Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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kämen, auf ungefähr 1000. Am 1. August begannen 
die Deutschen ihr Hauptquartier von Daressalam nach 
Tabora oder Morogoro zu verlegen. Eine vorge- 
schobene Stellung befand sich bei Pugu, 20 km westlich 
Daressalam. Die Verteidigungsstellungen befinden sich 
wahrscheinlich nahe der Pugustation, in Richtung 
Daressalam, sie sind aber von der Station aus nicht 
sichtbar. Es wird gemeldet, daß die Deutschen beab- 
sichtigen, ihren ersten Widerstand bei Pugu, ihren 
zweiten bei Morogoro, ihren dritten bei Kilossa. ihren 
vierten bei Kilimatinde und den fünften bei Tabora 
zu leisten. Die Deutschen halten gute Wache entlang 
der Rüste. Alberraschung ist unwahrscheinlich, zumal 
sie einen Doppeldecker besitzen. Posten stehen auf 
Makatumbi und Msasani. 
Haltung der Eingeborenen: Als die Deut- 
schen Daressalam verließen, waren die Einwohner ge- 
neigt, sie ausgulachen, weil sie fortliefen, bevor der 
Angriff erfolgte. Es wurde geglaubt, daß südlich der 
Eisenbahnlinie Unruhben von seiten der Eingeborenen 
zu erwarten seien, weil die Dürre dieses Jahres viel 
Unzufriedenheit verursacht bat. Die Eingeborenen am 
Ngerengere hatten wenig oder nichts zu essen; auch am 
Ruvu sollen Unruhen zu befürchten sein. 
Telefunken: Im März 1911 wurden Bukoba 
und Muansa durch drahtlose Telegrapbie verbunden: 
die Reichweite Muansa beträgt 900 km und die Bukoba 
200 km. Eine weit stärkere Station wurde in Daressalam 
errichtet, mit der man mit Guardafui und Delagoabay in 
Verbindung zu treten hoffte und die Schiffe auf noch 
großere Entfernungen erreichen sollte. Muansa war 
innerhalb Rufweite Daressalams, wenigstens während 
der Nacht. Die Höhe des Turmes beträgt 100 m, 
Telefunkensystem ist angewandt. Die Station trat im 
März 1913 in Tätigkeit, wurde aber im August 1914 
zerstört. 
Anhang: „Die Eingeborenen in Deutsch-Ost- 
afrika“. Bearbeitet von Konsul King. 1914. 
Es ist unmöglich, mit einiger Genauigkeit vor- 
auszusagen, welche Haltung die Eingeborenen ein- 
nehmen werden. Die Frage wird durch die Tatsoche 
kompliziert, daß es in Deutsch-Ostafrika etwa 150 ver- 
schiedene Stämme gibt, die sich im Charakter stark 
unterscheiden. Es ist indessen nicht unwahrscheinlich, 
daß die kriegerischen Stämme, die nur durch die starke 
Hand der deutschen Regierung im Zaum gehalten 
werden, sich erheben werden, falls die Deutschen 
durch Konzentrierung ihrer Streitkräfte die llber- 
wachung schwächen. Daß die Deutschen versuchen 
werden, die Eingeborenen als Irreguläre gegen uns 
im großen Maßstabe zu verwenden und sie zu diesem 
Zwecke mit Hinterladern zu bewaffnen, ist sehr unwahr- 
scheinlich, jedenfalls im Anfange. Vielleicht werden sie 
es als letztes Mittel tun, um unsere Schwierigkeiten 
zu vermehren. Sie mißtrauen aber den Eingeborenen 
zu sehr, um dies zu tun, solange sie noch einen Funken 
Hoffnung haben, allein sich gegen unseren Angriff zu 
halten. Es könnte höchstens durch die einge- 
borenen Häuptlinge geschehen; aber da es die 
Politik der Deutschen gewesen ist, das Ansehen der 
Häuptlinge zu schwächen, indem sie einen gegen 
den anderen ausspielten, so ist es zweifelhaft, ob 
sich viele Häuptlinge finden werden — ausgenommen 
im Nordwesten, der nicht in unsere Berechnung ein- 
zutreten braucht — die genügend Macht haben, 
ihre Anhänger für die deutsche Sache gegen 
..... *) Hinterladern und Artillerie ins . . . . )) 
  
