Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIX. Jahrgang, 1918. (29)

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hergestellt werden, hat graubraune bis gelbe 
Farbe und gleicht im Außeren sehr enropäischem 
Töpferton. Ich nehme aber bisher an, daß 
es sich nur um etwas ungewöhnlich gefärbten 
Bauxit handelt. Sollten die von mir gesammelten 
Proben gerettet sein, so hoffe ich, es später ent- 
scheiden zu können, ob echter Ton oder Bauxit 
zum Herstellen der Töpfe verwendet wird. Zwar 
erwähnt Zenker (Mitteilungen aus den Deutschen 
Schutzgebieten, 8. Jahrg., S. 37) „eine reingelbe 
und grünblaue Färbung zeigende Töpfertone"“ 
und „blendend weiße Kaoliue von oft festem, 
trockenem Gesüge“, die im Jaunde-Land auftreten 
sollen. Ich hatte Gelegenheit, bei Jaunde diese 
sogenannten Kaoline zu untersuchen, und konnte 
zweifellos auf Grund chemischer Reaktionen fest- 
stellen, daß das Mineral Bauxit ist. Es darf 
daher wohl auch Zenkers Annahme, daß er in 
Jaunde echte Tone festgestellt habe, bisher noch 
als recht zweifelhaft gelten. Ich kann mich nicht 
erinnern, im Lande der Bajas Lagerstätten, aus 
denen das Töpfermaterial gewonnen wird, ge- 
sehen zu haben. 
Auch eine gewisse Heilwirkung des Bauxits ist 
den Eingeborenen bekannt. Mit dem angefeuch- 
teten Material zu feinem Stanb zerstampfter Ton- 
scherben werden Wunden desinfiziert. Ferner 
wird bei Knochenbrüchen der feuchte Bauxit ähn- 
lich wie bei uns Gips zum Einschienen verwendet. 
Der hierzu gebrauchte Bauxrit hat meist brännlich- 
gelbe Farbe und erinnert lebhaft an Lehm. 
Auch die in seinem Lande so häufigen Granit= 
und Gneisfelsen hat der Baja sich untertan 
gemacht. Ohne das Auftreten zahlreicher, glatter 
Felspartien wäre die Hauptarbeit der Weiber, 
die Mehlbereitung, unmöglich. Auf diese 
eigenartige Industrie will ich nur soweit eingehen, 
als sie an die Felsen gebunden ist. Nur um die 
ungeheure Wichtigkeit, die das Mehl und mit ihm 
die Felsen des Urgesteins für die Bevölkerung 
haben, in gebührender Weise hervorheben zu können, 
muß ich etwas ausführlicher berichten. 
Neben Fleisch aller Art, von der Raupe und 
Ratte bis zur Schlange und zum Elefanten, bildet 
die Wurzel der Kassada das Haupternährungs- 
mittel der Bevölkerung. Teils werden die Wurzeln 
als Knollenfrucht verzehrt, teils werden sie zu 
Mehl verarbeitet. So ersetzt die Kassada-Pflanze 
dem Baja das, was für uns Kartoffel und Brot 
bedeuten. Sie ist also das bei weitem wichtigste 
pflanzliche Ernährungsmittel. 
So sehr der Baja es sonst verstanden hat, 
sein Land in jeder Weise auszunutzen, so ist er 
bei seiner Neigung zur Jagd doch ein sehr schlechter 
Ackerbauer. Selten sieht man einmal etwas Mais 
oder Durrahkorn, noch seltener Erdnüsse oder gar 
einige verlassene Planten. Sachgemäß wird in 
  
der Hauptsache nur der Anbau der Kassada ge- 
pflegt. Oberflächlich wird der zur Farm aus- 
erkorene Acker von den Weibern gereinigt. Dann 
werden Stecklinge in den Boden gesteckt, aus 
denen bald die knollentragende Pflanze ohne 
weiteres Zutun des Menschen wächst. Sind die 
Wurzeln eßbar geworden, so werden sie aus dem 
Boden herausgeholt und sind zur Herstellung von 
Mehl verwertbar. 
Nachdem die Wurzeln längere Zeit in stinkigen 
Schlammgruben gewässert worden sind, werden sie 
an die Stelle getragen, die zur Mehlbereitung 
ausersehen ist. Mangel an geeigneten Plätzen 
ist meistens nicht vorhanden, da glatte, von jedem 
pflanzlichen Wuchs und von Verwitterungsdetritus 
freie Granit= und Gneisflächen in dem Hochlande 
überall zutage treten. Dort werden die Wurzeln 
in Stücke zerschlagen und an der Sonne zum 
Trocknen ausgebreitet. Sind sie getrocknet, so 
werden sie noch einmal zerkleinert und von neuem 
längere Zeit getrocknet. Ist das Material völlig 
getrocknet, so wird vermittels feiner Siebe das 
Mehl von den unzerriebenen Wurzelfasern ge- 
trennt. Jeder Windstoß nimmt etwas von dem 
feinen Staub mit, und die siebenden Weiber sind 
bald ebenso wie die Granitfelsen mit einer weiß- 
lichen Mehlschicht überzogen. Diese weißen Felsen 
sind für den Wanderer schon von weitem Zeichen 
dafür, daß er sich Ansiedlungen der Bajas nähert. 
So hat sich die Bevölkerung trefflich dem Ur- 
gestein angepaßt und auf sein Vorkommen seine 
ganze Mehlbereitung gegründet. Nur im Süden 
des Baja-Landes, wo die Bedeckung mit den 
jugendlichen Sandsteinen des Ssanga so mächtig 
wird, daß sie das Urgebirge völlig einschließt, 
fehlen dem Baja die Felsen, die zur Mehl- 
bereitung nötig sind. Strohmatten müssen in 
kümmerlicher Weise den Granit vertreten. Den 
Leuten fehlt das Gestein, an das sie gewöhnt 
sind. Sie klagen, daß das Mehl nicht so gut 
geraten könne) wie das auf Felsen zubereitete. 
Dort, wo der Baja auch heute seine Höhlen- 
wohnung noch nicht im Stiche gelassen hat, ist 
er noch mehr an dieses Urelement seiner Heimat 
gebunden: Es gibt ihm seine Wohnung und 
sein Brot. 
Kleinere, handliche Granitstücke werden als 
Handwerkzeug bei der Zerkleinerung benutzt. Zum 
Beispiel verwendet man diese primitiven Werk- 
zeuge bei der Herstellung von roter Farbe aus 
Baumrinde. In manchen Gegenden des Baja- 
Landes ist es Sitte, daß sich die Weiber die Beine 
bis zu den Hüften hinauf mit dieser selbst her- 
gestellten Farbe bestreichen. 
Ob sonst noch engere Beziehungen zwischen 
dem Baja und seinem Land und dessen Boden- 
schätzen bestehen, weiß ich nicht. Aber ich glaube,
	        
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