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gemacht hatten, konnten leider noch nicht gefaßt
werden. Es ist der Bevölkerung bekanntgegeben
worden, daß die Gefangenen, auch die Weiber
und Kinder, nicht früher freigegeben werden, als
bis die drei Hauptführer ausgeliefert sind. Mit
Hilfe der regierungsfreundlichen Häuptlinge hofft
die Station bald zum Ziele zu kommen.
In Neu-Ndia ist vorübergehend ein Posten
errichtet worden. Polizeimeister Kühler, der von
Ngoila aus an der Eba-lUnternehmung teil-
genommen hat, ist die Leitung auf zwei bis drei
Monate übertragen worden. Der Posten Ngoila
wird während dieser Zeit nebenamtlich verwaltet.
Moralisch ist der Erfolg der Expedition ganz
bedeutend: durch ihre Anwesenheit ist das An-
sehen der deutschen Regierung gestärkt und ge-
hoben worden. Noch nie haben die Eingeborenen
eine Truppe so fechten sehen. Und was die Be-
wohner noch mehr ins Staunen versetzt, ist, daß
die Truppe bei ihrem energischen Vorgehen keine
Verluste erlitten hat. Selbst die Franzosen konnten
ihre Verwunderung nicht zurückhalten. Es ist
anzunehmen, daß dauernde Ruhe im Sembebezirk
eingekehrt sein wird, doch sind die Bewohner
immer scharf im Auge zu behalten, ganz besonders
die Ebaleute.
2. Bericht des Expeditionsleiters
Major Fabricius.
Der Vormarsch wurde in vier Kolonnen an-
getreten. Die Südkolonne erreichte am 22. März
vormittags, ohne auf Widerstand zu stoßen, das
stark befestigte Dorf Motadula, das kurz vor-
her verlassen war.
Am Ausgang des Dorfes lagen einige Tote,
hier hatte, wie sich später herausstellte, die
Kolonne Meyer wenige Stunden vorher ein Ge-
fecht mit den Einwohnern von Motadula ge-
habt. Der Feind war nach kurzem Feuergefecht
geflohen. Am Abend wurde das kleine auf
hohem steilen Bergrücken liegende, stark befestigte
Dorf Ndu erreicht, das nach kurzem Feuergefecht
geräumt wurde.
In der Nacht trafen die Nord= und Süd-
kolonne in Ndu ein, so daß am 21. März der
Vormarsch auf Neu-Ndia mit drei Kolonnen an-
getreten werden konnte. Nach dreistündigem
Marsch und einem ungemein steilen Anstieg stand
die Spitze plötzlich zwanzig Schritt vor den Pali-
saden Neu-Ndias und erhielt Feuer. Die Pali-
saden wurden nach kurzem Kampf durchbrochen
und das Dorf im Sturm genommen. Mährend
die Spitze unter Leutnant Abramowski und
Feldwebel Schmidtke schon in der Mitte des
800 m langen Dorfes kämpfte, traf die Ost-
kolonne vor dem entgegengesetzten, ebenfalls ver-
teidigten Eingang Neu-Ndias
ein und griff
sofort an.
Während auch hier die Palisaden durch-
brochen wurden, stürzte ein Teil von diesen ein
und begrub Oberleutnant Harbers, Stations-
assistent Kehm und etwa fünfzehn Soldaten
unter sich, wobei Assistent Kehm und ein Soldat
leichte, ein Europäerjunge schwere Verletzungen
davontrug.
Von zwei Seiten angegriffen und zugleich
von einem kalten Regenguß durchnäßt, verlor der
Gegner den letzten Mut, ergriff die Flucht und
stürmte die steilen Abhänge zu beiden Seiten
des Dorfes hinunter. Die Zahl der Ver-
wundeten und Gefallenen konnte nicht genau
festgestelt werden, da die Ebaleute diese, wie
aus den Blutspuren erkenntlich, mitnahmen.
Nachdem die Hauptfeste gefallen, wurden zur
weiteren Befriedung des Landes wieder vier Ab-
teilungen gebildet; denn bald darauf stellte sich
heraus, daß mit Ausnahme von fünf Dörfern
das ganze Ebagebiet aufständisch war.
Den Kolonnen sowie dem Polizeimeister in
Ngoila gelang es, in zahlreichen Patrouillen-
gefechten die Eba niederzuwerfen, so daß mit dem
14. April der Aufstand als beendet angesehen
werden konnte. Den von mir erklärten Kriegs-
zustand habe ich mit dem 21. April aufgehoben.
Unmittelbar nachdem die frühere Expedition
im Herbst vorigen Jahres den Sembebezirk ver-
lassen hatte, hatte eine Häuptlingsversammlung
in der Nähe von Sembe stattgefunden, in der
einmütig beschlossen wurde, in Neu-Ndia eine
starke Festung zu erbauen und die Station
Sembe zu überfallen; sogar die Europäer, die
getötet werden sollten, wurden bestimmt, darunter
auch der Direktor der Ngoko-Sangha-Kompagnie
in Sembe.
Die Ausführung dieses Plans scheiterte zu-
nächst an der damals erhöhten Gefechtsbereit-
schaft der Station, in der nächtlich mehrmals
alarmiert wurde, dagegen wurde der Bau neuer
befestigter Bergdörfer wie Neu-Ndia, Lagurs
und anderer durch die Eba ausgeführt, während
andere zweifelhafte Elemente unter den Bakuele
nur durch die Kunde von dem Herannahen der
Expedition von ihren gegen den Landesfrieden
gerichteten Absichten abgeschreckt wurden.
Die Bergfeste Neu-Ndia liegt etwa 15 km
nordöstlich des alten, von Assessor Heym ge-
stürmten Ndiadorfes auf einem 600 m hohen
Bergrücken in 150 m relativer Höhe. Der Berg-
rücken bildet einen 800 m langen, zwischen 60
und 10 m breiten Halbkreis mit nach allen
Seiten schroff abfallenden Hängen. Die beiden
Eingänge an den Schmalseiten des Bergrückens
waren ungemein stark durch mehrere Reihen dicker