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bleiben von den englischen Behörden in der
Hauptsache unbehelligt, dagegen sind allerdings
an einigen Missionsstätten Schwierigkeiten zu
überwinden, die infolge der Kriegsverhältnisse
durch Treibereien der nicht christlichen Eingebo-
renen gegen die der Mission angehörigen Ein-
geborenen in gesteigertem Maße entstehen.
Im Gegensatz dazu scheint in dem von den
Franzosen besetzten Teil Togos die Lage der
Missionen schwierig zu sein. Hier nimmt die
französische Verwaltung offenbar wenig oder gar
keine Rücksicht auf die Interessen der Missionen
und ihrer Angehörigen, während die in der Zeit
vor der feindlichen Besetzung zum Christentum
bekehrten Eingeborenen treu zu ihrer Kirche stehen.
In Ergänzung unserer früheren Mitteilungen
sei nachstehend im Auszug eine eingehende Schil-
derung der Ereignisse in Togo bei und nach
Ausbruch des Krieges gebracht, die ein deutscher
Kaufmann von der Westküste Afrikas gibt:
Schon nach der Kriegserklärung Deutschlands an
Rußland war der Dampferverkehr an der Westküfte
Afrikas plötzlich wie ausgestorben; eine unheimliche,
die allgemeine Erregung steigernde Ruhe lag auf dem
weiten Ozean. Man nahm an. daß die Reedereien zu
Hause über Englands Pläne Bescheid wüßten.
Der stellvertretende Gouverneur Herr v. Doering
fragte beim englischen Gouverneur der Goldküfte und
bei dem französischen in Dahomey an, ob gemäß dem
Haager Abkommen die Kolonien von dem Priege un-
berührt blieben. Nach telegraphischer Rückfrage bei
den betreffenden Regierungen fielen, wie voraus-
gesehen, beide Antworten negativ aus. Die deutsche
Regierung erteilte durch das Reichs-Kolonialamt den
Befehl, Kamina, eine der größten Funkenstationen der
Welt, mit allen Mitteln zu schützen.
Hiermit begann der Feldzug der Vertreter
dreier Nationen auf tropischem Afrikaboden: ein
trauriges, die weiße Rasse entehrendes
Schauspiel vor der schwarzen Bevölkerung!
Schwarze Soldaten wurden von den Euro-
päern gegen die eigene Rasse gehetzt. — Die
Engländer wissen sehr wohl, wie viele Jahre diese
nutzlosen Kolonialkämpfe die gesamte weiße Rasse in
der Ergiehung der Schwarzen zurückbringen wird; sie
rechnen auch damit, die Kolonien wieder zurückgeben
zu müssen. Nur ihren lange zurückgehaltenen Neid
über den gesunden Handel und die blühende Farm-
wirtschaft in den deutschen Besitzungen wollen sie
kühlen und beides zeitweilig untergraben. Dies wird
ihnen in Togo zusammen mit den Franzosen dank
ihrer zehnfachen lÜiermacht auch gelingen; in unseren
anderen afrikanischen Kolonien wird es ihnen zweifellos
ungleich schwerer werden.
liber den Feldzug selbst gebe ich nachstehend eine
chronologische Schilderung der Ereignisse.
Es war uns selbstverständlich von vornherein
klar, daß wir einem absolut auosichtslosen RKampf
gegen eine zehnfache oder noch arößere Ubermacht und
Angriffen von drei Seiten, der See, der Goldküsfte und
Dabomey, entgegengehen würden. Togo besitzt keine
Schutztruppe: nur eine Handvoll Polizeisoldaten stand
uns zur Verfügung, wogegen unser Gegner über teil-
weise sehr gute Regimenter regulärer Soldaten, über
Kauonen und Rriegoschisse verfügen konnte. Trotzdem
war die Begeisterung so groß, daß auf den Ruf des
Geheimrats v. Doering, der als Major den Ober-
befehl übernommen hatte, sich ulle Europäer — selbst
die vom Militärdienst vollkommen befreiten — zur
Front meldeten. Keiner wollte zurückstehen, um später
unseren deutschen Helden zu Hause mit reinem Ge-
wissen vor Augen treten zu können. So war es ein
feierlicher Moment, als am Sonntag, den 2. Augnust,
6 Uhr morgens, alle Europäer vor dem Gouverneurs-
hause Aufstellung nahmen, wo Herr v. Doering
einige packende Worte über die Lage unseres Vater-
landes sprach und wir begeistert die „Wacht am Rhein“
sangen und unserem obersten Kriegsherru huldigten.
