Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1876. (10)

§. 195. 
Sind Ehefrauen oder unter väterlicher Gewalt stehende Kinder beleidigt 
worden, so haben sowohl die Beleidigten, als deren Ehemänner und Väter das 
Recht, auf Bestrafung anzutragen. 
§. 196. 
Wenn die Beleidigung gegen eine Behörde, einen Beamten, einen Reli- 
gionsdiener oder ein Mitglied der bewaffneten Macht, während sie in der Aus- 
übung ihres Berufes begriffen sind, oder in Beziehung auf ihren Beruf be- 
hangen ist, so haben außer den unmittelbar Betheiligten auch deren amtliche 
Vorgesetzte das Recht, den Strafantrag zu stellen. 
§. 197. 
Eines Antrages bedarf es nicht, wenn die Beleidigung gegen eine gesetz- 
gebende Versammlung des Reichs oder eines Bundesstaats, oder gegen eine 
andere politische Körperschaft begangen worden ist. Dieselbe darf jedoch nur 
mit Ermächtigung der beleidigten Körperschaft verfolgt werden. 
§. 198. 
Ist bei wechselseitigen Beleidigungen von einem Theile auf Bestrafun 
angetragen worden, so ist der andere Theil bei Verlust seines Rechts verpflichtet, 
den Antrag auf Bestrafung spätestens vor Schluß der Verhandlung in erster 
Instanz zu stellen, hierzu aber auch dann berechtigt, wenn zu jenem Zeitpunkte 
die dreimonatliche Frist bereits abgelaufen ist. 
§. 199. 
Wenn eine Beleidigung auf der Stelle erwidert wird, so kann der Richter 
beide Beleidiger oder einen derselben für straffrei erklären. 
§. 200. 
Wird wegen einer öffentlich oder durch Verbreitung von Schriften, Dar- 
stellungen oder Abbildungen begangenen Beleldigung auf Strafe erkannt, so ist 
zugleich dem Beleidigten die Befugniß zuzusprechen, die Verurtheilung auf Kosten 
des Schuldigen öffentlich bekannt zu machen. Die Art der Bekanntmachung, 
sowie die Frist zu derselben ist in dem Urtheile zu bestimmen. 
Erfolgte die Beleidigung in einer Zeitung oder Zeitschrift, so ist der ver- 
fügende Theil des Urtheils auf Antrag des Beleidigten durch die öffentlichen 
Blätter bekannt zu machen, und zwar wenn möglich durch dieselbe Zeitung 
oder Zeitschrift und in demselben Theile und mit derselben Schrift, wie der Ab- 
druck der Beleidigung geschehen. . 
Dem Beleidigten ist auf Kosten des Schuldigen eine Ausfertigung des 
Urtheils zu ertheilen.
	        
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