Full text: Großherzoglich Sachsen Weimar-Eisenachisches Regierungs-Blatt aufs Jahr 1821. (5)

in Betreff der öffentlichen kandtags- 
sitzungen zur Berathung, und veranlaßte 
eine sehr lebhafte Discussion. 
Der erste Grund, welcher für die Oeffent- 
lichkeit der Kandtags-Verhandlungen vorge- 
bracht wurde, war, daß das Volk dieselbe 
wünsche. 
Diesem Grund begegnete man dadurch, 
daß man sagte, es sey dieser Wunsch nicht 
allgemein und komme es dabei weniger auf 
den Wunsch selbst, als auf die Motiven des 
Wunsches an. 
Gegen die Oeffentlichkeit aber (obschon 
man nicht verkannte, daß die Oeffentlichkeit 
in vielen Beziehungen wunschencwerth sey) 
stellte man folgende Grüunde auf: 
1) manches Gute, was in der zeitherigen 
Verhandlungsform gediehen ist und beim 
Bestehen derselben auch fernerhin gewiß 
gedeiht, wird bei der Oeffentlichkeit 
unterdrückt werden; 
2) bei den öffentlichen Sihungen, erhält 
das Rednertalent ein unstatthaftes Ueber- 
gewicht im Gange der Verhandlungen 
und deren Entscheidung; 
3) sind bei der Oeffentlichkeit die Abgeord- 
neten zu vielen außern Einflüssen und 
Wirkungen der Verhältnisse ausgesetzt; 
4) nur wenige Staatediener sind so unab- 
hängig, daß sie den nachtheiligen Ein- 
fluß nicht scheuen sollten, welchen ihre 
Offenheit und Freimüthigkeit, ihnen fru- 
her oder später, zuziehen könnte; 
5) die jetzigen Landtagöabgeordneten, ha- 
ben ihre Verpflichtungen unter der 
Bedingung übernommen, daß die Ver- 
handlungsweise der Landtagögeschäfte die 
alte herkômmliche sev. 
Indem man zudab, daß Landtags-MDerhand- 
lungen den Charakter der Oeffentlichkeit haben 
mußten, kam man, um ibnen diesen Charak- 
ter zu sichern, dahin uberein, daß die Land- 
tags-Verhandlungen wenigstens so bald als 
maglich druckschriftlich verbreitet werden muß- 
ten. Es kamen hierauf noch andere Grun- 
de für die Oeffentlichkeit der Sitzungen zur 
Sprache, als: 
1) die Oeffentlichkeit sey der einzige Weg, 
wie das Publikum sich vollständig über- 
zeugen könne, ob es sich in der Wahl 
seiner Abgeordneten geirrt habe, oder 
nicht; 
2) das Publikum verlange keine bünstli- 
chen Reden, sondern eine einfache, der 
Wahrheit treue Sprache; 
3) über den Erfolg der öffentlichen Ver- 
handlungen zu sprechen, seny noch zu fruh, 
und nicht übereinstimmend mit den 
Grundsäßtzen, die man bei andern Neue- 
rungen befolge. 
Dagegen wurde bemerkt, daß 2 und 3 
nur Gegengründe wären auf die vorher aus- 
gesprochenen Gründe gegen die Oeffentlichkeit; 
was aber den ersten Punkt anlange, so sey 
nicht zu glauben, daß nach der zuerst ausge- 
sprochenen Ansicht das Publikum, bei der 
Oeffentlichkeit der Sitzungen ihre Abgeordne- 
ten gründlich zu beurtheilen, Gelegenheit ha- 
ben werde. 
Ein ausführliches Votum über den Werth 
und die Bedeukung der offentlichen Sitzungen, 
so wie über die Gefahren und Nachtheile 
derselben, welches zu Protokoll gegeben wur- 
de, (s. Beilage B.) befestigte die schon im 
Landtage verbreitete Ueberzeugung noch mehr, 
daß es besser sey, die Landtags-Verhand- 
lungen in einer gewählten Form baldigst 
drucken zu lassen, und das Publikum durch 
den Druck einer Landtags-Ordnung im all- 
gemeinen von der Verhandlungoweise des 
Landta gé in Kenntniß zu seben. 
Bei der Abstimmung über die Frage: Ob 
die Heffentlichkeit der Landtags- 
Sibungen wünschenswerth sey? er-
	        
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