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Staatslebens sind dadurch gelockert, die bürgerliche Gesellschaft ist tief erschüt-
tert, Preußen und mit ihm ganz Deutschland stehen auf der Schwelle des
Bürgerkrieges.
Preußen! Die zu Frankfurt versammelten Vertreter des deutschen Volks
baben in so verhängnißvollem Augenblicke das auögleichende Wort des
Friedens gesprochen. Die Reichsversammlung hat verlangt, daß Preußens
König sich mit Männern umgebe, welche das Vertrauen des Landes genießen.
Sie hat die Euch gewährten und verheißenen Rechte und Freiheiten feierlich
verbürgt; sie hat Euch gegen jeden Versuch einer Beeinträchtigung derselben
ihren Schutz zugesagt. Sie hat aber zugleich den auf die Einstellung der
Steuererhebung gerichteten Beschluß der Preußischen Volkévertreter für nich-
tig erklärt.
Preußen! Die Reichsversammlung zu Frankfurt vertritt die Gesammtheit
der deutschen Nation, ihr Ausspruch ist oberstes Gesetz für Alle!
Deutsche! In voller Uebereinstimmung mit der Reichsversammlung werde
ich handeln. Ich werde die Vollziehung jenes Beschlusses nicht dulden, wel-
cher durch Einstellung der Steuererhebung in Preußen die Wohlfahrt von ganz
Deutschland gefährdet. Ich werde aber auch die Bürgschaft der Rechte und
Freiheiten des Preußischen Volkes zur Geltung bringen; sie sollen ihm unver-
kümmert bleiben, wie allen unseren deutschen Brüdern.
Ich rechne auf Euch, Preußen; Ihr werdet mir beistehen; Ihr werdet
jede Ungesetzlichkeit, jede Gewaltthat meiden und Euch der Freiheit werth zei-
gen. Haltet den Frieden, ich werde ihn wahren.
Deutsche! Auf Cuch alle rechne ich. Steht Ihr zu mir, wie ich zu Euch
stebe! Das längst ersehnte Ziel, nach dem wir streben, ist ndher gerückt, bald
wird das Verfassungswerk für Deutschland vollendet und unser schönes Vater-
land wird in Einheit und Freiheit groß und mächtig seyn!
Frankfurt a. M. am 21. November 1848.
Der Reich Ssverweser:
Erzherzog Sohann.
Die Reichs-Minister:
Schmerling. Pencker. Duckwitz. Beckeratb. R. Mohl.
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