Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIII. Jahrgang, 1917. (28)

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eine Truppe zusammengestellt, die sich unter dem 
Befehl des Infanteriehauptmanns Torro do Valle 
nach Mueimbua do Rovuma und nach Menogomano 
wandte. Der UÜbergang wurde mit Tagesanbruch 
bei Namoto bewerkstelligt. In den Furten ging das 
Wasser den Soldaten stellenweise bis zur Brust. Am 
anderen llfer angekommen, suchten sich die Soldaten 
sofort Deckung, weil sie über den Feind noch nicht 
informiert waren. Mittlerweile gab uns der „Ada- 
mastor" von der Mündung des Rovuma ein Zeichen 
seiner Anwesenheit, indem er ungefähr sechs Granaten 
in das feindliche Lager schickte. Währenddessen gingen 
unsere Soldaten im Schilf vor. unter Ausnutzung 
aller Deckung, und wir hatten sie bald, noch ehe der 
dichte Morgennebel sich verteilt hatte, aus den Augen 
verlore 
Nach und nach wurde sorgfältig der Ubergang 
bewerkstelligt, die Kavallerie unter Rittmeister 
Concecao kam lärmend durch die gejährlichen Fluten 
des Rovuma. Drei Lente, die unvorsichtigerweise 
ein Bad nahmen, wurden dabei von den Krokodilen 
versch ungen. 
Um 10 Uhr hatten unsere Soldaten die feind- 
lichen Schützengräben, die vom Feinde verlassen 
waren, durcheilt und das Lager von Amarurunga, 
Migomba und die dort befindliche Baumwoll= 
entkernungsaulage besetzt. Diese Fabrik war am 
27. Mai von unserer 5. Gebirgsbatterie beschossen 
worden. Wegen der Zahl unserer Truppen und 
unserer großartigen Organisation blieb dem Feind 
nichts anderes übrig, als sich eilends zurückzugiehen. 
wobei er die Horde von „Agkari“ mitnahm, die in 
der Zeit vorber häufig in unser Land eingefallen 
war und unsere unbewaffneten Lastträger, die den 
Posten bei M. Chimamoca Lebensmittel brachten, 
getötct hatte. 
Den Zeitramn vom 27. Mai bis zum Nachmittag 
der großen Offensive hatten die „Boches“ durch 
unmenschliche Scheußlichkeiten ausgefüllt. Die letzte 
Schandtat war eine Bombe gewesen, die sie auf ein 
Lastauto warsen, in dem Kranke nach Kionga trans- 
vortiert wurden, die noch mit dem Schrecken davon 
lamen, aber die Kranken rächten sich dadurch, daß 
sie einen Askari töteten. 
Die Feinde gingen sogar so weit, uns auf eine 
der Inseln des Rovuma einen Parlamentär zu 
schicken, der uns Nachrichten von unseren Gefangenen, 
dem Leutnant zur See Ramos Pinto und Infanterie- 
leutnant Calrita brachte und um Chinin für ihre 
Kranken bat. Um Munition Naten sie nicht, denn 
davon hätten sic noch große Mengen. 
Die Abteilung unter dem Generalstabshauptmann 
Liberato hatte ein schweres Geschütz großen Kalibers 
erbeutet, das von dem Kreuzer „Königsberg“, dem 
Schrecken des Pacifics, stammte, sowie 10 000 Pa- 
tronen, 100 Gewehre Modell 1912. Auch nahm 
sie die Eingeborenenposten von Cativus und Kionga. 
Durch diese Operationen wurde der von den 
Engländern und Belgiern gebildete Kreis geschlossen; 
als einziger Zufluchtsort blieb den Deutschen Mahenge, 
das jetzt schon dicht umzingelt ist und sich nur noch 
einige Kage, halten kann. 
W ist für jemand, der immer in der Hauptstadt 
gelebt hat und nur von den Heldentaten unserer 
tapferen Soldaten gehört hat, sehr schwer, sich ein 
richtiges Bild von den großen Strapagen zu machen, 
die diese dort aus zuhalten hatten. Die Zone zwischen 
Kionga und Palma birgt viele Gefahren. Dort gibt 
es die gefürchtete Tsetsefliege, die das Vieh übersällt 
und uns auf den Transporten viele S Schwierigkeiten 
macht; dann brachte uns das durch die vielen Mos- 
  
