Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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worden, daß er — nach den bis jetzt vor- 
liegenden Nachrichten — an der nigerischen 
Grenze eine kräftige entscheidende Offen- 
sive nicht mehr hat ergreifen können. Es 
kam dort nur zu kleineren Plänkeleien auf eng- 
lischem Gebiet, wohin unsere Kräfte vorstießen. 
Hierbei hat, nach englischen Berichten, eine unserer 
Abteilungen Mitte November 1914 einen Vorstoß 
nach Gazabu in der Richtung auf Bakundi 
gemacht, wo ein englischer Offizier schwer ver- 
wundet wurde und zwei Tage darauf seinen 
Wunden erlegen ist. 
Ende November 1914 hat bei Rssanakang 
ein für uns glückliches Gefecht stattgefunden; 
nähere Nachrichten darüber fehlen. Dagegen war 
es dem Feind gelungen, Mitte November 1914 
Rio del Rey, wo unsererseits ein Sicherungs- 
posten gestanden hatte, zu besetzen. 
Über die Lage an der Nordwestfront gegen 
Nigerien gibt ein von den „Times“ veröffent- 
lichter Brief vom 24. November 1914 Aufschluß: 
„Die Kämpfe werden hier fortgesetzt; sie nehmen 
immer mehr den Charakter eines Guerillakrieges an. 
Der Vorteil ist auf unserer Seite; denn der Feind ist 
außerstande, neue Vorräte und Munition heranzuschaffen. 
Trotzdem halten die Deutschen immer noch aus. Sie 
haben uns sogar einige böse Schläge gegeben. 
Es war im August in Yola, als die Dentschen 
uns die erste Nuß zu knacken gaben. Hierbei fielen 
sechs weisze Offiziere, darunter ein Arzt, der eben ins 
Feld gezogen war. Im nächsten Monat eroberten sie 
Rssanakang zurück, wobei drei weiße Offiziere getötet 
und sechs gefangen genommen wurden; außerdem fielen 
ungefähr 100 Eingeborene. Unsere Soldaten hielten 
sich sehr tapfer, und erst als die Gräben mit Toten 
gefüllt waren, gab Milne-Howe den Befehl, durch- 
zubrechen. Es gelang den meisten, durch den Busch 
zu entkommen und am 6. September nach tagelangem 
Umherirren halb verhungert nach Ikom zurückzu- 
gelangen. Einige Tage darauf besuchte ich in Be- 
gleitung eines Marinetransportoffiziers unter dem 
Schutze der weißen Flagge das deutsche Lager in 
Rssanakang. In unserm Boot, das die weiße Flagge 
und die Rote-Kreuz-Flagge gehißt hatte, führten wir 
Medizin und Verbandzeng für unsere gefangenen Ver- 
wundeten und sonstige Vorräte für die übrigen Ge- 
fangenen mit. Die deutschen Offiziere erwiesen sich 
als sehr nette Kerle. 
Auf unserm Heimwege stromaufwärts trafen wir 
zwei britische Offiziere in furchtbarer Verfassung. Nie- 
mals zuvor habe ich englische Offiziere in solch schreck- 
lichem Zustand gesehen. Sie waren schmutzig, voll- 
kommen durchnäßt:; die Uniform bestand nur noch aus 
lauter Lumpen. Sie waren vor dem Feinde geslohen, 
hatten einen Fluß durchschwommen, tagelang gehungert 
und gelangten endlich auf britisches Gebiet. Wir nahmen 
sie auf, ebenso andere Versprengte und brachten sie 
nach Jkom.“ 
Nach Berichten englischer Offiziere soll sich, 
wie unten ausgeführt ist, im Laufe des Dezember 
unsere an Zahl ungenügende Abteilung, die im 
Ossidingebezirk gegen die nigerische Grenze stand, 
kämpfend allmählich haben zurückziehen müssen. 
  
Schon aus der letzten Veröffentlichung geht 
hervor, daß auf Duala alle irgendwie verfüg- 
baren Kräfte der vereinigten Engländer und Fran- 
zosen angesetzt waren. Diesen gewaltigen Land- 
und Seestreitkräften hatten wir dort nur 600 Ge- 
wehre, 4 alte Geschütze 73, 5 Maschinengewehre 
und die mangelhafte Armierung der kleinen Küsten- 
dampfer „Herzogin Elisabeth"“ und „Nachtigal“ 
entgegenzusetzen. Bei der erdrückenden Übermacht 
des Feindes, die bei den vielen Umgehungs- 
gelegenheiten besonders gefährlich war, mußte die 
befestigte Stellung in Duala geräumt werden. 
Es ist kein Zweifel, daß die Feinde nur durch 
die verräterische Unterstützung der Duala- 
in dem viel und weit verzweigten Kriekgebiet 
bei Duala sich haben zurechtfinden und zu Lande 
unsere Flanken und unsern Rücken haben be- 
drohen können. Ohne diese Hilfe für die Feinde 
hätte sich sicherlich unsere Truppe bei Duala ganz 
erheblich länger gehalten. Auch das verhältnis- 
mäßig glückliche Vorwärtsgehen der feindlichen 
Operationen gegen Edea, an der Nordbahn, gegen 
Jabassi und Buea ist ausschließlich auf das ver- 
räterische Verhalten der Duala zurückzuführen, 
die — bei den Eingeborenen dieser Gebiete durch 
ihre Handelstätigkeit und ihre verwandtschaftlichen 
Beziehungen wohl bekannt und schon immer ein- 
flußreich — mit deren Hilfe überall die Feinde 
gewarnt und sicher zu den verwundbaren Punkten 
unserer Stellungen geführt haben. 
Im Verlauf des Oktober und November 1914 
operierten die Feinde von Duala aus nach drei 
Richtungen, und zwar: Wuri aufwärts gegen 
Jabassi, gegen die Nordbahn und die Mittel- 
landbahn. 
Hauptman Hädicke hatte sich mit der 1. Kom- 
pagnie, bei der sich auch Oberleutnant a. D. 
Pflanzer Herbst befand, von Duala nach Jabassi 
zurückgezogen und dort verschanzt. 
Seine Abteilung — kaum 300 Gewehre — 
wurde dort am 8. Oktober von weit überlegenen 
englischen Kräften angegriffen (nach englischen 
Berichten 6 Kompagnien und 1 Bataillon der 
West African Frontier Force mit den erforderlichen 
armierten Flußfahrzeugen). Der Feind wurde 
nach siebenstündigem Gefecht glänzend ab- 
geschlagen. Am Tage darauf wurde sogar 
der armierte Flußdampfer „Balbus“ genommen 
und zerstört, so daß die Engländer diese Ex- 
pedition, die sie 10 Europäer und annähernd 
200 Farbige gekostet hatte, aufgaben und nach 
Duala zurückkehrten. Unsere Verluste betrugen 
nur 5 farbige Soldaten tot und 4 verwundet. 
Über diese Expedition veröffentlichen die 
„Times“ folgenden Brief eines englischen Offiziers 
aus Duala vom 14. Oktober 1914:
	        
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