168 Nach dem Kriege
stelle in Straßburg nach der Schweiz, wo ihr erfolgreichster Vertreter
ein französischer Generalstabsoffizier beim Konsulat in Basel ist. Mit
großen Geldmitteln ausgestattet, wird diese Stelle immer mehr zur
Einfallspforte gegen Süddeutschland, nachdem die Leistungen von Mün-
chen infolge mehrfacher Kompromittierungen des Gesandten Dard nach-
gelassen haben. Ebenso ist in neuerer Zeit eine erhöhte Tätigkeit in
Holland und Kopenhagen zu beobachten.
Der russische Nachrichtendienst betätigt sich, seinen Zielen der letzten
Kriegsjahre getreu, vorwiegend mit politischer Propaganda. Bericht-
erstatter und Propagandisten findet er mühelos überall dort, wo er auf
die Hülfe der kommunistischen Arbeiterpartei und anderer der dritten
Internationalc angeschlossenen Organisationen rechnen kann.
Die Sopjetregierung hat aber auch seit 1919 einen militärischen und
wirtschaftlichen Nachrichtendienst gegen Deutschland wieder aufgenommen.
Ein ausgezeichnetes Personal findet sie in den Angehörigen der rus-
sischen Intelligenz, die, durch den Umsturz in Rußland mittellos ge-
worden, aus Nahrungssorgen gezwungen sind, sich diesem Dienst zu
widmen.
Von allen Seiten durch einen neugegliederten Nachrichtendienst um-
lagert, hat Deutschland eine Spionage und eine Beeinflussung der öffent-
lichen Meinung zu ertragen, wie dieses vor und im Kriege nicht an-
nähernd der Fall war. Frankreich kann, nachdem es sich in dem Frieden
von Versailles und durch seine nachfolgende Politik in Deutschland ins
Unrecht gesetzt hat, das Rennen weniger denn je aufgeben.
Die Verhältnisse in Deutschland kommen seinem Streben entgegen.
Französische Staatsangehörige wohnen in Pensionen und Hotels und
kommen ungehindert mit weiten Kreisen der Bevölkerung in Berührung.
Ausländer aller Nationen können, ohne aufzufallen, in Deutschland
reisen und für den Nachrichtendienst arbeiten. Die Wirtschaftsspionage,
die auch von England, Amerika und Japan betrieben wird, kann sich
schrankenlos entfalten. Sie wird um so erfolgreicher betrieben, als
keine deutschen Gesetze vorhanden sind, um sie zu verhindern. Es fehlt
ebenso an einer zentralen Stelle, welche die bedrohten Wirtschaftsbe-
triebe und Geschäftshäuser warnt und belehrt.
Aber auch aus dem deutschen Volk wachsen dem feindlichen Nach-
richtendienst Kräfte entgegen. Die zunehmende Arbeitslosigkeit und Not