Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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durchaus nicht räthlich ist, sie, wie es leider bei den armen Gebirgs— 
bewohnern geschieht, als einziges Nahrungsmittel zu benutzen, allein 
als Zukost in ihrer mannigfachen Bereitung wird sie für einen 
großen Theil der Menschheit ein Segen sein und bleiben. Allerdings 
sind die Fleisch-, Eier- und Mehlspeisen, die sich seit der Verbreitung 
der Kartoffel vermindert haben, weit nahrhafter. 
Um die Zeit von 1700 ging eine Beschäftigung der Landleute, 
welche bis dahin geblüht hatte, bedeutend zurück. Unser Sachsen er— 
freute sich bis zu August des Starken Zeit durch seine berühmten 
Bierbrauereien eines großen Rufes. Je mehr Bier gebraut wurde, 
desto größer war natürlich auch die Nachfrage nach Hopfen. Diesen 
führte man aber damals nicht, wie meistentheils jetzt, aus Böhmen 
und Bayern ein, sondern unser Vaterland erbaute ihn selbst. Das 
damals so kräftige einfache Bier erhielt aber einen sehr gefähr— 
lichen Feind, und dies war der Branntwein. Versammelten 
sich früher die Bürger einer Stadt im Rathskeller, so unterhielten sie 
sich bei einem Glase Bier über die Tagesneuigkeiten und über ihre 
Beschäftigungen; feierte man auf dem Lande Hochzeits-, Tauf= oder 
Kirmesfeste — da war es wiederum Bier, was den Gästen als Labe- 
trunk gereicht wurde. 
Zu dem stattlichen Bierglase gesellte sich aber nach und nach das 
weit kleinere Branntweingläschen, dessen Inhalt sich leider allmählich 
so viel Freunde zu erwerben wußte, daß man von dem früher so 
beliebten Biergenusse gar nichts mehr wissen mochte. Auch die Land- 
leute, die das Hergebrachte sonst nicht so leicht aufgeben, „gingen 
nicht mehr zu Biere, sondern zu Branntwein.“ Freilich bedachte man 
nicht, daß der Gesundheit durch diesen Wechsel ein sehr schlechter 
Dienst geleistet wurde. 
In den Brauereien gingen immer geringere Bestellungen ein; 
die Nachfrage nach Hopfen ging ebenfalls zurück, der Land- 
mann, namentlich in den niederen Gegenden, verlor die Lust zum 
weiteren Anbau desselben und benutzte den Boden meistentheils für 
das „neue Knollengewächs“. Seit jener Zeit hat der Hopfenbau in 
Sachsen nie wieder die frühere Blüte erreicht. 
Die Bewohner des oberen Erzgebirges, welchen Garten und 
Feld nur wenig bieten kann, wurden um das Jahr 1710 mit einem 
neuen Broterwerbe beglückt. Bis ungefähr zu dem genannten Jahre 
hatten sich die Schlosser jener Gegenden nur nebenbei mit dem 
Schmieden eiserner Löffel beschäftigt, weil diese Arbeit einen geringen 
Verdienst abwarf. Ein Schlosser in Sachsenfeld, dessen Name der 
Nachwelt unbekannt geblieben ist, kam auf den glücklichen Einfall, die 
Löffel aus Schwarzblech zu fertigen und die Vertiefung einzuhämmern, 
ohne erst die Löffel glühend zu machen. Der Versuch gelang so nach 
Wunsch, daß ein Arbeiter bei diesem neuen Verfahren täglich noch
	        
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