Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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gemacht hatten, konnten leider noch nicht gefaßt 
werden. Es ist der Bevölkerung bekanntgegeben 
worden, daß die Gefangenen, auch die Weiber 
und Kinder, nicht früher freigegeben werden, als 
bis die drei Hauptführer ausgeliefert sind. Mit 
Hilfe der regierungsfreundlichen Häuptlinge hofft 
die Station bald zum Ziele zu kommen. 
In Neu-Ndia ist vorübergehend ein Posten 
errichtet worden. Polizeimeister Kühler, der von 
Ngoila aus an der Eba-lUnternehmung teil- 
genommen hat, ist die Leitung auf zwei bis drei 
Monate übertragen worden. Der Posten Ngoila 
wird während dieser Zeit nebenamtlich verwaltet. 
Moralisch ist der Erfolg der Expedition ganz 
bedeutend: durch ihre Anwesenheit ist das An- 
sehen der deutschen Regierung gestärkt und ge- 
hoben worden. Noch nie haben die Eingeborenen 
eine Truppe so fechten sehen. Und was die Be- 
wohner noch mehr ins Staunen versetzt, ist, daß 
die Truppe bei ihrem energischen Vorgehen keine 
Verluste erlitten hat. Selbst die Franzosen konnten 
ihre Verwunderung nicht zurückhalten. Es ist 
anzunehmen, daß dauernde Ruhe im Sembebezirk 
eingekehrt sein wird, doch sind die Bewohner 
immer scharf im Auge zu behalten, ganz besonders 
die Ebaleute. 
2. Bericht des Expeditionsleiters 
Major Fabricius. 
Der Vormarsch wurde in vier Kolonnen an- 
getreten. Die Südkolonne erreichte am 22. März 
vormittags, ohne auf Widerstand zu stoßen, das 
stark befestigte Dorf Motadula, das kurz vor- 
her verlassen war. 
Am Ausgang des Dorfes lagen einige Tote, 
hier hatte, wie sich später herausstellte, die 
Kolonne Meyer wenige Stunden vorher ein Ge- 
fecht mit den Einwohnern von Motadula ge- 
habt. Der Feind war nach kurzem Feuergefecht 
geflohen. Am Abend wurde das kleine auf 
hohem steilen Bergrücken liegende, stark befestigte 
Dorf Ndu erreicht, das nach kurzem Feuergefecht 
geräumt wurde. 
In der Nacht trafen die Nord= und Süd- 
kolonne in Ndu ein, so daß am 21. März der 
Vormarsch auf Neu-Ndia mit drei Kolonnen an- 
getreten werden konnte. Nach dreistündigem 
Marsch und einem ungemein steilen Anstieg stand 
die Spitze plötzlich zwanzig Schritt vor den Pali- 
saden Neu-Ndias und erhielt Feuer. Die Pali- 
saden wurden nach kurzem Kampf durchbrochen 
und das Dorf im Sturm genommen. Mährend 
die Spitze unter Leutnant Abramowski und 
Feldwebel Schmidtke schon in der Mitte des 
800 m langen Dorfes kämpfte, traf die Ost- 
kolonne vor dem entgegengesetzten, ebenfalls ver- 
teidigten Eingang Neu-Ndias 
  
ein und griff 
sofort an. 
Während auch hier die Palisaden durch- 
brochen wurden, stürzte ein Teil von diesen ein 
und begrub Oberleutnant Harbers, Stations- 
assistent Kehm und etwa fünfzehn Soldaten 
unter sich, wobei Assistent Kehm und ein Soldat 
leichte, ein Europäerjunge schwere Verletzungen 
davontrug. 
Von zwei Seiten angegriffen und zugleich 
von einem kalten Regenguß durchnäßt, verlor der 
Gegner den letzten Mut, ergriff die Flucht und 
stürmte die steilen Abhänge zu beiden Seiten 
des Dorfes hinunter. Die Zahl der Ver- 
wundeten und Gefallenen konnte nicht genau 
festgestelt werden, da die Ebaleute diese, wie 
aus den Blutspuren erkenntlich, mitnahmen. 
Nachdem die Hauptfeste gefallen, wurden zur 
weiteren Befriedung des Landes wieder vier Ab- 
teilungen gebildet; denn bald darauf stellte sich 
heraus, daß mit Ausnahme von fünf Dörfern 
das ganze Ebagebiet aufständisch war. 
Den Kolonnen sowie dem Polizeimeister in 
Ngoila gelang es, in zahlreichen Patrouillen- 
gefechten die Eba niederzuwerfen, so daß mit dem 
14. April der Aufstand als beendet angesehen 
werden konnte. Den von mir erklärten Kriegs- 
zustand habe ich mit dem 21. April aufgehoben. 
Unmittelbar nachdem die frühere Expedition 
im Herbst vorigen Jahres den Sembebezirk ver- 
lassen hatte, hatte eine Häuptlingsversammlung 
in der Nähe von Sembe stattgefunden, in der 
einmütig beschlossen wurde, in Neu-Ndia eine 
starke Festung zu erbauen und die Station 
Sembe zu überfallen; sogar die Europäer, die 
getötet werden sollten, wurden bestimmt, darunter 
auch der Direktor der Ngoko-Sangha-Kompagnie 
in Sembe. 
Die Ausführung dieses Plans scheiterte zu- 
nächst an der damals erhöhten Gefechtsbereit- 
schaft der Station, in der nächtlich mehrmals 
alarmiert wurde, dagegen wurde der Bau neuer 
befestigter Bergdörfer wie Neu-Ndia, Lagurs 
und anderer durch die Eba ausgeführt, während 
andere zweifelhafte Elemente unter den Bakuele 
nur durch die Kunde von dem Herannahen der 
Expedition von ihren gegen den Landesfrieden 
gerichteten Absichten abgeschreckt wurden. 
Die Bergfeste Neu-Ndia liegt etwa 15 km 
nordöstlich des alten, von Assessor Heym ge- 
stürmten Ndiadorfes auf einem 600 m hohen 
Bergrücken in 150 m relativer Höhe. Der Berg- 
rücken bildet einen 800 m langen, zwischen 60 
und 10 m breiten Halbkreis mit nach allen 
Seiten schroff abfallenden Hängen. Die beiden 
Eingänge an den Schmalseiten des Bergrückens 
waren ungemein stark durch mehrere Reihen dicker
	        
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