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muten, war der, daß die Bajas angeblich Kupfer-
erze verhütteten. Auffällig mußte es wohl von
vornherein sein, daß trotzdem keine Belegstücke
dieser Erze, von denen die meisten der Reisenden
wohl nicht einmal das Aussehen, geschweige denn
die Art ihrer Lagerstätten kannten, nach Europa
kamen.
ch habe nirgends ein Stück anstehenden
Kupfererzes erblicken können, und gerade in den
angeführten Gegenden macht der eintönige Ge-
birgsbau des Granit-Gneishochlandes das Auf-
treten von abbauwürdigen Erzlagerstätten wenig
wahrscheinlich. Immerhin hatten jene Beobachter
recht, soweit sie berichteten, daß die Bajas Kupfer
in ihren Schmieden verarbeiten. Aber das Metall
ist nicht von den Eingeborenen aus Erzen ge-
wonnen worden, sondern sie haben einfach Kupfer-
draht, der europäischen Ursprungs ist und ein
recht beliebtes Tauschmittel darstellt, umgeschmolzen.
Nun wird weiter in den älteren Schriften hervor-
gehoben, daß gerade in den größeren Baja-An-
siedlungen die Leute mit schwerem Kupferschmuck
behangen seien. Aber auch bei den Bajas gibt
es Moden, und die Moden wechseln! Das
Kupfer hat dem Messing weichen müssen! Nur
noch in einigen versteckt und völlig abgeschlossen
liegenden Gebirgsdörfern sah ich den so gerühmten
Kupferschmuck ein vergessenes Dasein fristen. Und
doch verleitet auch heute noch der Schmuck des
Baja manchen Reisenden, seine prophetischen
Gaben zu versuchen. Mit welcher Vorsicht diese
wissenschaftliche Grundlagen entbehrenden Ankündi-
gungen und die aus ihnen häufig entstehenden
Gerüchte aufzunehmen sind, glaube ich genügend
klargelegt zu haben.
In, den Hauptorten des Baja-Landes, wie
Kunde, Babua, Carnot und Gaza, werden
auf den Märkten Stücke von grobkristallinem,
glänzendem Bleiglanz feilgeboten. Die Bajas
kennen aber weder Lagerstätten dieses Erzes, noch
gar seine Gewinnung. Das Erz wird in kleinen
Stücken von Haussah-Händlern ins Land gebracht
und soll nach ihren Erzählungen aus Nigeria
stammen. Dies ist um so wahrscheinlicher, als
die Verwendung des Bleiglanzes den Bajas ur-
sprünglich nicht bekannt war. Die Sitte, sich mit
fein zerstoßenem Erz die Augenlider schwarz zu
färben, stammt ebenfalls aus dem Norden und
wird von den handeltreibenden Mohammedanern
allmählich mit ihrem steigenden Einfluß weiter
nach Süden verpflanzt.
Gleichfalls als Färbemittel wird Graphit
verwendet. Er dient zum Schwarzfärben der
irdenen Töpfe, die in allen möglichen Größen
und Formen eine Hauptzierde der Baja-Haus-
haltung bilden. Scheinbar ist es den Bajas be-
kannt, daß die Töpfe durch das Behandeln mit
Graphit auch haltbarer werden. Graphit kommt
im Baja-Lande ziemlich häufig vor. Es ist das
einzige Mineral, das tatsächlich in einem primi-
tiven Abbau gewonnen wird, während bei der
Ausbeutung aller anderen Lagerstätten nur ein
oberflächliches Absuchen der Oberfläche stattfindet.
Der Graphit tritt meist als beigemengter Bestand-
teil in Gneisen auf. An Stellen, wo das Mineral
reichlicher vorhanden ist, wird die Verwitterungs-
schicht über der Lagerstätte in unregelmäßigen
Löchern von Ratten= bis zu Fuchsbaugröße durch-
wühlt. Aus dem geförderten, losen Haufwerk
werden die blättrigen Graphitschuppen heraus-
geklaubt, während minderwertiges Erz mit dem
Tauben auf der Halde liegen bleibt. Der ganze
Abbau wird einfach mit den Händen oder mit
zugespitzten Stöcken ausgeführt und scheinbar nur
von Weibern und Kindern betrieben. Außer
dieser Abbauweise wird Graphit auch genau so,
wie es vorher schon beim Magnetit erläutert wurde,
aus rezenten Seifen in zusammengeschwemmten
Sanden der Flüsse aufgesammelt.
Eine interessante Feststellung dürfte es weiter
sein, daß der Graphit regelrecht aufbereitet wird.
Auch die Aufbereitung liegt ganz in den Händen
der Weiber. Das Mineral wird geschlemmt, zer-
kleinert und zu walzenförmigen Stangen geformt.
Ich weiß nicht mehr, welches Bindemittel dem
Graphit zugefügt wird, doch glaube ich, daß es
ein organischer Stoff war. Die so fertig aufbe-
reiteten Graphitstangen stellen einen guten Tausch-
gegenstand dar. Soweit ich gehört habe, werden
sie sogar von Haussah-Händlern aus dem Baja-
Lande ausgeführt; es ist mir jedoch nicht möglich
gewesen, diese Nachricht nachzuprüfen. Und auch
wenn jene Nachricht irrig sein sollte, so wird der
Graphit doch im Lande selbst als Tauschgegen-
stand geachtet. Und wenn wir das beim Eisen
und Graphit Gesagte noch einmal kurz übersehen,
so kommen wir zu dem merkwürdigen und Achtung
einflößenden Ergebnis, daß bereits die Anfänge
und Keime zu den großen, europäischen Industrien,
die dem Boden seine Schätze abgewinnen, dem
einfachen Baja bekannt sind. Durch Prospektion
und Bergbau, Aufbereitung und Verhüttung
gewinnt der armselige Neger auf primitivste Art,
aber im Grunde in genau der gleichen Weise wie
der Europäer auf geschickteste Art dem heimatlichen
Boden dessen Reichtümer ab und stellt aus ihnen
seine nötigsten Gebrauchs= und Tauschgegen-
stände her.
Einen großen Einfluß, der fast dem des Eisens
gleichkommt, hat auf die Lebenshaltung des Bajas
der Bauxit. Der rote, zähe, lehmartige Laterit,
der im Sudan unter der Bezeichnung „pottapotta“
weithin bekannt und berüchtigt ist, entsteht wie
der Krusteneisenstein infolge der tropischen Ver-