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Bodengestaltung, Bewachsung und Tierwelt
des Bezirks.
Die Oberfläche des Bezirks ist ein von Süd-
osten aus einer Mcereshöhe von etwa 850 m
nach Nordwesten auf etwa 350 m allmählich ab-
fallendes Plateau, das durch mehrere im Westen
des Bezirks von Süden nach Norden, im Osten
des Bezirks von Südosten nach Nordwesten strö-
mende Flüsse in Felder geteilt ist. Diese Flüsse
nehmen ihrerseits wieder eine Unzahl von Neben-
flüssen und deren kleinen Zuflüssen in sich auf.
Dieses ganze dem Geäder eines Lindenblattes
gleichende Flußisystem zerfurcht die leicht geneigte
Fläche des Plateaus mit seinen tief und steil ein-
geschnittenen Tälern und erschwert jeden nicht der
Wassorscheide zwischen zwei Flüssen folgenden Ver-
kehr auf das äußerste. Die Wasserläufe sind von
verschieden breiten Galeriewäldern umsäumt, die
ihrem Baumbestand nach eine Mittelstufe zwischen
dom tropischen Urwald Zentralafrikas und dem
lichten Wald Katangas bilden, jedoch im Westen
und Norden des Bezirks mit dem hohen Baum-
wuchs, dem dichten Unterholz und den zahlreichen
Lianen mehr dem ersteren ähneln. Die zwischen
diesen Galeriewäldern liegenden Plateaus sind
Gras= und Baumsteppve. Letztere überwiegt daher
im Bezirk bei weitem, doch gibt es im Bezirk
auch zusammenhängende MWälder von einer Aus-
dehnung von mehreren Tagemärschen, so die
großen Wälder südlich Lnebo und zwischen dem
Lubudi und Masongoma. Sehr zutreffend ver-
gleicht daher schon Wissmann (in „Meine zweite
Durchquerung Agquatorialafrikas“, S. 322) das
Bild dieser Gegend aus der Vogelperspektive mit
einem dunkelgeäderten Marmor mit einigen
dunkleren Flecken.
Der Boden der Plateaus bestoht aus Laterit
oder Sand, steiniges Gelände habe ich nur im
a#anßersten Osten des Bezirks am Lubi beobachtet.
Die Täler haben teilweise tiefgründige Oumus-
schichten, teilweise tritt das Grundgestein, ein
grauer und roter Granit, in schroffen Formen
zutage. Sämtliche größeren Wasserläufe sind auf
etwa 5° 30“ südlicher Breite durch Wasserfälle
oder eine Serie von Schnellen unterbrochen. Eine
Ausnahme bildet nur der Loange. Die Folge
ist, daß die Strömung aller Wasserläufe unter-
halb jener Linie wesentlich gemildert und ver-
hältnismäßig gering ist, während gerade bei dem
sonst am weitesten stromauf schiffbaren Loange die
bis zu seiner Mündung in den Kasai anhaltende
starke Strömung ein erhebliches Hindernis für die
Schiffahrt mit kleinen Dampf= oder Motorboten
bildet.
Auffallend gering ist die Menge des vor-
handenen Mildes, wohl eine Folge der großen
Jagdleidenschaft der zahlreichen Bevölkerung.
Elefanten sind selten, Flußpferde und Krokodile
finden sich an verschiedenen Stellen, namentlich
noch am Unterlauf des Kasai, doch ist von ihrem
überaus zahlreichen Vorkommen, von dem die
ersten Besucher dieser Gegend berichten, nichts
mehr zu bemerken. Leoparden finden sich ver-
hältnismäßig zahlreich in den dichter bevölkerten
Gegenden, in denen das zahlreiche Kleinvieh
ihnen die Nahrung liefert; Löwen gibt es nur im
Osten des Bezirks, doch sind sie hier zu Zeiten
schon zu einer Landplage geworden. Die von
Wissmann so sehr zahlreich festgestellten Gift-
schlangen wurden nur ganz ausnahmsweise beob-
achtet. Auffallend gering ist auch die Zahl der
Insekten, insbesondere auch der Anophelesmücken
und der Glossinen, ein nicht zu unterschätzender
Faktor für die gesundheitlichen Verhältnisse des
Bezirks. Ob ein Zusammenhang zwischen dem
Fehlen des Wildes und dem der Glossinen anzu-
nehmen ist, mag dahingestellt bleiben.
Die Bevölkerung des Bezirks.
Die weiße Bevölkerung des Bezirks betrug
am 1. Januar 1914: 162 Seelen. Davon
waren 134 Männer, 20 Frauen und 8 Kinder.
Von den Kindern gehörten 7 einer Familie an,
die inzwischen den Bezirk verlassen hat. Von
dieser Bevölkerung waren 44 Beamte des Staats
oder Truppenangehörige und deren Frauen und
Kinder, 47 Missionare und Missionarinnen oder
Schwestern, 42 Kaufleute und deren Frauen und
29 Industrielle. Letztere sind auf Rechnung der
Leverschen Unternehmung in Brabanta, der
Diamantenausbente der „Forminière“ in Tshikapa
und der Trassierungserpedition der Bahn „Bas-
congo-Katanga“ zu setzen. Ihrer Nationalität
nach waren 93 Belgier, 38 Engländer und
Amerikaner, 15 Portugiesen, der Rest gehörte
andern Nationen an. Deutsche gab es im Bezirk
nur zwei"). Es starben insgesamt 4 Angehörige
der weißen Rasse oder 2,5%. Der Gesundheits-
zustand war also verhältnismäßig gut. — Für
die Mischlinge fehlte es an genauen Angaben:
in der katholischen Mission St. Joseph befanden
sich 30, die von der Mission in Pflege genommen
waren.
Die Zahl der Europäer dürfte inzwischen
eine gewisse Verschiebung erhalten haben und
später noch weiter erhalten: die Zahl der Kauf-
leute dürfte infolge der Kautschukkrise sich ver-
mindern, die Zahl der Industriellen infolge der
Ausdehnung der Arbeiten der oben genannten
drei großen Gesellschaften zunehmen.
“] Die Zahlen sind nicht absolm zuverlässig. da für
cinzelne Teile des Bezirts nur Schäuungen vorlagen.
)*