Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1872. (6)

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Kann dem Schiffsmann in Folge eines Unfalls oder aus anderen Grün- 
den zeitweilig ein Unterkommen auf dem Schiffe nicht gewährt werden, so ist 
ihm ein anderweitiges angemessenes Unterkommen zu verschaffen. 
§. 45. 
Die dem Schiffsmann für den Tag mindestens zu verabreichenden Speisen 
und Getränke (§. 43), die Größe und die Einrichtung des Logisraumes (§. 44) 
und die mindestens mitzunehmenden Heilmittel bestimmen sich im Zweifel nach 
dem örtlichen Rechte des Heimathshafens.   
Der Erlaß näherer Bestimmungen steht den Landesregierungen im Ver- 
ordnungswege zu. §. 46. 
Der Schiffer ist berechtigt, bei ungewöhnlich langer Dauer der Reise, oder 
wegen eingetretener Unfälle, eine Kürzung der Rationen oder eine Aenderung 
hinsichtlich der Wahl der Speisen und Getränke eintreten zu lassen. 
Er hat im Schiffsjournal zu bemerken, wann, aus welchem Grunde und 
in welcher Weise eine Kürzung oder Aenderung eingetreten ist. 
Wenn dies versäumt ist, oder wenn die vom Schiffer getroffenen Anord- 
nungen sich als ungerechtfertigt oder durch sein Verschulden herbeigeführt er- 
weisen, so gebührt dem Schiffsmann eine den erlittenen Entbehrungen entspre- 
chende Vergütung. Ueber diesen Anspruch entscheidet unter Vorbehalt des 
Rechtsweges das Seemannsamt, vor welchem abgemustert wird. 
§. 47. 
Wenn ein Schiffsoffizier oder nicht weniger als drei Schiffsleute bei einem 
Seemannsamte Beschwerde darüber erheben, daß das Schiff, für welches sie an- 
gemustert sind, nicht seetüchtig ist, oder daß die Vorräthe, welche das Schiff für 
den Bedarf der Mannschaft an Speisen und Getränken mit sich führt, ungenü- 
end oder verdorben sind, so hat das Seemannsamt eine Untersuchung des 
Schiffs beziehungsweise der Vorräthe zu veranlassen, und deren Ergebniß in das 
Schiffsjournal einzutragen. Auch hat dasselbe, falls die Beschwerde sich als be- 
gründet erweist, für die geeignete Abhülfe Sorge zu tragen. 
§. 48 
Falls der Schiffsmann nach Antritt des Dienstes erkrankt oder verwundet 
wird, so trägt der Rheder die Kosten der Verpflegung und Heilung: 
1) wenn der Schiffsmann wegen der Krankheit oder Verwundung die Reise 
nicht antritt, bis zum Ablauf von drei Monaten seit der Erkrankung 
oder Verwundung;  
2) wenn er die Reise antritt und mit dem Schiffe nach einem deutschen 
Hafen zurückkehrt, bis zum Ablauf von drei Monaten seit der Rückkehr 
des Schiffs; · 
3) wenn er die Reise antritt und mit dem Schiffe zurückkehrt, die Rückreise 
des Schiffs jedoch nicht in einem deutschen Hafen endet, bis zum Ablauf 
von sechs Mongten seit der Rückkehr des Schiffs; 
Reichs-Gesetzbl.  1872. 60
	        
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