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hergestellt werden, hat graubraune bis gelbe
Farbe und gleicht im Außeren sehr enropäischem
Töpferton. Ich nehme aber bisher an, daß
es sich nur um etwas ungewöhnlich gefärbten
Bauxit handelt. Sollten die von mir gesammelten
Proben gerettet sein, so hoffe ich, es später ent-
scheiden zu können, ob echter Ton oder Bauxit
zum Herstellen der Töpfe verwendet wird. Zwar
erwähnt Zenker (Mitteilungen aus den Deutschen
Schutzgebieten, 8. Jahrg., S. 37) „eine reingelbe
und grünblaue Färbung zeigende Töpfertone"“
und „blendend weiße Kaoliue von oft festem,
trockenem Gesüge“, die im Jaunde-Land auftreten
sollen. Ich hatte Gelegenheit, bei Jaunde diese
sogenannten Kaoline zu untersuchen, und konnte
zweifellos auf Grund chemischer Reaktionen fest-
stellen, daß das Mineral Bauxit ist. Es darf
daher wohl auch Zenkers Annahme, daß er in
Jaunde echte Tone festgestellt habe, bisher noch
als recht zweifelhaft gelten. Ich kann mich nicht
erinnern, im Lande der Bajas Lagerstätten, aus
denen das Töpfermaterial gewonnen wird, ge-
sehen zu haben.
Auch eine gewisse Heilwirkung des Bauxits ist
den Eingeborenen bekannt. Mit dem angefeuch-
teten Material zu feinem Stanb zerstampfter Ton-
scherben werden Wunden desinfiziert. Ferner
wird bei Knochenbrüchen der feuchte Bauxit ähn-
lich wie bei uns Gips zum Einschienen verwendet.
Der hierzu gebrauchte Bauxrit hat meist brännlich-
gelbe Farbe und erinnert lebhaft an Lehm.
Auch die in seinem Lande so häufigen Granit=
und Gneisfelsen hat der Baja sich untertan
gemacht. Ohne das Auftreten zahlreicher, glatter
Felspartien wäre die Hauptarbeit der Weiber,
die Mehlbereitung, unmöglich. Auf diese
eigenartige Industrie will ich nur soweit eingehen,
als sie an die Felsen gebunden ist. Nur um die
ungeheure Wichtigkeit, die das Mehl und mit ihm
die Felsen des Urgesteins für die Bevölkerung
haben, in gebührender Weise hervorheben zu können,
muß ich etwas ausführlicher berichten.
Neben Fleisch aller Art, von der Raupe und
Ratte bis zur Schlange und zum Elefanten, bildet
die Wurzel der Kassada das Haupternährungs-
mittel der Bevölkerung. Teils werden die Wurzeln
als Knollenfrucht verzehrt, teils werden sie zu
Mehl verarbeitet. So ersetzt die Kassada-Pflanze
dem Baja das, was für uns Kartoffel und Brot
bedeuten. Sie ist also das bei weitem wichtigste
pflanzliche Ernährungsmittel.
So sehr der Baja es sonst verstanden hat,
sein Land in jeder Weise auszunutzen, so ist er
bei seiner Neigung zur Jagd doch ein sehr schlechter
Ackerbauer. Selten sieht man einmal etwas Mais
oder Durrahkorn, noch seltener Erdnüsse oder gar
einige verlassene Planten. Sachgemäß wird in
der Hauptsache nur der Anbau der Kassada ge-
pflegt. Oberflächlich wird der zur Farm aus-
erkorene Acker von den Weibern gereinigt. Dann
werden Stecklinge in den Boden gesteckt, aus
denen bald die knollentragende Pflanze ohne
weiteres Zutun des Menschen wächst. Sind die
Wurzeln eßbar geworden, so werden sie aus dem
Boden herausgeholt und sind zur Herstellung von
Mehl verwertbar.
Nachdem die Wurzeln längere Zeit in stinkigen
Schlammgruben gewässert worden sind, werden sie
an die Stelle getragen, die zur Mehlbereitung
ausersehen ist. Mangel an geeigneten Plätzen
ist meistens nicht vorhanden, da glatte, von jedem
pflanzlichen Wuchs und von Verwitterungsdetritus
freie Granit= und Gneisflächen in dem Hochlande
überall zutage treten. Dort werden die Wurzeln
in Stücke zerschlagen und an der Sonne zum
Trocknen ausgebreitet. Sind sie getrocknet, so
werden sie noch einmal zerkleinert und von neuem
längere Zeit getrocknet. Ist das Material völlig
getrocknet, so wird vermittels feiner Siebe das
Mehl von den unzerriebenen Wurzelfasern ge-
trennt. Jeder Windstoß nimmt etwas von dem
feinen Staub mit, und die siebenden Weiber sind
bald ebenso wie die Granitfelsen mit einer weiß-
lichen Mehlschicht überzogen. Diese weißen Felsen
sind für den Wanderer schon von weitem Zeichen
dafür, daß er sich Ansiedlungen der Bajas nähert.
So hat sich die Bevölkerung trefflich dem Ur-
gestein angepaßt und auf sein Vorkommen seine
ganze Mehlbereitung gegründet. Nur im Süden
des Baja-Landes, wo die Bedeckung mit den
jugendlichen Sandsteinen des Ssanga so mächtig
wird, daß sie das Urgebirge völlig einschließt,
fehlen dem Baja die Felsen, die zur Mehl-
bereitung nötig sind. Strohmatten müssen in
kümmerlicher Weise den Granit vertreten. Den
Leuten fehlt das Gestein, an das sie gewöhnt
sind. Sie klagen, daß das Mehl nicht so gut
geraten könne) wie das auf Felsen zubereitete.
Dort, wo der Baja auch heute seine Höhlen-
wohnung noch nicht im Stiche gelassen hat, ist
er noch mehr an dieses Urelement seiner Heimat
gebunden: Es gibt ihm seine Wohnung und
sein Brot.
Kleinere, handliche Granitstücke werden als
Handwerkzeug bei der Zerkleinerung benutzt. Zum
Beispiel verwendet man diese primitiven Werk-
zeuge bei der Herstellung von roter Farbe aus
Baumrinde. In manchen Gegenden des Baja-
Landes ist es Sitte, daß sich die Weiber die Beine
bis zu den Hüften hinauf mit dieser selbst her-
gestellten Farbe bestreichen.
Ob sonst noch engere Beziehungen zwischen
dem Baja und seinem Land und dessen Boden-
schätzen bestehen, weiß ich nicht. Aber ich glaube,