8 2. Staatsrechtliche Stellung der Oberlausitz von 1635 — 1834. 7
J. ihr Verhältnis zu den übrigen Kursächsischen
Ländern.
Was den ersten Punkt betrifft, so läßt sich manches hierauf Be—
zügliche mit LCeichtigkeit aus den Bestimmungen des Traditionsrezesses
deduzieren. Die Oberlausitz soll nach dem RZezeß Lehen der Krone
Böhmen und dieser als ein hohes und vornehmes Stück zugethan
bleiben. Wenn nun auch dieser letztere Ausdruck keineswegs besagen
will, daß die Oberlausitz eine Orovinz, ein Teil von Böhmen bleiben
soll, so verbietet er doch jedenfalls dem Kurfürsten von Sachsen, die
Oberlausitz seinen übrigen Landen zu inkorporieren. Dies letztere würde
sich aber auch schon von selbst aus der Lehensnatur derselben ergeben.
Ein TLand, das einer fremden Oberlehnsherrlichkeit unterworfen ist, darf
nicht Teil eines Staates sein, welcher nicht demselben TLehnsherrn
untersteht. Es muß, so lange es Lehen ist, als ein Ganzes für sich
bestehen; sonst ist das Lehensverhältnis selbst zur Illusion gemacht.
Also auch ohne die ausdrückliche Zestimmung des Zezesses würde sich
aus der Unnvereinbarkeit einer solchen Derbindung mit dem TLehens-
verhältnis für die Kurfürsten von Sachsen die Derpflichtung ergeben,
die Oberlausitz als ein gesonderkes Land zu betrachten. Thatsächlich
haben auch die Kurfürsten dieses Letztere stets gethan, und erst im
Laufe dieses Jahrhunderts hat eine Derbindung mit den übrigen
Sächsischen Landen stattgefunden. Es würde uns also nach heutigen
staatsrechtlichen Begriffen nichts übrig bleiben, als das Derhältnis der
Oberlausitz zu den übrigen Kursächsischen Landen als eine Hersonal-=
union zu bezeichnen. Sine solche liegt dann vor, wenn zwei Länder
durch Gemeinsamkeit des Derrschers verbunden sind, und diese Ge-
meinsamkeit nicht auf einem gemeinsamen Rechtsgrunde beruht, im
juristischen Sinne also als eine zufällige bezeichnet werden muß. 1)
1) Siehe Jellinek, Die Lehre von den Staatenverbindungen Wien 1882.