Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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rechtzeitig auf dem Landwege nach dem Innern 
zurückgezogen haben. 
Die Männer sollen in das Gefangenen- 
lager Robertsheigth bei Pretoria, die 
Frauen und Kinder in das Gefangenen- 
lager Port Napier bei Pietermaritzburg 
gebracht worden sein. 
Die meisten Geschäfte in Lüderitzbucht, u. a. 
die Lüderitzbucht-Gesellschaft und die Afrika-Bank 
sollen in englische Verwaltung genommen wor- 
den sein. 
Der britische Konsul Müller ist später mit 
der Zivilverwaltung Lüderitzbuchts betraut worden, 
während der Befehl über die Truppen auf einen 
anderen Offizier übergegangen ist. 
Nachdem die Besetzung Lüderitzbuchts vollzogen 
worden war, sollen ein Kreuzer und die vier 
Torpedoboote von Lüderitzbucht zurückgezogen, und 
nur ein Kreuzer dauernd vor Lüderitzbucht statio- 
niert worden sein.“ 
Der Berichterstatter betont noch, daß nach 
seinen Beobachtungen der Konsul Müller be- 
müht gewesen sei, die Ordnung in Lüderitzbucht 
aufrecht zu erhalten; trotzdem sei es ihm nicht 
gelungen, die englischen Soldaten von Plünde- 
rung und Zerstörung von Privateigentum zurück- 
zuhalten; insbesondere sei die Einrichtung der 
leerstehenden Wohnungen völlig zerstört worden. 
Auch die frühere Privatwohnung des Konsuls 
Müller, in der sich noch seine Sachen befunden 
hätten, sei nicht verschont geblieben. Insbesondere 
sei Müllers Bibliothek vollständig vernichtet 
worden! 
Wesentlich eingehender beschäftigt sich mit den 
dortigen Vorgängen der zweite Bericht. 
Meine Erlebmisse in Deutsch-Südwest- 
afrika.“) 
Als am 1. August die Mitteilung über das 
Ultimatum Deutschlands an Rußland eintraf, 
herrschte in Lüderitzbucht sehr große Begeisterung 
und noch größere Spannung; am Sonntag, den 
2. August, vormittags, traf dann die Mitteilung 
über die Kriegserklärung ein, am 4. oder 5. August 
auch die Nachricht über den Krieg mit Frankreich, 
jedoch erst später die Mitteilung bezüglich Eng- 
lands. Von der Funkenstation waren allerdings 
Gespräche zwischen englischen Dampfern aufge- 
fangen worden, wonach Deutschland und England 
sich im Kriege befinden „sollten“, aber Tatsächliches 
hierüber erfuhr man zunächst nicht. 
Inzwischen wurde in Lüderitzbucht sofort sämt- 
licher Proviant des Militärs ins Land geschafft. 
––. 
  
*) Im Auszuge mitgeteilt. (R. K. A.) 
  
r 
Die Dampfer „Frieda Woermann“ aus Kapstadt 
und „Muansa“ aus Hamburg trafen beide am 
2. August ein. Nur Post und Passagiere wurden 
gelandet, worauf beide Dampfer mittags wieder 
den Hafen verließen. Im Hafen lagen am 
2. August außerdem der „Eber“ sowie die „Steier- 
mark“, welche in Sturmvogelbucht geladen hatte; 
beide Schiffe fuhren nachmittags ab. 
Am 7. (oder 8.) August wurde in Süd- 
west mobil gemacht. Es haben sich viele 
Freiwillige gemeldet. Die Behörden be- 
reiteten sich darauf vor, einem Angriff 
seitens der Südafrikanischen Union ent- 
gegentreten zu können. 
Etwa 2000 entlassene Kapjungen lagen auf 
dem italienischen Segler „Mincio“, welcher im 
Hafen lag; die Jungen sollten nach Kapstadt 
befördert werden. Der Segler ist auch von zwei 
norwegischen Walfängern nach Kapstadt geschleppt 
worden. 
Da Militär und Polizeitruppe durch Ver- 
legung der Streitkräfte ins Innere des Landes 
erheblich vermindert worden waren, wurde für 
den Wachtdienst in der Stadt eine freiwillige 
Bürgerwehr gebildet. 
Aus Deutschland erhielt die Stadt über Windhuk 
regelmäßig Funkenspruchmitteilungen, wodurch sie 
auch über die Vorgänge in Togo unterrichtet 
wurde, solange die dortige Funkenstation in Be- 
trieb war. 
Bis zum 14. Sept. abends war in Lüderitzbucht 
alles ruhig. Als aber die Mitteilungen von Swakop- 
mund eintrafen, erwartete man sofort einen An- 
griff; jedoch wurde erst am 18. September gegen 
4 Uhr nachmittags bekannt, daß die Engländer 
in Sicht wären. Gegen 5 Uhr wurde das erste 
Schiff an der Einfahrt sichtbar. Im ganzen sind 
17 Schiffe gesichtet worden, einschließlich der 
Kriegsschiffe, Schlepper und Leichter. 
Von den Schiffen gingen drei Transportschiffe 
in den äußeren Hafen (außerhalb der Haifisch- 
Insel). Die Kriegsschiffe — etwa drei — blieben 
weiter draußen liegen. Die weiße Fahne wurde 
gezogen; die Engländer landeten an diesem Tage 
in Lüderitzbucht keine Truppen mehr. Seitens 
der Bürgerwehr wurde nunmehr jeder Deutsche 
zum Wachtdienst herangezogen. Um einen even- 
tuellen Zusammenstoß mit englischen Patronillen 
zu vermeiden, wurde in der Nacht vom 18. zum 
19. September den Mitgliedern die Waffe (Re- 
volver) abgenommen, da die Bürgerwehr nur 
Polizeidienste tat. Am 19. September landeten 
die englischen Truppen von den drei Transport- 
schiffen; der Rest der gesichteten Schiffe hatte 
nach Norden zu ihre Reise fortgesetzt. 
Die Zahl der gelandeten Truppen kann ich 
nicht mit Bestimmtheit angeben, die Meinungen
	        
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