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zuerst auseinander, daß er Schwierigkeiten habe, Botschafter
zu finden. „Die Grandseigneurs in Preußen eignen sich
nicht dazu, und ich ziehe vor, einen Nichtpreußen zu nehmen.
In Petersburg ist Reuß unentbehrlich, Münster macht sich
in London gut, Schweinitz kann von Wien nicht weggenommen
werden, paßt auch nicht für Paris. Wien wäre für Sie zu
unbedeutend, außerdem ist es kein reiner Reichsposten. So
wenig ein Krieg mit Oesterreich ein europäischer Kon-
flikt ist, so wenig ist der diplomatische Posten ein euro-
päischer. In Paris ist das anders. Krieg und Frieden
mit Frankreich sind von européischer Bedeutung. Zu-
dem würden Sie gegenüber dem König von Bayern in Wien
in eine weniger günstige Stellung kommen, während Sie in
Paris Bayern mitvertreten.“
Ueber den Grafen Harry Arnim erzählte Bismarck in ziem-
lich bitterer Weise alles, was ihm auf dem Herzen lag. Arnim
habe bereits für Konstantinopel angenommen; um den Reichs-
tag nicht zu indisponieren, wolle er seine Ernennung zum Bot-
schafter daselbst?) erst am Schlusse der Session vornehmen.
„Wir wollen den Frieden erhalten, aber wenn die Franzosen
so fortrüsten, daß sie in fünf Jahren fertig und entschlossen
sind, dann loszuschlagen, dann fangen wir den Krieg in drei
Jahren an. Das habe ich ihnen offen sagen lassen. Daß
Arnim Thiers gestürzt, oder ihn nicht gehalten hat, während
er es tun sollte, mache ich ihm zum großen Vorwurf. Frank-
reich wird durch Konsolidierung allianzfähiger, und Thiers
war dies weniger, also war sein Berbleiben für uns nützlich.“
*) Die Abberufung von Paris erfolgte am 24. Februar
1874, an demselben Tage teilte Bismarck Arnim die beab-
sichtigte Ernenmung zum Botschafter in Konstantinopel mit.