Full text: Königlich-Baierisches Regierungsblatt. 1809. (4)

55 
(Die Rechtsmittel in Krhninal Sachen bettef- 
fend.) 
Wir Maximilian Joseph, 
von Gottes Gnaden König von Baiern. 
Da die Anordnung einer zweiten Instanz 
in Kriminal-Sachen bei Unserm Appellati= 
ons Gerichte gesezlichen Bestimmungen über 
die Rechtsmittel gegen Kriminal-Erkenntnis- 
se, sowohl für diejenigen Gebietstheile Un- 
sers Reiches, wo bisher keine devalutiven 
Rechtsmittel gestattet waren, als auch für 
diesenigen norhwendig geworden sind, we 
durch Veränderung der dreifachen Instanzen= 
Ordnung in eine zweifache, die bieber dar- 
über besiandenen Geseze ihre Anwendbarkeit 
größtentheils verloren haben; so finden Wir 
Uns bewogen, bis zur Herstellung einer all- 
gemeinen vollständigen Gesezgebung über den 
Kriminal-Prozeß folgendes provisorisch zu 
verordnen. 6 
I. Allgemeine Bestimmungen. 
F. 1. Die devolutiven und suspensiven 
Rechtsmittel gegen ein Straferkenutniß sind 
von doppelter Art: 
Das Rechtsmittel der Revision, 
und das Rechtsmittel der Mppellation. 
Jene erfodert die Einwendung des Rechts- 
mittels von Seite der Angeschuldigten nicht; 
sondern die verhandelten Akren werden samt 
dem Urtbeilsspruche durch das in erster In- 
stanz erkennende Appellations = Gericht von 
Amtswegen eingesendet, selbst wenn der An- 
geschuldigte ausdrücklich und freiwillig auf 
die zweite Instanz Verzicht leisten sollte. 
56 
Die Appellation hingegen findet nur statt 
auf Verlangen des Verurtheilten, und nach- 
dem dieselbe in gesezlich bestimmter Zeit ein- 
sewendet worden ist. 
§. 2 Jedem von Unseren Gerichtshöfen in 
Serafsachen gesprochenen Erkennrnisse sollen 
die Enescheidungs-Gründe beigefüge werden. 
Diese sollen nicht in das Urtbeil selbst ein- 
geflochten, sondern abgesondert dargestelle 
seyn. 
Sie sollen in bündiger Vollsiändigkeie die 
Geschichte des der Beurtheilung vorliegenden 
Falles, und ausserdem alle die Entscheidung 
bestimmenden sormellen und materiellen Grün- 
de genau entwickeln. 
II. Wann die Revision oder Appella- 
tion statt sindet. 
& 3. Die Revision finder nue in fol- 
genden Fällen statt: 
1) wenn die erste Instanz auf Todes- 
strafe oder 
2) auf zwanzigjäbrigen Werlustder 
Freiheit oder darüber erkannt hat; 
3) wenn der Angeschuldigte ohne Bekennt- 
niß und ohne vollkommenen nicht künstlichen 
Beweis auf das blosse Zusammentreffen der 
Umstände (aus Indizien) zu einer mehr 
als sechs monatlichen Freiheits-Strafe 
verurtheilt worden ist. 
I. 4 In andern, als den im vorbergehen- 
dem G. angegebenen Fällen kommt nur die 
Appellation in Anwendung. 
G. . Doch ist auch die Appellation in fol- 
genden Fällen nicht zulsßig: 
1) Wenn auf bloßen Verweis, oder
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.