungsverfahren tunlichst selbst vorzunehmen. Nötigen- 
alls kann er eine ihm unterstellte deutsche Militärperson mit dem Ermittelungsverfahren beauftragen. 
d Ob die Ermittelungen schriftlich oder mündlich vorzunehmen sind, bleibt dem Ermessen des 
as Ermittelungsverfahren Führenden überlassen. Bildet eine mit dem Tode, mit Zuchthaus oder 
dii einer anderen Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren bedrohte Handlung den Gegenstand 
Er Untersuchung oder ist der die Ermittelungen führende Befehlshaber nicht Offizier, so sind die 
mittelungen schriftlich vorzunehmen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.