Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1900. (77)

127 
erziehung untergebrachten Zöglingen die Anwendung der gleichen Zuchtmittel zu, welche den 
Eltern (§. 1631 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) oder den Schulbehörden (Verfügung des 
Ministeriums des Kirchen= und Schulwesens vom 25. März 1895, betreffend die Hand- 
habung der Schulzucht in den Volksschulen, Konsistorialamtsblatt S. 4829, Konsistorial= 
erlaß vom 6. September 1892, Konsistorialamtsblatt S. 4467) zukommen (zu vergl. auch 
§. 127a der Gewerbeordnung, Reichsgesetz vom 26. Juli 1897, Reichs-Gesetzblatt S. 663). 
B. Familienerziehung. 
8. 13. 
Dem verstärkten Ausschuß der Landarmenbehörde wird die sorgfältige Auswahl von 
Familien, in denen Zöglinge untergebracht werden sollen, zur besonderen Pflicht gemacht. 
Als geeignet ist eine Familie nur dann anzusehen, wenn sie hinreichende Sicherheit dafür 
bietet, daß sie bei einfacher Haltung des Zöglings für die körperliche Verpflegung ge- 
nügend sorgen, eine günstige erziehliche Einwirkung fortgesetzt ausüben und jeden nach- 
theiligen Giufluß, insbesondere von Seiten der bisherigen Erzieher, ausschließen werde. 
Die Familie muß sich demgemäß eines guten Leumunds erfreuen, ein den eigenen Unter- 
halt sicherndes Anskommen, eine geordnete Haushaltung, sowie eine gesunde und genügend 
geräumige Wohnung haben und sich bereit erklären, den Zögling als Familienglied auf- 
zunehmen. 
Bei der Auswahl einer Familie soll hienach in erster Linie die Rücksicht auf die 
Tüchtigkeit und Zuverlässigkeit der Familie maßgebend sein. 
Familien, welche Armenunterstützung beziehen oder sich in schlechten Vermögens- 
verhältnissen befinden, Schlafleute halten, gewerbsmäßig Kinder aufnehmen oder welche 
sonst besorgen lassen, daß sie die Aufnahme des Zöglings zu eigennützigen Zwecken miß- 
brauchen werden, sollen für die Regel nicht berücksichtigt werden. 
Zur Ausfindigmachung geeigneter Familien wird es sich empfehlen, mit Kinder- 
rettungsvereinen und ähnlichen Vereinen zum Schutze hilfsbedürftiger Kinder in Ver- 
bindung zu treten. 
Auf alle Fälle hat der Vorsitzende der Landarmenbehörde über eine in Betracht 
kommende Familie ein Zeugniß des Gemeindewaisenraths ihres Wohnorts einzuholen, 
welches sich über die in dem beigefügten Formular aufgeführten Punkte auszusprechen 
hat, und auch dem Pfarramt, sowie der Schulbehörde zur Aeußerung mitzutheilen ist.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.