kitos verursachte Sumpffieber große Verluste unter 
den Maunschaften. Myriaden von giftigen Insekten 
und beißenden Reptilien richteten manchen von unseren 
Soldaten zu Grunde. Auch wilde Tiere belästigten 
uns viel. Nachts kamen sie bis an das Lager, um 
die Wachen zu überfallen. Bis jetzt baben sie sich 
allerdings noch nicht herangewagt, aber ihr Brüllen 
erfüllt unsere Soldaten mit Schrecken. Durch unsere 
Expedition ist die Situation beute so, daß wir sagen 
können, daß Deutsch-Ostafrika jetzt seinen letzten 
Atemzug tut, und daß den Untertanen des Kaisers 
nichts weiter übrig bleibt, als uns ihre Mauser- 
gewehre, Modell 1915, und ihre ausgezackten Säbel 
auszuliefern, mit denen sic so oft unsere Lastträger 
von Mozambique und Onelimane getötet haben. 
Zu einem Gefecht scheint es bei dieser Ge- 
legenheit nicht gekommen zu sein. Das hinderte 
aber den Berichterstatter nicht, den Flußübergang 
als große Heldentat zu preisen und hieran Be- 
trachtungen zu knüpfen, die um so erheiternder 
wirken, als etwa zwei Monate später die tapferen 
portugiesischen Soldaten sich samt ihrem offen- 
barten Heldengeist vor den zum Gegenangriff 
übergehenden Deutschen wieder auf das südliche 
Rowumanfer in Sicherheit bringen mußten. 
Zunächst war es den Portugiesen allerdings 
noch gelungen, nordwärts des Rowuma, ohne 
angeblich auf Widerstand zu stoßen, Boden zu 
gewinnen und Ende September die Verbindung 
mit den bei Mibindani gelandeten englischen 
Truppen herzustellen. Weiter westlich wollen sie 
eine deutsche Abteilung aus einer vorgeschobenen 
Stellung bei Newala geworfen und letzteren Platz, 
den sie als „Fort“ ansprechen, am 26. Oktober 
nach heftigem Kampf besetzt haben. Ein „Fort“ 
ist Newala nie gewesen; es kann sich lediglich 
um das von einer kleinen Besatzung zur Ver- 
teidigung eingerichtete Dorf gleichen Namens 
handeln. Eine Abteilung Kavallerie soll dann 
noch bis Lulindi nordwestlich Newala vorge- 
drungen sein. 
Zu weiterem Vorrücken der Portugiesen kam 
es nicht. Sie setzten sich in Newala und an den 
anderen von ihnen erreichten, östlich davon ge- 
legenen Punkten vorläufig fest und warteten an- 
scheinend darauf, daß ihnen ihre englisch-süd- 
afrikanischen Verbündeten durch weiteres Vorgehen 
ins Innere die zur Entfaltung ihres Heldengeistes 
benötigte Hilfe brächten. Dieser Fall trat aber leider 
nicht ein, und bereits einen Monat später wurden 
die Portugiesen von dem deutschen Gegenangriff 
wieder über den Rowuma zurückgeworfen. Die 
Kunde hiervon kommt uns durch die französische 
Zeitung „Temps“ unterm 7. Dezember aus Lissa- 
bon selbst. Dort teilte der Ministerpräsident der 
Kammer mit, daß über 2000 deutsche und 
schwarze Truppen „Fort Newala“ mit Geschützen 
verschiedenen Kalibers und zahlreichen Maschinen- 
gewehren angegriffen hätten. Einer Hilfskolonne
	        
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