Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIII. Jahrgang, 1917. (28)

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Alle Offiziere und Mannschaften des Beur- 
laubtenstandes wurden nach ihren bisherigen 
Wohnsitzen entlassen, um ihren bürgerlichen Be- 
rufen wieder nachgehen zu können. 
Uber die Unterbringung der Offiziere und 
Mannschaften in den beiden Gefangenenlagern 
Okanjande und Aus liegen Berichte des ameri- 
kanischen Generalkonsuls in Kapstadt vor, der die 
Lager Anfung 1916 besuchte. Aus diesen Be- 
richten geht hervor, daß die Unterbringungsver- 
hältnisse im Offiziergefangenenlager Okanjande, 
von einigen wünschenswerten Anderungen abge- 
sehen, im allgemeinen als befriedigende zu be- 
secichnen seien, im Lager Aus dagegen noch 
umfangreicherer Verbesserungen bedürften. 
Während in Okanjande die Offiziere in den 
dort befindlichen Gebäuden untergebracht werden 
konnten, standen hierzu in Aus nur Zelte zur 
Verfügung. Diese böten gegen die mit der 
Höhenlage von Aus verbundenen hohen Tempe- 
raturunterschiede zwischen Tag und Nacht und 
gegen die dort vielfach herrschenden Sandstürme 
nicht genügend Schutz. Aus shäter hierher- 
gelangten Mitteilungen ist jedoch zu ersehen, daß 
inzwischen durch die internierten Mannschaften 
selbst eine größere Anzahl Gebäude aus Luft- 
ziegeln errichtet worden sind, wodurch eine Ver- 
besserung der Unterbringungsverhältnisse erzielt 
wurde. Auch die anfänglich unzureichende Wasser- 
versorgung soll später gut und ausreichend ge- 
worden sein. Das Wasser wird vom Dorfe Aus 
durch ein Pumpwerk in große eiserne Behälter 
geleitet und von da üÜber das Lager verteilt. 
Die in Okanjande befindlichen Offiziere ver- 
pflegen sich selbst. Es bestehl ein Kasinoausschuß, 
der den Ankauf der Nahrungsmittel und die 
Küche beaussichtigt. Für das Lager in Aus wird 
die Verpflegung geliefert; die Zubereitung erfolgt 
jedoch von den Mannschaften selbst. 
Die gesundheitlichen Verhältnisse werden an 
beiden Orten als gut bezeichnet. Wenn auch in 
Aus einige Fälle von Blinddarmentzündung vor- 
gekommen seien, auch Rheumatismus häufiger 
auftrete, so seien Todesfälle bisher (d. h. bis zum 
Tage der Lagerbesichtigung) nicht zu verzeichnen 
gewesen. Leute, die infolge von Herzerkrankungen 
das Höhenklima von Aus nicht vertrügen, würden 
an die See nach Lüderitzbucht beurlaubt. Das 
gleiche gelte für die in Okanjande befindlichen 
Offiziere, denen zwecks ärztlicher Behandlung und 
zur Luftveränderung Urlaub nach Swakopmund 
bewilligt würde. Gelegenheit zu Leibesübungen 
sei in beiden Lagern ausreichend vorhanden und es 
werde ein umfangreicher Gebrauch davon gemacht. 
Die Offiziere in Okanjande könnten sich außerdem 
mit Genehmigung des Kommandanten unbehindert 
in der Nähe des Lagers bewegen. 
  
Einen Hauptklagepunkt bildet jedoch die Art 
und Weise der Handhabung des Postverkehrs der 
Gefangenen. 
Es lag nahe, daß Oiffiziere wie Mannschaften 
nach ihrer Unterbringung an den Internierungs- 
orten das Bedürfnis fühlten, nach langer Zeit 
ihren Angehörigen in der Heimat Nachrichten zu 
senden und solche von dort zu empfangen. 
Diesem durch die Haager Konvention völkerrecht- 
lich geregelten Postverkehr wurden von vorn- 
herein große Schwierigkeiten bereitet. Abgesehen 
davon, daß die Beförderung und Aushändigung 
der Postsendungen ungewöhnlich lange Zeit in 
Anspruch nahm, viele Brief= und Paketsendungen 
überhaupt nicht, und letztere vielfach ihres In- 
halts ganz oder teilweise beraubt ankamen, ging 
die Regierung der Südafrikanischen Union sogar 
soweit, die völkerrechtlich für die Kriegsgefangenen- 
sendungen festgesetzte Porto= und Zollfreiheit auf- 
zuheben und diese Maßnahme nicht nur auf die 
in frei gewählten Orten untergebrachten und die 
nach ihren früheren Wohnsitzen entlassenen, sondern 
auch auf die in den Gefangenenlagern internierten 
Offiziere und Mannschaften auszudehnen. 
Infolge der mangelhaften Verbindung mit 
Südwestafrika und der weiten Entfernung wurden 
diese von der südafrilanischen Regierung ge- 
troffenen, gänslich völkerrech igen Maß 
erst sehr spät in Deutschland bekannt. Eine amt- 
liche Bestätigung darüber traf erst im November 
1916 hier ein. Unmittelbar darauf hier unter- 
nommene Schritte haben bis jetzt die Aufhebung 
dieser völkerrechtswidrigen Anordnungen der Re- 
gierung der Südafrikanischen Union noch nicht 
durchzusetzen vermocht. 
lber die politischen und wirtschaftlichen Ver- 
hältnisse in Südwestafrika sind wir wenig unter- 
richtet. Aus den spärlichen Privatnachrichten 
läßt sich ein klares Bild der Lage nicht erkennen. 
Die deutschen Gesetze und Verordnungen sind im 
allgemeinen in Geltung geblieben. Immerhin 
sind auf den verschiedensten Gebieten der öffent- 
lichen Verwaltungstätigkeit zum Teil recht wesent- 
liche und in die Gewohnheiten und das Wirt- 
schaftsleben des Schutzgebiets tief einschneidende 
Veränderungen eingeführt worden. Im nach- 
folgenden wird versucht, eine kurze Darstellung 
der gesetzgeberischen Tätigkeit der englischen Be- 
hörden in dem besetzten Schutzgebiete zu geben, 
soweit dies an Hand der unvollständigen Unter- 
lagen möglich ist. 
Geld-, Zoll= und Steuerwesen. 
Die in der Südafrikanischen Union geltenden 
Zoll= und Steuergesetze sind mutatis mutandis 
auf das Protektorat von Südwestafrika für an-
	        
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