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aufhalten. Danach ist der Befehl, der Mitte
November 1914 aus London an die westafrika-
nischen englischen Kolonien anscheinend allgemein
gegeben worden ist, nämlich sämtliche Deutschen
als kriegsgefangen nach England abzuschieben,
auf Togo nicht ausgedehnt worden. Dort be-
finden sich daher auch jetzt noch wenigstens einige
Angestellte der deutschen Handels= und Pflanzungs-
unternehmungen zur Aufrechterhaltung der Be-
triebe, sowie Angehörige der Missionen. Der
größere Teil davon hält sich in Lome auf.
Einzelne Personen befinden sich auch im Innern
auf ihren Pflanzungen. Diese werden mit ein-
geborenen Arbeitern weiter betrieben. Der
Handelsbetrieb der kaufmännischen Firmen be-
schränkt sich in der Hauptsache auf den Aus-
verkauf der Warenbestände. An dem Einkauf
von Produkten beteiligen sich die deutschen Firmen
nicht, so daß die englischen Firmen diesen Ge-
schäftszweig vollständig allein beherrschen.
Die Deutsch-Westafrikanische Bank hat Mitte
November ihren Betrieb schließen müssen. Für
sie hat die englische „Bank of British Westafrica“
im Zollgebäude in Lome eine Niederlage eröffnet.
Die Zollkredite, welche die deutsche Verwaltung
vor dem Kriege den Firmen bewilligt hatte, sind
in Höhe von 180 000 IF von der englischen Re-
gierung eingezogen worden.
Die deutsche Missionstätigkeit darf in Lome
unter gewissen Beschränkungen auch weiterhin
ausgellbt werden.
Die Straßen, in denen sich die Missionare be-
wegen dürfen, sind genau angegeben. Nur ein-
zelnen Missionaren ist es gegen besonderen Paß
gestattet, über diese Grenzen hinauszugehen, so
daß sie nach wie vor sogar außerhalb der Stadt
seelsorgerisch tätig sein können. Es wird öffent-
lich viel gebetet.
Das Regierungs-Krankenhaus wird weiter be-
trieben; für Medikamente, Nahrungsmittel und
Getränke ist hinreichend gesorgt.
Weit unerquicklicher gestalteten sich die Ver-
hältnisse in dem von den Franzosen besetzt ge-
haltenen Teile Togos. Uüber die dortigen Verhält-
nisse werden die Deutschen in Lome nur durch
Eingeborene unterrichtet, die in dem französischen
Landesteil tätig sind. Es ist keinem Deutschen
erlaubt, in das von den Franzosen besetzte Ge-
biet hinüber zu gehen. Die Faktoreien der
Deutschen sind, wie im Anechobezirk, so auch in
den Bezirken Atakvame und Sokode-Bassari ge-
schlossen worden. Ob das in den betreffenden
Niederlassungen liegende Bargeld abtransportiert
werden konnte, darüber liegen sichere Nachrichten
nicht vor. Die geschlossenen Faktoreien sollen
allerdings polizeilich ausreichend bewacht sein.
Ob das aber auch auf den kleineren Nebenplätzen
geschehen oder möglich gewesen ist, dafür fehlen
Anhaltspunkte. Nachrichten über Zerstörung deut-
scher Anlagen durch französische farbige Soldaten
liegen immerhin vor. Pflanzungsbetriebe, die in
dem von den Franzosen besetzten Teil liegen,
werden, so gut es geht, durch schwarze Aufseher
aufrecht erhalten.
Hiernach sind die Handels= und Pflanzungs-
betriebe der Deutschen und ebenso die Missions-
stationen jedenfalls in dem englischen Togoteil in
einer günstigeren Lage gegenüber der Behandlung,
die in Kamerun Pflanzer, Kaufleute, Missionare
und ihre Niederlassungen durch die verbündeten
Feinde erfahren haben; dort sind ja bekanntlich
sämtliche Deutschen auf die schmählichste Weise
weggeführt und ihre Niederlassungen der Plünde-
rung preisgegeben worden.
(Abgeschlossen am 28. Februar 1915.)
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WV. Deutsch-Südwestafrika.
Bezüglich der Ereignisse in Südwestafrika sind
wir fast in noch höherem Maße als bei unseren
anderen afrikanischen Besitzungen auf die Mit-
teilungen aus fremden, hauptsächlich englischen
Quellen angewiesen. Wie diese zu bewerten sind,
lehrt uns die Erfahrung. Und so muß man
denn auch hinter alle diese, meist durch Reuter
über die Vorgänge in Sdüdafrika verbreiteten
Meldungen zunächst einmal ein großes Frage-
zeichen setzen.
Aus den wenigen, aus Windhnk neuerdings
hier eingegangenen amtlichen Meldungen können
wir mit Sicherheit entnehmen, daß die mili-
tärische Lage in Südwestafrika bis jetzt
durchaus zufriedenstellend ist, und daß es,
abgesehen von der Besetzung der Küstenplätze
Lüderitzbucht und Swakopmund, den englisch-süd-
afrikanischen Truppen selbst mit ihren starken Kräften
nicht gelungen ist, in unserm Gebiet festen Fuß
zu fassen. Wo sie den Versuch dazu machten, ist
er ihnen gründlich mißglückt. Die betreffenden
gegenteiligen Mitteilungen Reuters erwiesen sich
als ebenso unwahr wie die angeblich zuverlässigen
Meldungen, daß die Deutschen in Südwest Mangel
an Lebensmitteln litten, und die Militärbehörden
deswegen die täglichen Rationen der Truppen
vermindert hätten.
Demgegenüber ist — ebenfalls aus englischer
Ouelle — bekannt geworden, daß anscheinend
im Innern starke Niederschläge stattge-
funden haben. Diese Meldung darf um so
mehr als richtig angenommen werden, als darin
auch ausgedrückt wird, daß die Engländer eben