34 II. Teil. Heutige staatsrechtliche Stellung der Oberlausitz.
Ständeversammlung die der Provinzialstände tritt, und daß sie sich
ferner lokal beschränken, indem sie nur für den Bereich der Oberlausitz
gelten. Man könnte sie als Sächsische Provinzialgesetze bezeichnen. Ein
Analogon für diese Erscheinung findet sich in der Reichsgesetzgebung für
Elsaß-Lothringen), welche häufig auch als „Landesgesetzgebung“ bezeichnet
wird. Diese sogenannten Landesgesetze sind Reichsgesetze, welche sich
lokal beschränken, Orovinzialgesetze des Reichs. In der Form bestand
insofern ein Unterschied von unseren Drovinzialstatuten, als bei jenen bis
zum Jahre 1877 keine provinzialen Elemente zur Mitwirkung an der
Gesetzgebung herangezogen wurden. Aber trotzdem dieses Tetztere jetzt
der Fall ist, so könnte man nach Laband doch nicht von einer
Autonomie Elsaß-Lothringens reden.:)
III. Behördenorganisation und J# nanzen.
So wichtig die Rechte der Oberlausitz auf dem Gebiete der Gesetz-
gebung sind, so unbedeutend sind dieselben in Zezug auf die Organi-
sation von Justiz und Derwaltung. Während früher in der Hauptsache
nur die höchste Staatsbehörde, das gebeime Konsil, später das Gesammt-
ministerium, über den Oberlausitzer Behörden stand, bestimmt jetzt § 7
Abs. I unserer Urkunde, daß die Centralbehörden des Hönigreichs
beiden Landestheilen gemeinsam sein sollen. Daher treten jetzt auch die
Einzelministerien in ein vorgesetztes Derhältnis zu den Oberlausitzer
Behörden. Ebenso tritt das Kultusministerium zu den kirchlichen Be-
hörden der Oberlausitz in das durch § 57 der Derfassungs-Urkunde an-
gedeutete Derhältnis. Mur bleibt die dort festgestellte Oberaufsicht über
die katholische Kirche zufolge §0 Abs. 4 unserer Urkunde noch beschränkt:
„Unter den daselbst (d. h. in § 57 der Derfassungs-Urkunde) erwähnten
gesetzlichen Bestimmungen, nach welchen der Uönig die Staatsgewalt
1) Siehe Laband, Staatsrecht des Deutschen Reiches. Freiburg 1886, 1. Bd.
S 7ssff.
2) Vgl. a. a. O. Bd. 1, S. 766.