8 1. Der Traditionsrezeß. 5
sitzer, als der Böhmischen Stände, und hat dieselbe auch gefunden. ½)
Der Traditionsakt erfolgte dann zu Görlitz am 24. April 1636,
worüber wieder eine besondere Urkunde, der Traditionsabschied
aufgenommen wurde. 2:) — Der Traditionsrezeß bildet für die Uenntnis
der staatsrechtlichen Stellung der Oberlausitz die wichtigste Grundlage,
er ist das Staatsgrundgesetz derselben, und ist auch noch für die heu-
tigen Rechtsverhältnisse derselben von einer gewissen, wenn auch mehr
mittelbaren Bedeutung. Es ist daher wohl am Dlatze, daß wir uns
zunächst die Bestimmungen desselben etwas näher ansehen. Wir werden
hierbei die Tiederlausitz, auf welche sich der Rezeß in gleicher Weise
bezieht, unberücksichtigt lassen, da sie für unsere Aufgabe nicht in Be-
tracht kommt.
&§ 1. Der Traditionsrezeß.
Gunächst bestimmt der Rezeß, daß die Oberlausitz erblich, eigen-
thümlich und unwiderruflich an das Kurhaus Sachsen abgetreten
werde. Dagegen behält sich der König von Böhmen die ÖOberlehns-
herrlichkeit über dieselbe vor. Es handelt sich also um eine wirkliche
Abtretung und zwar in Form des Lehens. Don einer Derbindung
der Oberlausitz mit der Krone Böhmen im Sinne der Inkorporations=
urkunde Karls IV. kann demzufolge keine Rede mehr sein. Freilich
stehen im Rezeß die Worte, daß das Markgrafentum SOberlausitz
von der Krone Böhmen nicht abgesondert werden, sondern derselben
als ein hohes und vornehmes Stück verbleiben soll; aber wenn man
1) Dergl. hierüber von Römer, Staatsrecht und Statistik des Churfürsten-
thums Sachsen und der dabep besindlichen Lande. Dieses, für die Uenntnis der
älteren Rechtsverhältnisse der Gberlausitz höchst wichtige Buch, besteht aus drei
Bänden: 1 Bd. 1787, 2. 1288, 3. 1I792.
2) Der Traditionsabschied findet sich bei [wiesand], Bepträge zur gründ-
lichen Beurtheilung der besonderen Staatsrechtlichen Verhältnisse der Oberlausitz,
Camenz 1832 S. 267 flg.
1