Am 5. August, vormittags 11 Uhr, berief der
Kommandeur die Europäer vor das neue Verwaltungs-
gebäude, um die ersten militärischen Befehle aus zu-
geben und die Europäer-Kompagnie einzuteilen. In
der Nacht hatten die ersten berittenen Posten ihren
Dienst an der englischen Grenze auszuführen.
Mehr noch als von dieser Seite war der Einfall
der französischen Senegalschützen von Dahomey auf
Anecho zu erwarten. Mit großer Umsicht hatte der
dortige Befehlshaber, Herr Rittmeister v. Roebern,
an den ervonierten Stellen Schützengräben auswerfen
lassen, und er hatte es verstanden, unsere dortigen
wenigen Deutschen so zu begeistern, daß sie es kaum
spürten, vier Tage und Nächte nicht aus den RKleidern
gekommen und ohne nenneuswerten Schlaf gewesen
zu sein. Hieß es doch, den Bestien von Senegal-
schützen und den Franzosen unser Leben im gegebenen
Falle so teuer wie möglich zu verkaufen.
Am 6. August, abends ½7 Uhr, überschritten zwei
englische Parlamentäre, Hauptmann Barker und Mr.
Newlands, unsere Grenze und wurden von unseren
Vorposten zum Kommandeur geführt. Die Engländer
verlangten die Ubergabe Togos und stellten ein Ulti-
matum von 24 Stunden, d. h. bis zum 7. August,
abends 708 Uhr.
Noch am selben Abend berief der Kommandeur
alle Europäer zum Verwaltungsgebäude und machte
bekannt, daß wir die offenen Küstenplütze Lome und
Anecho räumen und uns auf Kamina bzw. Atakpame
zurückziehen würden, um die Funkenstation so lange wie
möglich zu verteidigen. Den verheirateten Herren
stellte er es frei, in Lome zu bleiben, da Frauen und
Kinder nicht mitgenommen werden könnten.
Hier sei erwähnt, daß die Station Kamina etwa
200 m über dem Meeresspiegel liegt, vier Türme von
120 m und acht Türme von 80 m Höhe hatte und in
direkter Verbindung mit Nauen stand. Mit letzterer
Station zusammen beberrschte die deutsche Funkentele-
graphie auch über weite Strecken den Ozean. Einen
herrlichen Anblick bot diese mächtige Station mit dem ge-
waltigen Maschinenhaus und den schmucken massiven
Wohnhäusern inmitten tropischer Vegetation und dem
wundervollen Panorama am Horizont. Heute zeugt nur
noch ein Trümmerhaufen von diesem grandiosen Werk
deutschen Wissens und deutscher Ingenieurkunst. —
Vor unserer Ubergabe an die vereinigten Engländer
und Franzosen hatten wir die Türme und das Ma-
schinenhaus dem Erdboden gleichgemacht. Weich wurde
jedem ums Herz, der diese prächtige Anlage vor und
nach der Ubergabe sah, Millionenwerte wurden in
wenigen Minuten zerstört, aber noch viel größere
Werte sind durch Ramina für unser Vaterland gerettet
worden.
Am 7. August, früh 1½6 Uhr, fuhren unsere Lands-
leute mit ihrer kleinen Polizeitruppe aus Anecho ab,
um sich mit unserer Haupttruppe in Lome zu ver-
einigen und sich von dort nach Kamina zu begeben.