Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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verfolgte einander wie die ärgsten Feinde, und gegen das Jahr 1600 
wollte es fast den Anschein gewinnen, als sollten die Bekenner der 
reformirten Kirche die Oberhand erlangen. 
Schmerzlich ist es zu beklagen, daß bei diesem hartnäckigen Streite 
um die reine Lehre und um das reine Bekenntniß das wahrhaft 
christliche Leben, das das ganze Wesen des Menschen durchdringt, 
bei so vielen Christen damals vergeblich gesucht wurde. Mit Ent- 
setzen würde es uns jetzt erfüllen, wenn wir Ohrenzeugen sein sollten 
von den Gotteslästerungen, die man oft öffentlich aussprach. Aus 
demselben Munde, der vielleicht Sonntags Gott lobte und ihm dankte, 
daß er nicht dieser oder jener Kirche angehörte, ging in der Woche 
Fluchen und Schwören, so daß die Obrigkeit mit weltlichen Strafen 
gegen solche Gotteslästerer einschreiten mußte. 
Eben so roh war das Verhalten der Leute des Nachts auf den 
Straßen, die damals in den Städten noch nicht, wie jetzt, erleuchtet 
waren. Doa schrie und tobte man wie das unvernünftige Vieh. Um 
auch diesem Unwesen Einhalt zu thun, gebot man, daß abends die 
Leute nicht ohne Laternen ausgehen sollten. 
Eine Hauptursache dieser Rohheiten war die Unwissenheit; dieser 
aber mit einem Male abzuhelfen, war eine Sache der Unmöglichkeit. 
Vater August sorgte nach Kräften, daß es auch in diesem Stücke 
nach und nach besser würde. Hatte Moritz besonders für die 
Gelehrtenschulen gesorgt, so richtete Vater August sein Augenmerk 
hauptsächlich auf die Volksschulen. In Städten wurden dergleichen 
für Knaben und Mädchen errichtet und auf dem Lande sollten 
wenigstens die Knaben Unterricht empfangen. 
Unwissenheit erzeugt aber nicht blos Rohheit, mit ihr geht auch 
der Aberglaube Hand in Hand, und dieser herrschte damals noch 
bei Reich und Arm, bei Hohen und Niedrigen. Da ließen sich die 
Leute von umherziehenden Zigeunern wahrsagen und betrügen, und 
kein Gesetz war im Stande, den „bösen Künsten“ dieser Betrüger zu 
steuern, so daß man sich gezwungen sah, die härtesten Maßregeln in 
Anwendung zu bringen. Man lieferte die aufgegriffenen Zigenner 
nach Dresden ab und hier wurden diejenigen, welche es mit ihren 
„bösen Künsten“ am ärgsten getrieben hatten, von der Brücke in die 
Elbe geworfen. Außer den Zigeunern zogen noch andere Landstreicher 
und Quacksalber von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt und hingen 
den Leuten schädliche Salben, Pulver, Latwergen und Gifte als heil- 
same Medicin auf. 
Ebenso gelang es damals auch anderen Betrügern, die sich sogar 
den Namen Propheten anmaßten, das unwissende Volk zu täuschen. 
So erschien z. B. im Jahre 1589, als Dr. Crell mit Einführung 
des reformirten Glaubens in Sachsen sein Unwesen trieb, ein höchst 
merkwürdiger Sonderling in Dresden. Er nannte sich Elias und
	        
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