Diese Stellen sehlen in dem überkommenen 
X 
  
Es gibt eine große Zahl Vorderlader im Bezirk, aber 
die Mehrzahl der Eingeborenen kämpft mit Speeren, 
Giftpfeilen und Messern. Die Deutschen enthalten 
selbst ihren eigenen Soldaten die modernen Waffen vor. 
Ich glaube, daß bis vor kurzem ausschließlich weiße 
Offiziere die Maschinengewehre bedienen durften, aber 
ich habe aus zuverlässiger Quelle gehört, daß wenigstens 
einige der fremden farbigen Soldaten, z. B. Somali, 
in der Bedienung der Maschinengewehre unterrichtet 
wurden. Die Salutbatterie in Daressalam wurde 
durch Eingeborene unter Aufsicht eines deutschen Unter- 
offiziers bedient. Man darf nicht erwarten, dass; 
die Stämme im Innern aus eigenem Antrieb 
in größerer Menge zunächst zu uns übergechen 
werden, sie mißtrauen den Europäern und 
können wahrscheinlich keinen Unterschied bei 
ibuen machen. Die Eingeborenen an der Küste sind 
anders; diese. wenigstens die Einwohner Daressalams 
und Tangas, kennen den Unterschied zwischen englischer 
und deutscher Herrschaft. Sic konnen durch Agenten 
aus Saimibar sondiert und beeinflußt werden; doch ist 
es unwahrscheinlich, daß sie in großerer Menge zu uns 
übertreten werden, bevor sie nicht ziemlich sicher sind, 
daß wir siegen und beabsichtigen, das Land zu be- 
halten. Sie werden sich möglicherweise abseits halten 
oder selbst im Anfange davonlaufen, und unsere 
Politik wird dahin gehen müssen, sie zur Arbeit für 
uns nicht mit Gewalt, sondern durch gute Bezahlung. 
Bekleidung und Ernährung zu veranlassen; sie müssen 
indes streng behandelt werden. 
Ein wichtiger Faktor ist die Dürre von 1914, die. 
wie vorauszusehen, örtliche Oungeronöte"') hervorrufen 
dürfte. Es ist ziemlich sicher, daß der Eingeborenc, 
wenn er nichts zu essen hat, sich erbeben wird. Im 
Juni und Juli waren bereits Vorbereitungen getroffen. 
um Reservevorräte an Nahrungemitteln aufzukaufen. 
Das Abschneiden der Zufuhr von Ubersee und Beschlag- 
nahme der vorhandenen Magazine für den Bedarf der 
Regierung muß seine Wirkung tun. 
Unruhen wurden Anfang August im Sinterland 
von Daressalam und im Südwesten gemeldet (und be- 
stätigt). Wenn die Eingeborenen des nahen Ointer- 
landes und der Küste sich erheben sollten, würden sie 
vermutlich die Läden der indischen Kaufleute stürmen 
und vielleicht auch isolierte Pflanzer angreifen; jedoch 
ist es unwahrscheinlich, daß sie die Deutschen an irgend- 
einem Platze angreifen, wo die letzteren sich stark ver- 
schanzt haben, um unserem Vorgehen zu begegnen: 
aber schwache Posten würden sie angreifen und die 
Verbindung stören. Die Abgabe von Nahrungemitteln 
gratis oder zu niederen Preisen könnte sehr nützlich 
sein, die Küstenstämme auf unsere Seite zu ziehen. 
Es ist augenscheinlich höchst wichtig, befreundete Stämme 
innerhalb unserer Etappenlinie zur Rüfte zu besitzen, 
und als Führer und Späher sind Eingeborene höchst 
wichtig, wenn nicht unentbehrlich. 
Die Wasukuma sind ein höchst wichtiger Stamm, 
mit dem bei Operationen von Muansa gegen Tabora 
gerechnet werden muß;, sie zählen 400 000 Köpfe, 
darunter 80 000 waffenfähig, und sind unruhig; sie 
wohnen südlich des Victoria-Sees. Wenn diese sich 
freundlich verhielten, so würde es wahrscheinlich keine 
Schwierigkeiten mit den anderen Stämmen geben. 
Die Bergstämme des fernen Nordwesten werden 
wahrscheinlich nicht in die Ebenc heruntersteigen. 
Inder und Cenlonesen: Es gibt nur wenige 
deutsche Untertanen unter ihnen; die britischen Inder 
werden uns willkommen heißen, aber sie dürfen wahr- 
I -md nicht eingetreten.
	        
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