Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXX. Jahrgang, 1919. (30)

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des Lagers zum Meere hinaufführten, waren ur- 
sprünglich überall mit demselben Gestrüpp über- 
wachsen wie die Farmen; die Wasserläufe waren 
an zahlreichen Stellen durch angeschwemmte 
Stämme und Zweige versperrt und bildeten weite 
Sümpfe. So mußte auch hier monatelang hart 
gearbeitet werden, ehe die beiden Bäche unge- 
hindert dahinflossen, ehe die Userböschung und die 
gegenüberliegenden Hänge gereinigt und mit 
Mais oder Kassada bepflanzt waren, und 
ehe abgesteiste, mit Treppenstufen versehene 
Wege sicher zum Wasser hinunterführten. Schon 
gegen Ende des Jahres 1916 zogen sich 
die Soldatenfarmen in Westen unmittelbar bis 
an die Stadt hin, im Osten, zusammen mit denen 
der 10. Kompagnie, an 100 ha in den Urwald 
hinein; ein Jahr später waren alle 4 Kompagnien 
des Lagers bis zur 12. hin durch eine ununter- 
brochene Fläche bebauten Ackerlandes verbunden. 
Die 10. und 12. Kompagnie hatte ihre Sol- 
datendörfer von vornherein erheblich geräumiger 
angelegt als die anderen, da ihnen fast un- 
beschränkter Raum zur Verfügung stand. Beide 
hatten an Stelle der bei den anderen Lagern üb- 
lichen zusammenhängenden Baracken getrennt 
stehende Einzelhäuser gebaut, die regelmäßige 
Straßenzüge bildeten. Die Europäerwohnungen 
paßten sich dem Gelände an. 
Die Lagerplätze der beiden Kompagnien 
waren ehedem mit einem Urwald bestanden, 
dessen undurchdringliches Gewirr von stehenden 
und liegenden Baumstämmen, von Busch, Ge- 
trüpp und Schlinggewächsen jeder Art, dessen 
sumpfiger, mit dicken Felsblöcken bedeckter Boden 
ede urbarmachung fast aussichtslos erscheinen 
ieß; ein einziger steiler, meist ungangbarer 
Pfad führte zum Platze der 10. Kompagnie hin- 
auf, die 12. Kompagnie lag anfangs eine Viertel- 
stunde vom Wege ab. Auch mit dieser Wildnis 
wurden die Deutschen in einigen Monaten fertig. 
An dem äußeren Bild der drei Lager wurde 
nach Ablösung des stellvertretenden Kommandos 
durch spanische Offiziere und nach dem Weggang 
der meisten Deutschen mancherlei geändert. Trotz= 
alledem war und blieb das ganze Werk eine 
rein deutsche Schöpfung: Ein einziger deutscher 
Unteroffizier war bei jeder Kompagnie belassen 
worden, ein deutscher Offizier bei jedem Lager. 
Jenem lag besonders in den ersten Monaten 
nach der Neuordnung der wesentlichste Teil des 
Dienstes bei der Kompagnie ob, vor allem auch 
die Beaufsichtigung und Leitung der Arbeiten, 
die er als einziger tropenerfahrener Europäer 
allein sachverständig beurteilen konnte; und der 
Offizier war vollauf beschäftigt, neben der eigent- 
lichen Verpflegungsbeschaffung und Verteilung, 
den Ausbau der Lagerfarmen, die Aussaat, das 
  
  
Pflanzen und Ernten zu überwachen. Wenn der 
treuen Pflichterfüllung dieser letzten Deutschen 
auf Fernando Po dankbar gedacht wird, dann 
mag dabei nicht vergessen werden, daß sie bei 
aller ihrer angreifenden Tätigkeit die Muße ge- 
funden haben, in ihren dienstfreien Stunden die 
eingeborenen Soldaten noch deutsch zu lehren. 
In Kamerun hatten die Deutschen 25 Jahre 
lang keine Zeit dazu gehabt, und das ist das 
einzigste Vergehen, daß die Gegner Deutschlands 
seinen Kolonisten in Kamerun in berechtigter 
Weise vorgeworfen haben. 
Deutsch war das Werk auf Fernando Po 
von Anfang an aber nicht nur deshalb, weil 
Deutsche es entworfen und seine Ausführung 
überwacht haben, sondern vor allem darum, weil 
langjährige deutsche Eingeborenenerziehung die 
Farbigen dazu befähigt hatte, die Entwürfe ihrer 
Lehrmeister auszuführen, und so auszuführen, 
daß sie überall bis ins kleinste die Spuren 
deutschen Geistes aufwiesen. 
Auch im ersten Jahre, als noch zwei oder 
drei Deutsche bei der Kompagnie waren, arbeiteten 
die Farbigen ziemlich selbständig. Wenn gleich- 
zeitig der Urwald oder Busch abgeholzt, an an- 
derer Stelle der freigeschlagene Platz gereinigt 
und eingeebnet werden mußte, Europäerhäuser und 
Soldatenhütten aufgeführt, die Baustoffe dazu 
herbeigeschafft und zubereitet, Sümpfe trocken- 
gelegt, Wege, Brücken und Dämme gebaut, 
Brunnen und Aborte, Gärten und Farmen an- 
gelegt werden mußten, so konnte sich die Arbeit 
von zwei, höchstens drei Europäern nur auf An- 
ordnungen und Beaufsichtigung im Großen und 
gelegentliches Eingreifen beschränken, zumal sie 
nebenbei noch für Verpflegung von über 1000 
Menschen, für Schlichtung ihrer Rechtsstreitigkeiten, 
für die Erledigung aller sonstigen Verwaltungs- 
angelegenheiten und schließlich nicht zum mindesten 
für Aufrechterhaltung soldatischer Zucht und Ord- 
nung zu sorgen hatten. 
Daß bei alledem Anlagen zustande kamen, 
die bis ins Einzelne zweckmäßig und zugleich ge- 
fällig ausgeführt waren, das war ganz wesentlich 
die Frucht der deutschen Erziehungstätigkeit an 
ihren Eingeborenen in Kamerun. Für einen 
großen Teil der Soldaten war der Dienst auf 
den Kameruner Stationen neben der militärischen 
Fortbildung zugleich die Schule zur Arbeit ge- 
wesen; und diese Seite ihrer Ausbildung hatte 
— wie die allgemeine Erziehung der deutschen 
Eingeborenen überhaupt — als erstes zZiel ge- 
habt, sie innerhalb ihrer Eigenart zu heben, in 
ihrem heimischen Dorf= und Farmbau deutsche 
Ordnung, Regelmäßigkeit und Reinlichkeit hin- 
einzubringen, und ferner, ihre natürlichen Fer- 
tigkeiten und die Hilfsmittel ihres Landes in den 
 
	        
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