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für ein Unrecht. Er kaufte sie an, errichtete auf ihnen Kammergüter
und verwandelte sie in tragbares Land.
b Mit gleicher Liebe sorgte er auch für Verbesserung des Obst-
aues.
Sein Bruder Moritz hatte in dem jetzigen Friedrichstadt-Dresden
ein Gut, Klein-Ostra, angekauft. Vater August erwarb noch das
zweite Gut, das damals Groß-Ostra hieß, und gründete auf diese
Weise das jetzige große Kammergut Ostra. Dieses Gut sollte eine
Musterwirthschaft für das ganze Land werden und diese Absicht
erreichte auch Vater August. Sehr bald entstand hier die größte
Baumschule des Landes. Da sah man den Kurfürsten mit Spaten,
Messer, Säge und Hacke in der Baumschule wie einen gewöhnlichen
Gärtner arbeiten, und daß das Werk seiner Hände und sein Fleiß
gesegnet wurde, beweist der Umstand, daß er in dem einen Jahre
nicht weniger als 60 000 junge Obststämmchen zum Verkaufe — nach
unserm Gelde das Stück zu 25 bis 30 Pfennige — ausbicten konnte.
Um den Anbau der Obstbäume aller Orts zu fördern, vertheilte
der Kurfürst Obstkerne und erließ an seine Beamten in der Meißner
Gegend den Befehl, in den Dörfern Kirschkerne einzusammeln und sie
ihm zuzuschicken. Wer eine Metze gute Obstkerne einsandte, erhielt
dafür eine gleiche Menge Getreide. Außerdem verordnete er, daß jedes
junge Ehepaar, welches Grund und Boden besaß, kurz nach seiner
Trauung einige Obstbäume anpflanzen mußte.
Durchreiste Vater August sein Land, und dies that er sehr oft,
so führte er ein Säckchen guter Obstkerne bei sich, säete sie unterwegs
und ließ sie später verpflanzen. Um den Boden sogleich auflockern zu
können, hatte er seinen Reisestock in Form einer Hacke einrichten lassen.
Durch ihn wurde auch eine ganz neue Obstsorte in Sachsen heimisch;
es war dies das sogenannte Franzobst’), welches er aus fremden
Ländern bezog und auf seinem Ostravorwerke sorgfältig pflegte.
Außer seinem Beispiele wirkte Vater August auch noch durch
ein anderes Mittel für Verbreitung der Obstzucht, sowie überhaupt
des Gartenbaues. Er schrieb nämlich zur Belehrung für jedermann
eine Anweisung zum Obst= und Gartenbau, welches Büchlein so stark
gekauft und gelesen wurde, daß es drei Auflagen erlebte.
Sehr bald zeigten sich die segensreichen Folgen dieser Thätigkeit.
Die Gegend zwischen Dresden und Meißen, namentlich die Umgegend
Meißens, die Lommatzscher, die Oschatzer und die Leipziger Gegend
wurde allmählich zu einem großen Obstgarten vorbereitet und schon
damals gewann man reiche Vorräthe veredelten Obstes.
*) Franz, abgekürzt von französisch, kommt in sehr vielen Verbindungen
vor; z. B. Franzbranntwein, Franzbrodchen 2c. Franzobst nennt man das
auf niedrig gezogenen Bäumen wachsende Obst, und stehen dergleichen Bäume
meistentheils auf den Rabatten der Gemüse= und anderer Gärten.