10 I. Teil. Historische Einleitung.
II. Derfassung der Oberlausitz.
Betrachten wir nunmehr die Derfassung der Oberlausitz, so werfen
wir zunächst einen Blick auf die wichtigsten Organe der Staatsgewalt
in derselben, den Landesherrn und die Stände, um dann zu den
staatlichen Funktionen und deren Ausübung, wie sich solche für dieses
Land gestalten, überzugehen.
I., Landesherr und Stände.
Der Kurfürst von Sachsen besitzt in der Oberlausitz als Markgraf
die volle rechtliche Stellung eines Landesherrn. Es fallen hierbei für
ihn die Beschränkungen weg, welche sich die sonstigen deutschen Fürsten
mit Rücksicht auf das Reich gefallen lassen müssen, weil die Ober-
lausitz kein Lehen des Reiches ist. ) Doch erscheint er beschränkt
1. durch die Oberlehnsherrlichkeit Zöhmens, welche aber von gar keiner
unmittelbar praktischen Zedeutung ist, 2. durch die Bestimmungen
des Traditionsrezesses, namentlich diejenigen zum Schutze der katholischen
Geistlichkeit; durch das vorbehaltene jus protectionis und die admini-
stratio in Spiritualibus wird das jus circa sacra des Kurfürsten
über die katholische Kirche ganz aufgehoben, soweit solche Rechte
während der Dauer der Derpfändung von der Krone Böhmen that-
sächlich ausgeübt worden sind. 5. Durch die sehr weitgehenden ver-
fassungsmäßigen Rechte der Landstände.
Die Landstände des Markgrafentums Oberlausitz,!) welche, wie in
allen alten Derfassungen nicht Dertreter des Dolkes, sondern nur
gewisser Stände des Dolkes sind, bestehen aus zwei. Klassen: den
Ständen des Landes und den Dertretern der Städte. zede Klasse hat
eine Stimme, ein Zechtssatz, der streitig war und 1544 durch König
1) Dgl. v. Römer a. a. G.
2) Für diese sämmtlichen Verfassungsverhältnisse vgl. man besonders v. Rö-
mer a. a. G.