Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXX. Jahrgang, 1919. (30)

W 46 20 
Dienst der Verwaltung zu stellen, um mit ihnen 
allein, ohne Verwendung europäischer Baustoffe 
und Maschinen, Europäerhäuser und Buschsta- 
tionen mit den näötigen Verkehrsverbindungen 
und sonstigen Anstalten zu bauen und ein- 
zurichten. 
Die Soldatenlager auf Fernando Po legten 
aber auch dafür Zeugnis ab, daß die deutschen 
Eingeborenen in europäischen Handwerken be- 
wandert waren. 
Türen, Fenster, Treppen, Fußbodenbelag, 
Schränke, Börte, Tische und Bänke, ja zwei 
deutsche Kegelbahnen waren das Werk ein- 
geborener Tischler unter den Soldaten, denen 
geschulle Holzschneider gefertigte Bretter lieferten. 
Bei allen anderen Lagern waren Korbflechter, 
die geschmackvolle und haltbare Sessel, Tische 
und Börte herstellten und damit alle Europäer= 
häuser versorgten. Soldaten des Graslandes 
waren in ihren heimischen Holzschnitzereien weiter 
vervollkommnet und ausgebildet und fertigten 
schwere Tische, Schemel, Hocker und Stühle an, 
die den Erzeugnissen des europäischen Kunst- 
gewerbes ebenbürtig zur Seite standen. In Ze- 
ment gefaßte Brunnen und Badeeinrichtungen 
für Europäer zeigten, daß auch Maurer unter 
den Soldaten vorhanden waren. Am meisten 
nutzbbringend von allen Handwerkern wirkten die 
Schneider. Von ihnen gab es bei jeder Kom- 
pagnie genügend, um das Arbeitszeug der Sol- 
daten in Ordnung zu halten, für einzelne auf 
eigene Rechnung Bekleidungsstücke herzustellen, 
auch für Europäer ganze Anzüge zu nähen. 
Die Kosten der von den Kompagnien an- 
geschafften ziemlich teuren Nähmaschinen kamen 
durch solche außeramtliche Arbeiten meist bald 
wieder ein. Auch Schuster gab es in jedem 
Lager mehrere, die zugleich als Sattler und 
Riemer tätig waren. 
Neben den von einzelnen Leuten ausgeübten 
Handwerken verdient eine ganzen Volksstämmen 
eigene Fertigkeit genannt zu werden: das Kanu- 
bauen. Die von einigen am Wasser liegenden 
Kompagnien gebauten Kanus waren sämtlich hin- 
reichend scetüchtig, um von dem eine gute halbe 
Stunde entfernten Hafen Santa Isabel Lasten zu 
holen. Einzelne von ihnen faßten gut 12 Tonnen 
Ladung. Sie erregten die besondere Bewunde- 
rung der vom Fischfang lebenden Bevölkerung 
von Fernando Po, die recht ansehnliche Preise 
dafür boten. 
Bei all den harten Arbeiten wußten die 
farbigen Soldaten, daß ihre deutschen Herren 
ihnen an Pflichterfüllung nicht nachständen, daß 
sie Freud und Leid mit ihnen teilten und daß 
sie es an nichts fehlen ließen, um das Wohl- 
VLasten zur Verfügung standen. 
  
ergehen ihrer Schützlinge zu fördern. — Zwar 
hatte alles Sorgen und Mühen nicht verhindern 
können, daß besonders in den ersten Wochen 
zahlreiche Soldaten, Weiber und Kinder den 
Entbehrungen und den ungesunden Wohnungs- 
verhältnissen erlagen und daß auf den Lager- 
friedhöfen ein Kreuz an das andere sich reihte: 
aber auch darin teilten ihre deutschen Herren ihr 
Schicksal, auch von ihnen fand mancher seine 
letzte Ruhe auf Fernando Po. 
Im Laufe der nächsten Monate wurden die 
Deutschen all dieser widrigen Verhältnisse Herr. 
Neben ihrer fürsorglichen Tätigkeit zur Be- 
schaffung gesunder Wohnstätten und Lagerplätze 
war dies den mustergültigen Anlagen und Ein- 
richtungen zu verdanken, welche zur Ernährung 
der Truppe, zur Krankenpflege und zur Seuchen- 
bekämpfung geschaffen worden waren. 
Die farbige Truppe mit Anhang brauchte zu 
ihrer Ernährung im ersten Jahre, in dem sie 
noch keine nennenswerten Farmerträge ernten 
konnte, monatlich 125 Tonnen Reis oder Mais, 
45 Tonnen Fisch, 25 Tonnen Fett und 15 
Tonnen Salz; dazu kommen 25 000 Bund Ta- 
bak und 1500 Kilogramm Seife. Die Beschaf- 
fung dieser Verpflegung war ausschließlich Sache 
des stellvertretenden Kommandos in Santa Isabel; 
zur Truppe eingezogene Kaufleute standen ihm 
dabei zur Seite. In den ersten Monaten war 
das Zusammenbringen der allernotwendigsten 
Nahrung außerordentlich schwer, da die von 
Spanien kommenden Dampfer unregelmäßig 
fuhren und anfangs wenig brachten. Von allen 
Seiten, von der Insel, vom afrikanischen Fest- 
land und von den benachbarten und entfernter 
liegenden Inseln mußten alle irgendwie aufzu- 
treibenden Mengen zu jedem Preise angekauft 
und mit den kleinen Küstendampfern angebracht 
werden. Erst ganz allmählich mit dem nach und 
nach einsetzenden Dampferverkehr kamen von 
Europa leidlich regelmäßige Verpflegungsliefe- 
rungen an. Mit Sicherheit konnte bis zuletzt 
aber nie auf die monatliche Ankunft von Ver- 
pflegung gerechnet werden. Infolgedessen war 
das stellvertretende Kommando um die Schaffung 
von Dauervorräten bemüht, und brachte schließ- 
lich ein Lager zusammen, das nötigenfalls für 
mehrere Monate die Verpflegung der Truppe 
sicherstellte. Zur Stapelung, Verwaltung und 
Ausgabe der Vorräte wurde bei der Stadt ein 
Proviantamt eingerichtet unter einem kaufmännisch 
ansgebildeten deutschen Truppenangehörigen, dem 
täglich Hunderte von Soldaten zum Tragen der 
Das Straßen- 
bild von Santa Isabel war in den ersten Jahren 
kaum denkbar ohne einige Hundert farbiger Sol- 
daten, die, meist zu viert, auf starken Stangen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.